Wir sind hier doch beim Wunschkonzert! Dies dürften sich derzeit die Mitglieder der hektisch aus "Experten" wie Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa, Schauspieler Wladimir Maschkow oder Kosaken-Ataman Nikolai Doluda zusammengezimmerten Arbeitsgruppe für die Reform der russischen Verfassung denken. Beim Umschreiben derselben sind die Beteiligten auf den Geschmack gekommen, aus dem angekündigten vorsichtigen Eingriff wird eine umfassende Revision.

Russlands Staatschef Wladimir Putin.
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Jeder noch so schräge Vorschlag stößt dieser Tage auf begeisterte Zustimmung. Ein Gewerkschafter in der Gruppe schlägt die Formulierung "Der Staat achtet die Arbeit der Bürger" vor – Putin gibt grünes Licht. Ein Vertreter der Handelskammer will die Würdigung von Unternehmern. "Völlig einverstanden", antwortet Putin. In der neuen Verfassung ist für jeden etwas dabei: soziale Deklarationen (ohne konkrete Zusagen) für die Armen, der Schutz der Ehe "zwischen Mann und Frau" für die Konservativen, das Festschreiben des Siegerstatus von Russland im Zweiten Weltkrieg und das Verbot, Territorium abzutreten (erobert werden darf offensichtlich), für die nationalistisch Gesinnten.

Und ganz nebenbei geht natürlich auch der von Putin initiierte Umbau der Gewaltenteilung durch. Konkret ist zwar bis heute nicht klar, wie das Machtgefüge aussehen soll. Für Putin umso besser. So hält er sich alle Optionen offen, in welcher Konstruktion er an der Macht bleibt. (André Ballin, 27.2.2020)