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Diesen Deal einen einen "Frieden" zu nennen, wäre obszön.

Reuters / Ibraheem al Omari

Auch wenn europäische Asylbehörden vielleicht versuchen werden, dies so darzustellen: Nein, der "Friedensvertrag" für Afghanistan, den die USA und die Taliban am Samstag unterschrieben haben, ist kein Wendepunkt in der afghanischen Flüchtlingsproblematik. Für die pessimistische Einschätzung reicht es eigentlich, daran zu erinnern, wer dieser "Friedenspartner" ist, der nun – natürlich abseits der Unterzeichnungszeremonie in Doha – den "Sieg des Weißen Turbans über die Arroganz des Weißen Hauses" verkündet. Von den Säkularen, den Frauen bis zu den Schiiten gibt es ganze Bevölkerungsgruppen, die von einer Zukunft in einem Afghanistan, in dem die fundamentalistisch-islamistischen Taliban das Sagen haben, Schlimmes erwarten. Sie haben es ja schon einmal erlebt.

Ja, es gibt keine militärische Lösung, und die Taliban sind heute, fast achtzehneinhalb Jahre nach dem Eingreifen der USA und der Nato im Oktober 2001, militärisch stärker denn je. Vor allem will US-Präsident Donald Trump, von dem die Taliban nun den persönlichen Auftrag bekommen haben, "böse Leute zu töten", in einem Wahljahr aus Afghanistan heraus: Genau genommen heißt das, dass mit der Reduktion auf 8600 Soldaten innerhalb von 135 Tagen die US-Truppenstärke erreicht wird, die Trump zu seinem Amtsbeginn vorfand. Aber bis Frühling 2021 könnten tatsächlich alle US-Kampftruppen abgezogen sein.

Hoffnung auf kriegsmüde Taliban

Es wäre jedoch ein Missverständnis zu glauben, dass die Taliban dafür eine umfassende Waffenstillstandsverpflichtung eingegangen sind: Ein Ende des Kriegs ist Thema der innerafghanischen Verhandlungen, die in Kürze aufgenommen werden sollen und deren Zeitplan und Ausgang ungewiss sind. Eine Waffenruhe gilt derzeit im Grunde nur zwischen Taliban und USA. Was die Taliban dafür zu leisten haben, ist zu verhindern, dass Afghanistan wieder zum Aufmarschplatz für Al-Kaida und Konsorten wird. Dafür sollen die US- und UN-Sanktionen gegen die Taliban fallen – und zwar relativ rasch, bis zum Sommer, auch wenn es dann noch keine innerafghanische Lösung gibt.

Man muss sich an der Hoffnung festhalten, dass auch die Taliban kriegsmüde sind – und tatsächlich verstanden haben, dass sie Afghanistan nicht allein und nur nach ihrem paschtunischen Islam regieren können. Angesichts der zehntausenden Afghanen und der tausenden Nato-Soldaten, die ihr Leben in diesem Krieg verloren haben, wäre es jedoch obszön, diesen Deal einen "Frieden" zu nennen. (Gudrun Harrer, 1.3.2020)