Sinngemäß empfiehlt Polens Premier Kaczynski der EU, sich zu beruhigen: Demokratie und Freiheit seien "nicht gefährdet".

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Warschau – Der Vorsitzende von Polens nationalkonservativer Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, hält die Sorgen der EU um die Demokratie in seinem Land für unbegründet. In der EU gebe es viele wichtige Dinge, über die diskutiert werden müsse, etwa über die für Mai geplante Konferenz zur Zukunft der Gemeinschaft, sagte Kaczyński dem Radiosender Jedynka am Freitag.

Vertragsverletzungsverfahren

"Es ist dagegen völlig sinnlos, über die polnische Demokratie oder die polnische Freiheit zu sprechen, da diese nicht bedroht sind." Die regierenden Nationalkonservativen und die EU liegen wegen der polnischen Justizreform im Clinch. Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit der Gerichte bedroht und hat bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.

Zuletzt hatte ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern internationale Kritik ausgelöst. Über ein anderes Element der Justizreform, die Einführung von Disziplinarkammern für polnische Richter, will der EuGH am 9. März verhandeln.

Kaczyński schaut lieber nach Katalonien

Die Polen würden heute freie Wahlen und Reisefreiheit genießen, sagte Kaczyński weiter. Sie könnten selbst über gesellschaftliche und unternehmerische Aktivitäten entscheiden, auch die Pressefreiheit sei garantiert. Dagegen sähe er allerdings, dass die Bürgerrechte in Frankreich und in der spanischen Region Katalonien eingeschränkt würden. "Wenn wir jemanden zu mehr als zehn Jahren Gefängnis verurteilen würden, weil er etwas will, mit dem die Regierung nicht einverstanden ist, sogar wenn es Polens territoriale Einheit beträfe – dann würde ganz Europa schreien, dass die Bürgerrechte mit Füßen getreten werden", sagte Kaczyński. Er spielte auf den katalanischen Separatistenführer Oriol Junqueras an, der zu 13 Jahren Haft verurteilt worden war. (Warschau, 28.02.2020)