Bei einem Blick auf die Nachrichtenlage könnte einem angst und bange werden. Zu den ständig steigenden Zahlen der Coronavirus-Infizierten und der geografischen Ausbreitung der Seuche kommen die dramatischen wirtschaftlichen Folgen, die von manchen Experten prognostiziert werden. So mancher Volkswirt will jetzt schon wissen, in welch tiefe Rezession die Welt schlittern wird. Berater liefern längst umfassende Analysen, in denen sie nebst Einschätzung der Lage ihre werten Dienste feilbieten. Ein bisschen Dramatik schadet dabei nicht, das Geschäft mit der Angst war immer schon ein lukratives.

Corona knabbert ein wenig an den hohen Gewinnmargen.
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Da wäre noch die Finanzwelt: Dort ging es mit wenigen Unterbrechungen seit gut zehn Jahren nur bergauf. Ob Amazon, Apple, Microsoft oder Google (Alphabet) – alle haben sie die Schallmauer eines Börsenwerts von einer Billion Dollar durchbrochen. Wenn da Corona ein wenig an den hohen Gewinnmargen knabbert, geht es gleich rasant bergab. Das sollte jetzt nicht weiter beunruhigen, vielmehr als längst notwendige Korrektur betrachtet werden. Der New Yorker Börsenindex Dow Jones notiert derzeit immer noch auf dem Stand von Ende Oktober des Vorjahres. Man bedenke: Das wichtigste Aktienbarometer der Welt hat sich in weniger als vier Jahren fast verdoppelt. Das kann auf Dauer nicht gutgehen, insbesondere wenn die Konjunkturzeichen – nicht erst seit Covid-19 – auf Abschwung stehen.

Ein wenig mehr Besonnenheit in der aktuellen viralen Lage wäre ratsam. Sowohl die weitere Ausbreitung der Atemwegserkrankung als auch die ökonomischen Folgen lassen sich schwer einschätzen. Der neue Erste-Group-Chef Bernhard Spalt meinte am Freitag auf die Frage, ob das Coronavirus die Weltwirtschaft lahmlegen könne: "Ich habe keine Ahnung." Das ist keine Schande – im Gegenteil. Nützlicher als der Blick in die Kristallkugel ist es, die Weichen für Präventivmaßnahmen und internationale Koordinierung zu stellen.

Natürlich werden Reiseanbieter, Fluglinien, stark von internationalen Wertschöpfungsketten abhängige Industrien wie die Elektronik- und viele andere Branchen die Krankheit stark zu spüren bekommen. Doch man sollte die Flexibilität der Wirtschaft nicht unterschätzen, die sich rasch auf neue Gegebenheiten einstellt. Auch die Erfahrungen mit anderen Epidemien oder Naturkatastrophen sprechen gegen Panik: Sie führten meist zu einer Wachstumsdelle, die rasch in Vergessenheit geriet. (Andreas Schnauder, 28.2.2020)