Es ist heiß in Unterleuten, der Weizen ist reif, die Erntezeit steht an, die Dinge nehmen ihren gewohnten Gang. Ruhig ist es dort in diesem Unterleuten, einem fiktiven Dorf im deutschen Brandenburg. Tiefste Provinz, ohne Geschäft, ohne Kanalisation, dafür mit stinkenden Senkgruben. Doch diese äußere Stille trügt, innerhalb der Dorfgemeinschaft brodelt es gewaltig.

Bekannt wurde das Kaff durch Juli Zehs Roman Unterleuten, 2016 landete die Autorin damit einen Bestseller. Auf mehr als 600 Seiten beschreibt sie detailliert das Zusammenleben der Bewohner und seziert präzise die Verhältnisse der Menschen untereinander, ihre Befindlichkeiten und Egoismen. Für das ZDF hat Regisseur Matti Geschonneck Zehs Roman jetzt als Dreiteiler verfilmt, das Drehbuch kommt von Magnus Vattrodt. Seit Montag, 2. März, sind alle drei Filme für sechs Monate in der ZDF-Mediathek abrufbar. Die lineare Ausstrahlung folgt dann eine Woche später ab. 9. März im Hauptabend – Montag, Mittwoch, Donnerstag, jeweils 20.15 Uhr.

Rudolf Gombrowski (Thomas Thiele) hat Unterleuten unter Beobachtung, ihm zur Seite steht die patente Betty Kessler (Sarina Radomski).
Foto: ZDF

Ländlicher Mikrokosmos

Wendegewinner und Wendeverlierer, naive Großstädter auf der Suche nach Bullerbü-Idylle, kapitalistische Investoren, die in der Einschicht das große Geschäft wittern, Alteingesessene mit allerlei Leichen im Keller: In der Enge Unterleutens kommen sie alle zusammen, können einander nicht ausweichen und müssen ihren Platz in dieser Schlangengrube aus eigenwilligen Charakteren finden, in der jeder glaubt, im Recht zu sein.

Allen voran Rudolf Gombrowski, dargestellt von Thomas Thieme. Er ist so was wie der Chef des Dorfes, ist hier in DDR-Zeiten großgeworden, hat aber als Kapitalist auch kein Problem mit dem neuen System. Er ist einer, den man sich besser nicht zum Feind macht, gibt er doch vielen Männern hier im Dorf mit seinem Landwirtschaftsbetrieb Ökologica Arbeit.

Charlie Hübner als Rauhbein Schaller mit Tochter Miriam, gespielt von Nina Gummich.
Foto: ZDF

Als Bürgermeister Arne Seidel (Jörg Schüttauf) Pläne für einen lukrativen Windpark in Unterleuten präsentiert, hofft er auf neue Einnahmequellen. Den Kampf gegen diese Windräder nehmen indes die Berlin-Flüchtlinge Gerhard Fließ (Ulrich Noethen) und seine junge Frau Jule (Rosalie Thomass) samt Baby auf, Umweltschützer Fließ sorgt sich um die seltene Vogelkolonie im Dorf. Die Jungfamilie kämpft aber auch gegen den direkten Nachbarn und Unruhestifter Bodo Schaller (Charly Hübner).

Diplomatische Spielchen

Und dann ist da noch die gescheite Linda Franzen (Miriam Stein), die gemeinsam mit ihrem Freund Frederick (Jacob Matschenz) ihrem Traum von einem Ponyhof nachgeht. Sie kapiert schnell, wer ihr dafür nützlich sein könnte, und spielt ihre diplomatischen Spielchen, unter anderem auch mit Investor Konrad Meiler (schön schmierig: Alexander Held), der in Unterleuten Land kauft und es zu Geld machen will. Doch das sind bei weitem nicht alle Protagonisten, die in diesem ländlichen Mikrokosmos ihre eigennützigen Fäden ziehen und für tiefe Abgründe sorgen.

Linda Franzen (Miriam Stein) und Investor Konrad Meiler (Alexander Held).
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75 Tage lang wurde im Sommer 2018 an mehreren Orten in Brandenburg gedreht und dann daraus der Film Unterleuten zusammengezimmert, das Ergebnis ist gelungen. Wer richtig tief in die Geschichte und Gedankenwelt der Dorfbewohner eindringen will, der wird aber mit dem Lesen von Juli Zehs Romans besser bedient. (Astrid Ebenführer, 1.3.2020)