Die thermografische Aufnahme eines Golden Retrievers zeigt, wie kalt die Hundenase ist.

Foto: Bálint et al.

Die kalt-nasse Nase ist das wichtigste Sinnesorgan eines Hundes. Ihre Schleimhaut beherbergt bis zu 300 Millionen Riechzellen und macht den Hund zum sogenannten Makrosmaten. So nennt man Tiere, deren Geruchssinn besonders gut entwickelt ist und eine zentrale Rolle in der Wahrnehmung einnimmt. Zum Vergleich: Die menschliche Nase kommt auf gerade einmal fünf Millionen Riechzellen, wir zählen dementsprechend zu den Mikrosmaten.

Die außerordentliche Riechleistung der Hunde lässt sich aber nicht allein an der Anzahl dieser spezifischen Zellen festmachen. Die Vierbeiner verfügen auch über ein enormes Areal im Gehirn, das für die Verarbeitung von Geruchssignalen zuständig ist. Forscher schätzen, dass Hunde etwa eine Million Mal besser riechen können als wir. Das ist aber auch noch nicht alles: Wie ein internationales Forscherteam in "Scientific Reports" berichtet, können Hunde mit ihrem Riechorgan offenbar auch schwache Wärmestrahlung registrieren – und zwar nicht nur durch Berührung, sondern über eine Entfernung von eineinhalb Metern.

Hochsensible Schnauze

Auf die heiße Spur dieser Fähigkeit brachte die Biologen um Anna Bálint von der Eötvös-Loránd-Universität Budapest und Ronald Kröger von der Universität Lund die kalte Schnauze der Tiere: Der sogenannte Nasenspiegel (Rhinarium), also der schwarze, haarlose Bereich um die Nasenlöcher, ist bei Hunden und einigen anderen Raubtieren viel kälter als bei Pflanzenfressern wie Paarhufern. "Unsere Hypothese war, dass der Nasenspiegel der Hunde durch die Kälte besonders sensibel für Wärmestrahlung sein könnte", heißt es in der Studie.

Um diese Annahme zu überprüfen, führten die Wissenschafter zunächst Experimente mit drei Hunden durch. Sie brachten den Tieren bei, zwischen zwei nach Aussehen und Geruch identischen Objekten zu unterscheiden. Ganz gleich waren die Gegenstände aber nicht: Dank eingebauter Wärmequellen hatte einer 20 Grad Celsius (entsprechend der Umgebungstemperatur), der andere war elf Grad wärmer und entsprach der Körperoberflächentemperatur eines behaarten Säugetiers.

Die Forscher selbst konnten den Temperaturunterschied nur durch Berührung feststellen, den Hunden wurde es in den folgenden Doppelblindversuchen aber schwieriger gemacht. Sie sollten das wärmere Objekt aus einer Entfernung von 1,6 Metern identifizieren. Das Ergebnis: Alle drei Hunde konnten das wärmere Objekt aus dieser Distanz aufspüren, schreiben die Wissenschafter.

Aktivierte Hirnregion

In einem zweiten Versuch wurde die Gehirnaktivität bei Hunden mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie untersucht. Dieses bildgebende Verfahren macht es möglich, Veränderungen der Durchblutung in verschiedenen Hirnarealen zu beobachten, woraus Rückschlüsse auf die neuronale Aktivität in diesen Bereichen möglich sind. Konkret schauten Bálint und Kollegen 13 Hunden unterschiedlicher Rassen ins Gehirn, während sie ihnen ebenfalls Objekte präsentierten, die entweder Umgebungstemperatur hatten oder etwa 31 Grad Celsius warm waren.

Es zeigte sich, dass jenes Areal der Großhirnrinde, das bei Hunden zentral an der Verarbeitung von Wahrnehmungsreizen beteiligt ist, durch die wärmeren Versuchsgegenstände deutlich stärker aktiviert wurde. Nach Ansicht der Forscher deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Hunde schwache thermische Strahlung über ihre Nase wahrnehmen können.

Sie vermuten, dass unsere Haushunde diese Fähigkeit von ihrer wilden Stammform haben: Wölfe könnten dank thermosensibler Nasen Beutetiere noch besser aufspüren. Und vielleicht kommt das indirekt auch dem Menschen zugute – bei Rettungshunden, die Verschüttete suchen. (David Rennert, 3.3.2020)