Ob jener Patient, der nun im Kaiser-Franz-Josef-Spital intensivmedizinisch betreut wird, die anderen Fälle angesteckt hat, ist unklar.

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Man könne ausschließen, dass jener 72-Jährige, der vergangenen Donnerstag wegen einer Sars-CoV-2-Infektion ins Kaiser-Franz-Josefspital überstellt wurde, jemanden angesteckt hätte, hieß es noch vergangene Woche aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Am Dienstag wurde bekannt, dass drei weitere Mitarbeiter der Großkanzlei Wolf Theiss infiziert sind.

Die Kanzlei ließ ihre Mitarbeiter privat an einem deutschen Institut testen: 200 am Freitag, 80 am Montag darauf. Wer negativ getestet wurde, arbeite regulär weiter, jene Personen, deren Ergebnisse noch ausstehen, von Zuhause aus, heißt es aus der Kanzlei. Derartige Untersuchungen könne "jeder Privatmensch auf private Kosten in Auftrag geben", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nach Bekanntwerden der Fälle. Man teste zielorientiert und gehe vernünftig mit den vorhandenen Kapazitäten um.

Anwälte irritiert über späte Information

Im Büro Hacker erklärt man, die drei Personen würden nun erneut getestet. Sollte die privat erstellte Erstdiagnose bestätigt werden, werde man die Inkubationskette prüfen. Ob man irrtümlich annahm, dass der Mann niemanden angesteckt haben könnte, weiß man beim Gesundheitsstadtrat derzeit nicht. Man ging davon aus, dass seine Kontakte in die Kanzlei zu weit zurückliegen würden. Die Inkubationszeit sei ein internationaler Richtwert, an den man sich halte. Eventuell sei auch die Infektionskette anders als bisher angenommen, heißt es.

Auch in der Kanzlei weiß man nicht, wie sich der Teilhaber angesteckt haben könnte. Der Jurist selbst ist auf der Intensivstation und kann keine Auskunft geben. Er wurde bereits zehn Tage stationär als Grippekranker im Wiener Rudolfspital behandelt, ehe er vergangene Woche auf das Coronavirus getestet wurde. Unter Wiener Anwälten sorgt die Tatsache, dass sich die Großkanzlei – sie beschäftigt in 13 Ländern insgesamt rund 340 Anwälte – erst am Dienstagmittag mit Informationen an die Öffentlichkeit gewendet hat, für gewisse Irritation. Man hätte sich eine frühere Aufklärung erwartet, gebe es mit der Großkanzlei doch mannigfaltige Kontakte.

Eine der drei mutmaßlich Infizierten ist eine ehemalige Rechtspraktikantin der Kanzlei, sie hatte am Montag ihren ersten Arbeitstag am Wiener Straflandesgericht. Nach einer Besprechung mit Gesundheitsexperten am Dienstagvormittag sieht man am Grauen Haus aber keine Gründe, den Betrieb einzustellen. Aus Sicherheitsgründen sagte der Richter, bei dem sie nun ihr Praktikum versieht, am Dienstag alle Verhandlungen ab.

350 Menschen in Quarantäne

Abgesehen von den Fällen in der Kanzlei gab der Gesundheitsminister am Dienstagmorgen drei weitere bekannt: zwei in Wien, einen in Niederösterreich. Damit sind in Österreich derzeit 21 Personen offiziell und drei auf Grundlage privater Tests mit Sars-CoV-2 infiziert. Die allermeisten davon zeigen keine oder milde Symptome. Landesweit sind etwa 350 Menschen in Quarantäne.

Am Dienstag wurden zudem die Fiebertests am Flughafen Wien wieder aufgenommen: Gescannt werden Passagiere von Direktflügen aus dem Iran und Südkorea, betroffen sind damit fünf Flüge pro Woche. Laudamotion kündigte an, die Italien-Flüge um ein Viertel zu reduzieren.

Maßnahmen rund um das Virus reichen mittlerweile bis in Justizanstalten – selbst, wenn es dort bisher keinen bekannten Verdachtsfall gibt. Das Justizministerium und die Generaldirektion für den Strafvollzug haben einen präventiven Maßnahmenkatalog und einen "Erlass zur Verhinderung der Einschleppung von Infektionskrankheiten und deren Verbreitung" herausgegeben und versandt. Die Eintrittskontrollen für Besucher oder Anwälte sollen demnach verschärft werden, aber auch die Kontakte zwischen Verteidigern und Häftlingen nur in sogenannten sicheren Räumen stattfinden: Das sind solche, in denen sich die Gesprächspartner durch Glasplatten voneinander getrennt per "Telefon" unterhalten. Besuche, bei denen sich Insasse und Besucher am Tisch gegenübersitzen, sind bis Ende März nicht möglich.

Zudem können die Justizanstalten von sich aus entscheiden, Insassen bei Vernehmungen, bei ihrer Vorführung zu Gerichtsverhandlungen und anderen Außenkontakten mit Schutzmasken vorzuführen. (Michael Mösenender, Gabriele Scherndl, 3.3.2020)