Foto: AFP

EU-Staaten dürfen Werbeumsätze im Internet besteuern. Dabei sind auch stark progressive Steuersätze zulässig, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur sogenannten Werbesteuer in Ungarn entschieden. Mit zwei weiteren Urteilen billigten die Luxemburger Richter auch ungarische Sondersteuern auf die Umsätze von Telekommunikations- und Einzelhandelsunternehmen. (Az: C-482/1, C-75/18 und C-323/18)

Die ungarische Werbesteuer war 2014 eingeführt worden. Besteuert wird Internetwerbung in ungarischer Sprache. Der Tarif ist progressiv, die Steuer ist bei hohen Umsätzen also prozentual höher als bei geringen Umsätzen. Unternehmen, die entsprechende Werbeeinnahmen haben, müssen sich innerhalb von 15 Tagen bei den ungarischen Steuerbehörden anmelden.

Meldepflicht zulässig, Strafe zu hoch

Google hatte die Anmeldung unterlassen. Der US-Konzern mit EU-Sitz in Irland bekam daher eine Strafe von 31.000 Euro und dann wenige Tage später gleich von 3,1 Millionen Euro aufgebrummt. Den Streit hierüber legten die ungarischen Gerichte dem EuGH vor.

Der entschied nun am Dienstag, dass die Steuer und auch die Anmeldepflicht zulässig sind. Eine Ungleichbehandlung oder eine unzulässige Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit lägen nicht vor. Die Sanktionen und insbesondere die Frist für das hohe zweite Bußgeld seien allerdings zu rigoros und daher unverhältnismäßig.

Ähnlich billigten die Luxemburger Richter auch 2010 eingeführte ungarische Sondersteuern auf die Umsätze von Telekommunikations- und Einzelhandelsunternehmen. Auch hier waren die Steuersätze progressiv, besonders stark im Einzelhandel.

Geklagt hatten die ungarische Vodafone-Tochter und die ungarische Tochtergesellschaft der britischen Supermarktkette Tesco. Sie machten geltend, die Steuern seien diskriminierend, weil sie überwiegend Unternehmen mit Sitz im Ausland treffen. Auch laufe der progressive Verlauf auf unzulässige Beihilfen für Kleinunternehmen hinaus. Zudem handle es sich um eine unzulässige weitere Umsatzsteuer.

EuGH sieht "neutrale" Kennzahl

Der EuGH wies jedoch sämtliche Argumente ab. Die Steuern träfen im Grundsatz alle Unternehmen. Dabei sei der Umsatz ein Indiz für die Leistungsfähigkeit und daher ein zulässiges und neutrales Unterscheidungskriterium für den Tarif. Dass die hohen Steuersätze überwiegend ausländische Unternehmen treffen, im Einzelhandel die unterste Stufe von null Prozent dagegen weit überwiegend Unternehmer aus Ungarn, ändere daran nichts. Dies "spiegelt nämlich die wirtschaftliche Realität dieser Märkte wider und stellt keine Diskriminierung der betreffenden Unternehmen dar", betonten die Luxemburger Richter.

Auch das EU-Mehrwertsteuersystem werde nicht beeinträchtigt, urteilte der EuGH. Denn die Steuern würden nur auf der letzten Vertriebsstufe an die Verbraucher erhoben. Anders als bei der Mehrwertsteuer gebe es keinen sogenannten Vorsteuerabzug für die Umsatzsteuer, die bereits auf den vorgelagerten Produktions- und Vertriebsstufen erhoben wurde. (APA, 03.03.2020)