Das beste Rezept gegen Lungenkrebs ist immer noch: Nichtrauchen.

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"Lungenkrebs-Screening per Low-dose-CT rettet Leben", hieß es in der Ärztezeitung. Springer Medizin berichtete, dass das CT-Screening die Lungenkrebssterblichkeit um 24 Prozent bei Männern, bei Frauen sogar um 35 Prozent reduziere. "In den Artikeln wird der Eindruck erweckt, dass Lungenkrebs-Screening Leben rette und man deshalb für die flächendeckende Einführung Milliarden ausgeben sollte", kritisieren der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer und der Dortmunder Statistiker Walter Krämer.

Das Plädoyer für das Lungenkrebs-Screening wird von den Ergebnissen der sogenannten Nelson-Studie abgeleitet, an der 13.195 Männer und 2.594 Frauen zwischen 50 und 74 Jahren teilgenommen hatten. Alle Probanden sind aktive Raucher oder haben zumindest früher einmal geraucht. Sie wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt: Ein Teil erhielt ein Screening auf Lungenkrebs mit CT (Computertomographie), die anderen nicht.

Nach zehn Jahren ermittelten die Studienautoren, ob Leben gerettet wurden. Nach einer Dekade waren 24 Männer mit der Diagnose Lungenkrebs in der Screening-Gruppe gestorben, in der Kontroll-Gruppe waren es 32. Daraus leiteten die Forscher ab, dass das Screening die Sterblichkeit um 25 Prozent verringert. "Keines der genannten Medien berichtete jedoch, dass in der Kontrollgruppe insgesamt 130 Personen starben und in der Screening-Gruppe 132", betonen Gigerenzer und Krämer.

In Prävention investieren

Demnach starben in der Screening-Gruppe zwar weniger Menschen mit der Diagnose Lungenkrebs, dafür mehr Menschen mit einer anderen Krebsdiagnose. Insgesamt gab es keinen Unterschied. "Die Anzahl der Menschen, die an Krebs, einschließlich Lungenkrebs, verstorben sind, ist die zuverlässigere Größe, genau wie die Gesamtsterblichkeit", argumentieren die beiden Wissenschafter. Außerdem sei die spezifische Todesursache oft schwer festzustellen, beispielsweise wenn eine Person gleichzeitig Krebs in mehreren Organen hat.

Die Autoren der Nelson-Studie berichteten, dass die Experten bei der Beurteilung, ob die Todesursache Lungenkrebs war, nur in 86 Prozent der Fälle übereinstimmten. Unter den Männern, die sich einem Lungenkrebs-Screening mit CT unterzogen hatten, starben genauso viele an Krebs wie unter jenen ohne Screening. "Weder in der Krebssterblichkeit noch in der Gesamtsterblichkeit gab es in der Nelson-Studie einen signifikanten Unterschied. Es gibt keinen Beleg, dass Lungenkrebs-Screening Leben rettet", sagen Gigerenzer und Krämer.

Die beiden Forscher plädieren dafür, die Ergebnisse der Nelson-Studie nicht zu überinterpretieren. Schließlich würde die Einführung eines flächendeckenden Lungenkrebs-Screening jährlich Milliarden kosten. Dieses Geld solle in Prävention gesteckt werden: "Wenn man bereits in den Schulen junge Menschen risikokompetent machen würde, so dass sie verstehen, wie sie später zum Rauchen verführt werden, würde das wirklich Leben retten. Bildung ist die beste Vorsorge. Aber dafür wird kaum Geld bereitgestellt." (red, 3.2.2020)