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Stark gemästet, schlecht geschützt: Die Rindfleischproduktion zeigt ihre Schattenseiten.

Foto: dpa / Mohssen Assanimoghaddam

Wien – Bei ihrem Wiener Schnitzel machen die Österreicher nur wenig Kompromisse. Schön weiß muss das Kalbfleisch sein. Und beim Wirt natürlich möglichst günstig. Der Weg des Rindes in die Panier entzieht sich dem Blick der Konsumenten. Was nicht verwundert, denn er ist intransparent und lang.

Österreich versorgt sich mit Kalbfleisch nur noch zur Hälfte selbst. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Kälbermast nämlich unrentabel. Höhere Futterkosten und Tierschutzstandards als in anderen Ländern ließen sie zu einer Nische werden, die sich nur wenige Spezialisten leisten. Der Haken dabei: Im Zuge der starken Milchwirtschaft werden hierzulande jährlich 670.000 Kälber geboren. Die männlichen gelten als Abfallprodukt der Branche. Schwer im Inland zu verwerten, werden bis zu 40.000 jährlich nach Italien, Spanien oder in die Niederlande exportiert. Dort muss kein Heu gefüttert werden, das ihr Fleisch rosa färbt. Es genügt mit Palmöl angereicherter Milchersatz.

Gemästet im Ausland

Kälber leben dort auf Vollspaltenböden in Boxen, leiden Mangel an Eisen und Bewegung. Bei der Schlachtung sind sie bis zu doppelt so schwer wie tierverträglich gemästete Artgenossen. Ihr Fleisch kehrt tonnenweise zurück nach Österreich und deckt zwei Drittel des Bedarfs des Großhandels, der öffentlichen Verpflegung und Gastronomie.

Dem Rindfleisch sieht man es nicht an, wie das Tier vor der Schlachtung gehalten wurde.
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Das Exportverbot von Kälbern treffe die Falschen, warnt Adolf Marksteiner, Experte in der Landwirtschaftskammer. Könnten Tiroler Bergbauern ihre Jungtiere nicht verkaufen, seien diese auch nichts mehr wert. "Wäre jedes Gulasch, Schnitzel und Kebab aus österreichischem Fleisch, hätten wir hier all diese Debatten nicht mehr."

"Nicht Symptome bekämpfen"

In der Nationalratssitzung brachte die SPÖ Tiertransporte auf die politische Agenda. Mitte März ruft Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen zum Gipfeltreffen gegen Tierleid.

Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens, fordert systemische Veränderungen. Nur Symptome zu bekämpfen genüge nicht. Dürfe ein Kalb erst im Alter von acht statt vier Wochen transportiert werden, sei das gut, mache aber letztlich keinen großen Unterschied. Die Verantwortung der Gesellschaft sieht er nur bedingt gegeben, da in vielen Bereichen jegliche Transparenz fehle. "Wissen wir nicht, woher das Essen kommt, können wir auch nicht von der vielzitierten Macht der Konsumenten sprechen."

Herkunftskennzeichnung für Verarbeitetes

Bohrn Mena pocht darauf, Fördergelder neu zu strukturieren. "Warum trägt etwa nicht der Staat die hohen Kosten der Biozertifizierung?" Wie könne es sein, dass Bundesheer, Kindergärten, Spitäler und Altersheime von der öffentlichen Beschaffung immer noch mit Fleisch aus den Niederlanden versorgt würden? Statt Feindbilder in der Landwirtschaft aufzubauen, brauche es quer durch alle Branchen eine Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte – auch in der Gastronomie. Diese bleibt bisher von den geplanten strengeren Vorgaben der Regierung ausgespart.

Die Bedeutung von Herkunft und Produktion der Lebensmittel steigt.
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So sind Wiener Schnitzel auch ein Sinnbild für andere Sünden im Tierschutz: Das Ei für die Panier kommt nicht selten aus ukrainischer Käfighaltung. Zwar fehlt es nicht an Skandalen rund ums Ei. Erst jüngst schlug ein Flüssigeiproduzent aus Niederösterreich mit verdorbener Ware hart in der Branche auf. Eine Abkehr von Billigimporten aufgrund der aktuellen Turbulenzen ist dennoch unrealistisch: Auch Krisen wegen Eiern, die mit Fipronil und Dioxin belastet waren, rüttelten Industrie, Großküchen und Konsumenten nicht wach.

Regulierung kostet Geld

Betrug lasse sich nie verhindern, Skandale wie diese seien auch in Zukunft trotz hoher Standards schwer auszuschließen, sagt Franz Sinabell, Landwirtschaftsexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts. Flüssigei sei ein gutes Geschäft, das auch stark kontrolliert werde. "Solange es funktioniert, sind alle glücklich."

Entgegen den Forderungen vieler österreichischer Eierbauern erachtet der Ökonom zusätzliche Regulierungen als wenig sinnvoll. Letztlich verteuerten diese jedes Ei noch einmal um drei bis vier Cent.

Grüne Fassade

Österreichs Landwirte halten den Bioanbau hoch und pflegen im EU-Vergleich strenge Kriterien für Qualität und Tierwohl. Dennoch bröckelt es hinter der grünen Fassade. Ob beim Einsatz von Pestiziden oder der Haltung von Rindern: Ausnahmeregelungen durchlöchern das Bild der Idylle, das die Branche suggeriert. Aktuell fallen sie den Österreichern in ihrer Biomilchwirtschaft, bei der die EU die Spielregeln für Weidehaltung genauer definiert, auf den Kopf.

Alles andere als Vorreiter sind die Österreicher bei der Schweinemast. Die Kriterien für Tierwohl sind hier auf EU-Minimum-Niveau, sagt Eva Rosenberg. Die Direktorin der Tierschutzorganisation Vier Pfoten bezeichnet den Umgang der Landwirtschaft mit Schweinen, die für Konsumenten unsichtbar in geschlossenen Systemen leben, als beschämend. "Österreich hat eine große Fleischtradition und daher auch Verantwortung, sich mit der Nutztierhaltung intensiver auseinanderzusetzen."

Wo liegen die größten Problembereiche?

IMPORTE

Messer schlitzen die Eier über Blechen auf. Schlitze trennen sie in Dotter und Eiweiß. Täglich werden in Biberbach 1,5 Millionen Eier maschinell aufgeschlagen. Sie fließen in riesige Container und handliche Fünf-Liter-Verpackungen, werden zu Stangen gefroren oder als Spiegeleier in Folien verschweißt. Die Abnehmer der pasteurisierten Eierware sind namhafte österreichische Lebensmittelhersteller, Großbäcker und Gastronomiebetriebe. Produziert wird sie von Pro Ovo. Dass der Betrieb 80 Prozent der Eier aus dem Ausland bezieht, zu einem guten Anteil aus Käfighaltung, ließ die Industrie lange kalt. Nun ist sie in Schockstarre, Lebensmittelbehörden sind alarmiert.

Pro Ovo soll verdorbene und schimmelnde Eier, aus denen Maden krochen, industriell verflüssigt haben. Die Justiz ermittelt gegen den niederländischen Konzern wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs. Das Unternehmen selbst weist die Vorwürfe durch seinen Rechtsanwalt als unrichtig zurück.

Gegründet wurde das Werk 1988, um Eierüberschüsse nach Ostern aufzufangen. Preiserhöhungen ließen es bald in die Insolvenz rutschen. Ende der 90er-Jahre stieg die niederländische Interovo ein und machte es mithilfe günstiger Importe rentabel. In der Branche machte Pro Ovo zuletzt als starker Gegner der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für Eier in verarbeiteten Lebensmitteln auf sich aufmerksam.

Eierbauern sind sauer und sehen ein Versagen der Lebensmittelaufsicht. In ihren Reihen wird der Ruf nach der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) laut: Dieser gehöre die Möglichkeit eingeräumt, als oberste Kontrollstelle den Ländern bei der Aufsicht strenger auf die Finger zu schauen.

Hohe Eigenversorgung

Dabei klingen Österreichs Geschäfte mit Eiern auf den ersten Blick nach einer Erfolgsgeschichte, die über mehr Tierwohl und höhere Transparenz in der Produktion erzählt. Gemeinsam mit der Schweiz verbot Österreich 2004 die klassische Käfighaltung für Legehennen. Seit heuer sind auch die letzten ausgestalteten, etwas größeren Käfige Geschichte. Der Lebensmittelhandel sortierte entsprechende Eier konsequent aus. Konsumenten akzeptierten anstandslos die um einige Cent höheren Preise, wodurch auch Landwirte von der Umstellung profitierten. Mittlerweile versorgen sich die Österreicher zu 90 Prozent mit frischen Schaleneiern selbst. Mehr als jedes fünfte Ei ist biologisch. Nur Frischmilch hat einen ähnlich hohen Bioanteil.

Eier ohne Mascherl

Der wunde Punkt des Marktes: Jedes zweite konsumierte Ei entspringt nach wie vor Importen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses ein Käfigei ist, beträgt 50 Prozent. Die Hälfte der Hühner in der EU hat trotz des Verbots von Legebatterien keinen Auslauf. Drittländer wie die Ukraine regeln die Haltungsform überhaupt nicht, was deren Eier naturgemäß um ein Drittel billiger macht als heimische. Das nutzt der Lebensmittelindustrie, Großküchen und Wirten, die Ei flüssig, als Pulver oder tiefgefroren verarbeiten und verkochen. Ob Frittaten, Schnitzelpanier, Nudeln, Sachertorten oder Kaiserschmarrn – Eier tragen in kulinarischen Schmankerln des Landes selten rot-weiß-rote Mascherln.

Eine strengere Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Nahrungsmittel soll hier bald Abhilfe schaffen. Voraussetzung dafür ist, dass das Ei die Hauptzutat ist. Lücken dafür gibt es weiterhin reichlich. Die Regierung will zwar große Gemeinschaftsverpfleger stärker in die Pflicht nehmen. Diese sorgen täglich für 2,5 Millionen Portionen Essen. Gastronomen bleiben davon aber unbehelligt: Der Konsument habe bei der Wahl seines Wirts ja Wahlfreiheit.

TIERHALTUNG

Österreich liebt das Schwein. Zumindest auf dem Teller. Auf 40 Kilo kommen Konsumenten im Schnitt im Jahr. Einen Blick in die Ställe wagen die wenigsten. Das würde das Bild des Streichelzoos, das viele im Kopf haben, auch gehörig trüben. Österreich ist, das Wohl der Nutztiere betreffend, in vielen Bereichen anderen Ländern der EU weit voraus. Schweine, die hierzulande millionenfach gemästet, exportiert, importiert und geschlachtet werden, hat das Wohlverhalten bisher nicht erfasst. Supermärkte nutzen sie als Lockvögel, um Kunden in den Handel zu holen. Der Anteil an Biofleisch liegt bei weniger als zwei Prozent.

Das Gros der Schweine lebt auf Vollspaltenböden auf 0,7 Quadratmetern ohne Einstreu. Anders als bei Geflügel und Rindern ist bei ihrem Futter der Einsatz von Gentech-Soja erlaubt. Zuchtsauen dürfen 206 Tage im Jahr im Kastenstand gehalten werden. Ferkel werden ohne Betäubung kastriert. Länder wie Deutschland und Frankreich versuchen den schmerzhaften Eingriff durch eine Impfung, die die hormonelle Reifung stoppt, zu ersetzen. Für viele österreichische Landwirte ist das allerdings kein Thema. In Deutschland habe die teurere Impfung dazu geführt, dass Ferkel vermehrt aus Dänemark und den Niederlanden eingeführt werden, so der einhellige Tenor. Wertschöpfung werde damit vernichtet, Tierleid in Summe nicht gemildert, sondern das böse Gewissen lediglich ins Ausland verlagert.

Vorreiter bei Geflügel

Mehr getan hat sich bei Nutztieren wie Geflügel. In der Mast gibt Österreich Hühnern etwa deutlich mehr Platz als es Nachbarländer tun. Einen Quadratmeter teilen sich hierzulande 18 Hendln mit in Summe 30 Kilogramm. Artgenossen aus biologischer Haltung sind per Gesetz auf dem gleichen Platz nur zu zehnt. Zum Vergleich: Die EU lässt auf einem Quadratmeter bis zu 26 Hühner zu.

Mehr Platz für den Gockel ist angesagt.39 ZeichenLINK

Auch Puten wird in Österreich doppelt so viel Platz gewährt wie im Ausland, was sich freilich auf ihren Preis auswirkt. Brüssel macht keinerlei Vorgaben zur Besatzdichte. Das hat zur Folge, dass sich Industrie und Großhandel Putenfleisch im großen Stil aus dem Ausland holen.

Problem Küken

Anders als in Österreich wird Geflügel dort überwiegend nicht gentechnikfrei gefüttert. Der Einsatz von Antibiotika gilt vor allem in Tierfabriken in Osteuropa als hoch.

Noch weniger heil ist die Welt der Küken. Zwar hat die Politik das Schreddern lebendiger Küken, die als unliebsames Nebenprodukt der Eiwirtschaft für die Mast nur bedingt taugen, mittlerweile verboten. Zehn Millionen überwiegend männliche Küken werden in Österreich aber nach wie vor vergast. Ein Verfahren, mit dem sich das Geschlecht bereits im Ei bestimmen lässt, hat sich bisher aus finanziellen Gründen nicht durchgesetzt.

Tierwohl als Anliegen

Große Handelsketten wie Rewe, Spar und Hofer versuchen, mit biologischen und auch individuellen Siegeln Akzente für mehr Tierwohl zu setzen. Sie versprechen mehr Raum und Bewegungsspielraum bei der Aufzucht, gesünderes Futter und längeres Tierleben. Kostet dies erheblich mehr als konventionelles Fleisch, bleibt es eine zwar emsig beworbene, jedoch kleine Nische im Kühlregal.

Sogenannte Turbomilchkühe, die es in Deutschland gibt und dort mittlerweile für massive Gülleprobleme sorgen, haben sich in Österreichs Ställen noch nicht durchgesetzt. Dennoch hat sich auch die Milchleistung hierzulande seit den 1950er-Jahren verdoppelt. Eine Mäßigung bei der Zucht scheint nicht in Sicht.

TIERTRANSPORTE

27 Millionen lebende Tiere werden jährlich im Transit durch Österreich gekarrt, rechnet die Landwirtschaftskammer vor. Tierschützer gehen von fast doppelt so vielen aus und beziffern den gesamten Tiertransport mit 100 Millionen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten. Destination ist häufig Italien – hohe Kaufkraft trifft dort auf geringe Eigenproduktion. Österreich holt wiederum jährlich 80.000 Rinder für die Verarbeitung ins Land. Hühner kommen zur Schlachtung etwa aus Slowenien, österreichische Puten werden dafür im Gegenzug nach Bayern verfrachtet. In der Fleischwirtschaft dominiert Arbeitsteiligkeit: Vor allem Ferkel werden zwischen unterschiedlichen Ländern wie ein Industriegut millionenfach gehandelt.

Die Standards für die Transporte sind EU-weit geregelt, die Bedingungen, unter denen Nutztiere quer durch Europa reisen, sind vielfach unter jeder Tierwürde. Österreichs Politik verspricht, dieses heiße Eisen endlich anzufassen.

Zahnlose Kontrollen

Maßnahmen wie strengere Kontrollen der Tiertransporte sind jedoch zahnlos. Schon jetzt umfahren Frächter Österreich; die EU stellt sich angesichts der nur verlagerten Probleme taub. Die Selbstverpflichtung der Österreicher, nur Zucht- und keine Schlachttiere in Drittstaaten zu exportieren, bietet zahlreiche Schlupflöcher. Für den Herdenaufbau deklarierte Rinder werden so etwa nach einmaligem Abkalben geschlachtet. Exportnationen wie Spanien verfrachten in Österreich geborene Kälber nach der Mast weiter in Länder wie den Libanon.

PESTIZIDE

Ein Apfel wird im Schnitt 30-mal gespritzt. Ob Weintrauben, Erdäpfel, Marillen oder Salat – ohne Chemie läuft in konventioneller Landwirtschaft gar nichts. Glashausgemüse wächst in künstlicher Nährlösung heran, die wichtigsten Waffen gegen Insekten, Würmer und Pilze bleiben Pestizide. 1200 davon sind in Österreich zugelassen. Jährlich kommen rund 4000 Tonnen zum Einsatz.

Für sie alle gelten strenge Grenzwerte. Diese orientieren sich allerdings nur an die jeweils einzelnen Stoffe, nicht an der Summe aller aufgebrachten Mittel. Die Cocktailwirkung ist kaum erforscht, auch über die Langzeitfolgen der Rückstände ist nur wenig bekannt. International wurden viele Grenzwerte im Laufe der Zeit nach oben korrigiert.

Lage kaum verbessert

Alles in allem ist die Summe der zugelassenen Pestizide in Europa gesunken. Verbessert hat das die Lage kaum: Um dieselbe Wirkung zu erzielen, werden die verbleibenden Substanzen vielfach höher dosiert. Sie belasten nicht nur Böden, Tierwelt und Nahrung. Ihre Ausbringung ist auch für Bauern und Gärtner riskant. Die Regeln dafür sind detailliert. Doch was in der Praxis draußen auf den Feldern passiert, entzieht sich oft dem Blick der Behörden.

Beim Verbot von Glyphosat rudert Österreich zurück an den Start. Die neue Regierung hat das für Anfang des Jahres geplante Aus für das umstrittene Herbizid vertagt. Umweltorganisationen legten zuletzt heikles Material vor, das internationale Zulassungsverfahren von Glyphosat in ein fragwürdiges Licht stellen.

KLIMASCHUTZ

Landwirtschaft zählt zu den größten Klimasündern weltweit. Allein intensive Nutztierhaltung sorgt für rund 15 Prozent der Treibhausgasemissionen. Die Produktion von Futtermitteln hat ebenso hohes Gewicht wie Transporte und Landverbrauch. Im aktuellen österreichischen Regierungsprogramm finden sich entsprechende Gegenmaßnahmen aber nur schwach dosiert, klagen Klimaschützer.

Österreich selbst reiht die Landwirtschaft in der Liste der Klimakiller hinter Industrie und Verkehr auf Platz drei. Kritiker wenden ein, dass diese Rechnung nicht die Klimabilanz anderer Länder einkalkuliere, die Landwirte, Händler und Konsumenten aber beeinflussten. Erstere etwa indem sie Soja für Schweine aus Südamerika importierten.

Fakt ist: Methanemissionen aus der Tierhaltung, das Ausbringen von Dünger sowie Lachgasemissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden schaden dem Klima. Die Branche ist zudem Hauptquelle für den Ausstoß von Ammoniak. Was Bauern dazu beitragen könnten, um das Klima zu schonen? Extensive Weidehaltung von Tieren etwa bindet Treibhausgase. Einstreu trennt Kot von Urin – Spaltböden, bei denen Schweine über ihren Fäkalien liegen, sorgt für mehr Methan.

Für die Ausbringung von Gülle braucht es bessere Techniken. Bei der Lagerung gehört Mist abgedeckt. Fütterung muss überdacht werden, um den Anteil an Soja zu senken. Prognosemodelle gehören weiter verfeinern. Die Landwirtschaftskammer verspricht: Es werde dazu bereits viel geforscht und getüftelt.

BIO-STANDARDS

Milch regt auf. Niedrige Erzeugerpreise, ausgelöst durch Produktionsüberschüsse, Verwerfungen internationaler Märkte und Dumpingpreise der Supermärkte, lassen Landwirte regelmäßig auf die Barrikaden steigen. Dieser Tage geriet die Handelskette Spar ins Visier des ÖVP-nahen Bauernbunds. Es ist nicht die einzige Front, an der gekämpft wird – in der Bredouille sehen sich Biobetriebe.

Die EU sieht bei ihren Biorichtlinien künftig zwingend regelmäßige Weidehaltung vor. Bisher ließ die Auslegung der Regeln einen breiten Interpretationsspielraum zu, den Österreichs Bauern auch nutzten. Gründe wie die Überquerung von Straßen und Bahnübergängen oder Entfernungen zu Wiesen von mehr als 200 Metern etwa reichten aus, um die Tiere im Stall belassen zu können. Tierschützern war diese Praxis im Biomusterland Österreich ein Dorn im Auge.

Ausnahmen fallen

Doch ab 2021 ist Schluss mit Ausnahmen. Betroffen sind hunderte Biobetriebe mit Rindern, Schafen und Ziegen, die nun alternative Weidepläne ausarbeiten. Prämien aus den vergangenen Jahren sind nicht zurückzuzahlen, dennoch stoßen viele Bauern finanziell an ihre Grenze. Sie müssen raus aus dörflichen Strukturen, die keinen Ausbau zulassen, in neue Ställe investieren oder auf sämtliche Biozulagen verzichten. Da allein biologisches Futter finanziell schwer wiegt und neben Weidehaltung zahlreiche zusätzliche teure Kriterien für den Biostatus einzuhalten sind, wird vielen Betrieben nichts anderes übrig bleiben, als in die konventionelle Landwirtschaft zurückzukehren. (Verena Kainrath, 28.2.2020)