Khatia Buniatishvili, die sternenflammende Königin im Reich von Ebenholz und Elfenbein, betörte am Klavier.

Foto: Esther Haase / Sony Classica

In Sachen Klassik weist die Handelsbilanz zwischen Alter Welt und Asien einen extremen Exportüberschuss Europas aus. Dem will das NHK Symphony Orchestra entgegenwirken: Im Konzerthaus gab man unter der Leitung von Paavo Järvi Beethoven und Bruckner.

Und selbst das fernöstliche Präludium war hörbar abendländisch inspiriert: Tôru Takemitsus How Slow the Wind schien auf bezaubernde Weise in den Klangwelten von Debussy, Mahler und Korngold verortet. Schläfrig, schlaff und seifig interpretierten die Japaner dann die Orchestereinleitung von Beethovens drittem Klavierkonzert. Khatia Buniatishvili, die sternenflammende Königin im Reich von Ebenholz und Elfenbein, adaptierte sich an ihrem Arbeitsgerät augenblicklich, watteweicher Wohlklang betörte das Ohr, aparte Armbewegungen das Auge. Wildheit blieb wohldosiert, erst in der Kadenz erlaubte sich die in Paris lebende Georgierin, komplett "auszuzucken". Diese Frau kann am Klavier alles, da gab es keinen Ton, der nicht sinnlich, klug und originell gestaltet gewesen wäre.

Überlange drei Stunden

Als Zugabe spielte Buniatishvili Schuberts Ges-Dur-Impromptu, rätselhafterweise aber nur dessen letzten Teil. Vielleicht ahnte die 32-Jährige schon, dass das Konzert mit knapp drei Stunden überlang werden würde? Bei Bruckners siebter Symphonie spielte die Ausnahmekünstlerin leider nicht mehr mit. Järvi zelebrierte das Großwerk gekonnt, die beeindruckende Leistung der Japaner wurde jedoch von zahlreichen Patzern der Bläser geschmälert. Als Zugabe narkotisierte Sibelius’ Valse triste. (sten, 28.2.2020)