Ob es gut oder schlecht läuft, könnte auch am Zyklus liegen.

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Die chinesische Schwimmerin Fu Yuanhui sorgte bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio für Schlagzeilen. Allerdings nicht wegen ihrer sportlichen Leistung. "Ich habe gestern meine Periode bekommen und fühlte mich müde", erklärte sie, von Schmerzen sichtlich gequält, nach einem Wettkampf, der nicht wie geplant lief.

Auch die britische Tennisspielerin Heather Watson hatte ein Jahr zuvor ihr überraschendes Ausscheiden bei den Australian Open auf ihre Menstruation zurückgeführt. In der Trainingswissenschaft findet der weibliche Zyklus bisher noch kaum Beachtung. Nur wenige Studien haben sich damit befasst.

Die deutsche Gynäkologin, Sportmedizinerin und Triathletin Susanne Weber kritisiert zudem methodische Mängel an vielen der existierenden Studien. Dabei könnte im Wissen um den eigenen Zyklus viel Potenzial für Sportlerinnen liegen.

Ein Beispiel: Die britische Läuferin Jessica Judd berichtete vor einigen Jahren über Abweichungen von 15 Sekunden bei 3000-Meter-Läufen – je nachdem, in welcher Phase des Zyklus sie sich gerade befand. Im Profisport kann das den Unterschied zwischen erstem und letztem Platz ausmachen.

Höhere Körpertemperatur

Was gegen einen Wettkampf in der zweiten Zyklushälfte – also in den Tagen zwischen Eisprung und Beginn der Blutung – sprechen könnte: Die Körpertemperatur ist leicht erhöht. Die Ausdauerleistungsfähigkeit könnte daher reduziert sein, wie die Sportmedizinerin Petra Platen von der Ruhr-Universität Bochum erklärt.

Nicht nur Profisportlerinnen klagen in diesen Tagen über Wassereinlagerungen. Sie fühlen sich aufgedunsen und zu schwer für ein Ausdauertraining, wie der Wiener Gynäkologe, Endokrinologe und Sportarzt Christian Matthai erklärt. Dafür fühlen sich viele in den Tagen nach dem Ende ihrer Menstruation umso beweglicher: "Diese Phase ist ideal für Ausdauersport", so Matthai.

Laut Matthai gibt es außerdem Hinweise darauf, dass Profisportlerinnen in den Tagen vor Beginn ihrer Menstruation feinmotorische Nachteile haben. In dieser zweiten Zyklushälfte steigt laut Platen auch die Verletzungsanfälligkeit. Durch die erwähnten Wassereinlagerungen sei das Körpergefühl ein anderes, zudem könne es aufgrund der hormonellen Situation zu einer Lockerung der Bänder kommen. Was bei Profis beobachtet wird, gilt in abgeschwächter Form auch für alle, die Sport als Hobby betreiben.

Sportmedizinerin Platen hat auch untersucht, in welcher Phase Krafttraining am effektivsten ist. Dafür hat sie zwölf relativ untrainierte Frauen, die nicht hormonell verhüten, über drei Monatszyklen an die Beinpresse gebeten. In der ersten Zyklushälfte wurde jeweils das eine, in der zweiten das andere Bein trainiert. Platen und ihr Team stellten eine stärkere Zunahme der Maximalkraft in der ersten Zyklusphase fest. Die Zuwächse seien aber marginal, schränkt Platen ein. Weitere Studien seien nötig.

Leichtes Training

Während der Menstruation fühlen sich viele Frauen schlapp, leiden an Regelschmerzen. Moderate Bewegung – etwa ein leichtes Ausdauertraining – kann die Beschwerden lindern, weil beim Sport Endorphine ausgeschüttet werden. Gynäkologe Matthai empfiehlt Sportlerinnen, sich auf ihr subjektives Empfinden zu verlassen – und auf allzu intensive Einheiten zu verzichten.

Eine starke Menstruation ist im Profisport aber nicht nur wegen der Schmerzen ein Nachteil. Viele Frauen leiden deswegen auch an einem Eisenmangel, was zu Leistungseinbußen führt. "Für Leistungssportlerinnen ist das eine Katastrophe", sagt Matthai.

Allerdings gibt es auch Frauen, die sich während ihrer Menstruation topfit fühlen. Für Weber ist das wenig überraschend: Eigentlich seien die Voraussetzungen an den ersten Tagen der Menstruation eher gut. "Von der Hormonkonstellation her ist man in den ersten Tagen der Blutung sehr leistungsfähig", sagt Weber. "Man könnte auch sagen: Hormonell ist man seinen männlichen Kollegen so nah wie nie, weil Östrogen und Progesteron so niedrig sind."

Vieles, was man zum Training im Verlauf des Zyklus weiß, gilt aber nur für Frauen mit natürlichem Zyklus, die nicht hormonell verhüten. Für Frauen, die mit ihrem Verhütungsmittel ihren Eisprung unterdrücken, gelten die Trainingsphasen nicht im gleichen Ausmaß, ihr Hormonstatus sei ein wenig "glattgebügelt", wie Weber es ausdrückt.

Reduzierte Trainierbarkeit

Frauen, die mit der Pille verhüten, haben zudem während der Einnahmezeit immer eine gewisse Menge von Progesteron im Blut, damit durch das Hormon der Eisprung verhindert wird. Bei Frauen mit natürlichem Zyklus steigt das Progesteron erst nach dem Eisprung an. Wie sich dieser Unterschied auswirkt? "Das weiß man leider noch nicht so genau", sagt Weber. Studien mit klarer Evidenz gibt es keine. "Aber ich habe Patientinnen, die sagen, dass ihre Leistungsfähigkeit mit der Pille schlechter sei", so Weber.

Auch Sportmedizinerin Platen könnte sich vorstellen, dass die Trainierbarkeit durch hormonelle Verhütung reduziert wird, weil die körpereigene Produktion von Östrogen heruntergefahren wird.

Hormonelle Verhütungsmittel haben im Sport dennoch ihre Berechtigung – und werden von vielen Sportlerinnen beispielsweise dafür genutzt, ihre Menstruation zu verschieben, wenn ein Wettkampf ansteht. Dies sollte laut Weber aber nicht in Eigenregie, sondern zunächst in Absprache mit der Gynäkologin erfolgen.

Auch für Sportlerinnen mit starken Regelschmerzen kann die Pille eine vorübergehende Lösung sein, wenn Training ohne Schmerzmittel sonst während der Menstruation nicht möglich ist: "Das ist manchmal eine pragmatische Entscheidung, wobei zunächst organische Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen werden sollten", sagt Weber.

Allerdings ist Pille auch nicht gleich Pille. Die Präparate haben unterschiedliche Zusammensetzungen und Hormonkonzentrationen – die sich völlig unterschiedlich auf den Körper einer Sportlerin auswirken können. Auch Leistungseinbußen durch das falsche Hormonpräparat sind denkbar.

Keine Menstruation

Noch ein Thema für Frauen im Leistungssport: In gewichtstragenden Sportarten wie Laufen oder Ballett hören viele Athletinnen unter großer körperlicher Belastung auf zu menstruieren. Das kann daran liegen, dass ihr Körper in ein Kaloriendefizit kommt. Das Ausbleiben der Menstruation wird Amenorrhö genannt. "Der Körper schaltet vereinfacht gesagt auf Sparflamme und stellt die Eisprünge ein", erklärt Weber.

Das ist problematisch, weil meist ein Östrogenmangel damit einhergeht – und das Östrogen für die Knochengesundheit wichtig ist. Als Langzeitfolge droht bei einer dauerhaften Amenorrhö daher Osteoporose. Zuvor kann es bei reduzierter Knochendichte bereits zum Auftreten von Knochenödemen oder Ermüdungsfrakturen kommen.

Klar ist: Der Zyklus jeder Frau ist höchst individuell. Platen empfiehlt Leistungssportlerinnen, ein Trainingstagebuch zu führen, um den Zusammenhang zwischen Zyklus und Leistungsfähigkeit zu eruieren. Was im Training für eine Frau funktioniert, muss nicht für alle anderen gelten.

Den einen geht es am ersten Tag ihrer Menstruation wie der chinesischen Schwimmerin Fu Yuanhui, anderen wie der britischen Läuferin Paula Radcliffe: Sie stellte am ersten Tag ihrer Periode 2002 ihren ersten Marathon-Weltrekord auf. (Franziska Zoidl, 7.3.2020)