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Die Kärntnerin Nadine Leopold zählt zu den erfolgreichsten Models Österreichs.

Foto: REUTERS/Stephane Mahe

Natürlich ist es ein wenig creepy, wenn man als Teenager von einem wildfremden Typen auf der Straße angesprochen wird, der behauptet, Modelscout zu sein. Vor allem wenn man wie die gebürtige Kärntnerin Nadine Leopold gar nicht damit rechnet: 14 war sie, als sie in Wien entdeckt wurde.

"Meine Eltern haben sich damals gerade scheiden lassen", erzählt sie, während sie im Wiener Hotelzimmer für ihren Opernball-Auftritt geschminkt wird: "Da war mir jede Ablenkung recht. Ich dachte mir einfach, ich verdiene neben der Schule ein bisschen Taschengeld dazu."

Ihre Eltern haben sofort nachgeforscht, ob es sich um ein seriöses Angebot handelt, die Mama ist zum ersten Shooting mitgekommen. "Mode war schon immer meine Leidenschaft, Model zu werden war aber überhaupt nicht mein Plan, als Teenager ändert man ohnehin wöchentlich seinen Berufswunsch", sagt Leopold, die als Kind für die Sportfirma der Eltern auf Modenschauen gelaufen ist.

Nadine Leopold im Dezember 2019 bei den Fashion Awards in London.
Foto: APA/AFP/ISABEL INFANTES

Jetzt, mit 26, kann sie auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Über zehn Jahre ist sie nun schon im Geschäft, hat ein paar Jahre in New York gelebt und sich nun mit ihrem Freund, einem britischen Investor, und zwei Hunden in London angesiedelt. "Früher Wolfsberg, heute Jetset", titelte das Magazin News stolz. Unsere Frau im internationalen Fashion-Business!

Aufregend, aber auch hart

Seit 2013 arbeitete sie für das US-Dessouslabel Victoria’s Secret, 2017 lief sie als erstes österreichisches Model über den Runway. "Die Marke ist ein Lifestyle, den du annehmen musst", sagt sie, gesteht aber auch, dass es gar nicht so einfach war, sich im Bikini ablichten zu lassen: "Mit 18 steht der Körper mehr als je im Vordergrund. Und dann arbeitest du mit den schönsten Frauen der Welt zusammen. Klar fragt man sich da: Wie kann ich mithalten?"

Überhaupt nimmt sie kein Blatt vor den Mund, wie aufregend, aber auch hart die Anfangszeit als Teenage-Model war: "Mittlerweile bin ich auf einem Level, dass ich in schönen Hotelzimmern untergebracht werde, vielleicht auch einmal einen Fahrer bekomme. Früher waren es Absteigen, es gab kein Internet, mein Englisch war schlecht, und ich habe die ganze Nacht durchgeweint. Zum Glück hat man in diesem Job wenig Zeit, lange nachzudenken. Man macht einfach weiter."

Von Konkurrenzdenken hält sie wenig: "Ich habe es immer eher locker gesehen, ob ich den Job bekomme oder nicht. Wenn es so sein soll, wird es schon passieren."

Victoria's Secret Show 2018
Foto: apa/afp/clary

Ein Leben für den Job

Nadine Leopold verkörpert perfekt, was man in der Modewelt schätzt: Sie wirkt authentisch und unkompliziert (ein gemeinsames Selfie ist kein Problem, egal wie schlecht das Licht ist) und ist dabei sehr professionell.

"Ich habe von 14 bis 23 nur für meinen Job gelebt, bin total wenig ausgegangen." Trotzdem geriet sie in die Schlagzeilen, weil sie von November 2014 bis März 2015 mit dem Sänger und Fashion-Influencer Harry Styles liiert war. Sie haben sich über gemeinsame Freunde in Los Angeles kennengelernt, erzählt sie.

Ihre Welt habe sich von einem Tag auf den anderen komplett geändert, plötzlich lauerten ihr Paparazzi auf. "Es war eine lustige Zeit, aber wir hatten noch so viel vor uns, eine Beziehung war einfach zu viel. Wir waren beide 21 und auf dem Höhepunkt unserer Karrieren." Mit 21 auf dem beruflichen Höhepunkt? Solche Sätzen sagen nur Spitzensportlerinnen oder Models.

Im Mai 2019 bei den Filmfestspielen in Cannes.
Foto: APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI

Vorbilder

Leopolds Vorbilder sind Kolleginnen, die es geschafft haben, lange in einem Geschäft zu überleben, das eine kurze Halbwertszeit hat. Etwa das britische Model Rosie Huntington, das auch als Schauspielerin Erfahrungen gesammelt hat, die Supermodel-Ikone Cindy Crawford ("Ich habe meinen 21. Geburtstag bei ihr verbracht") oder die deutsche Wunderwaffe Heidi Klum, die mit TV-Shows ein Imperium aufgebaut hat.

"Sie hatten Riesenkarrieren und sind sich trotzdem treu geblieben. Und sie haben zusätzlich ein Business gestartet." Leopold schätzt Frauen, die mehr machen, als nur zu modeln. Sie selbst bastelt gerade an einem Podcast, möchte jungen Models helfen, ein besseres Selbstbild zu entwickeln. Also alles, was gerade angesagt ist in ihrer Branche.

Zeitlos und klassisch

Nadine Leopold entspricht nicht unbedingt dem aktuellen Zeitgeist. Gerade sind eher egdy Typen gefragt und nicht klassische Gesichter wie das der Kärntnerin. Wahrscheinlich ist es aber dadurch leichter, nicht so schnell wieder unmodern zu werden, wandelbarer und offen zu bleiben. Eben weil man kein schräger Typ ist.

Ein Kurztrip in die Heimat: Nadine Leopold kam zum Opernball nach Wien.
Foto: Starpix für Aigner

"Sie ist zeitlos und klassisch – und trotzdem frisch und modern. Genau das macht ein ‚long-term face‘ aus", sagt Christian Alexander Beck, der Kreativdirektor des Labels Aigner, das Leopold zum Opernball in ein eisblaues Kleid gesteckt hat.

Instagram-Follower sind im Modebusiness die neue Währung, deshalb haben es Kinder von Promis viel leichter, überhaupt einen Job zu bekommen. Für einen No-Name hat Leopold erstaunliche viele Fans in den sozialen Medien (mehr als 775.000 auf Instagram).

"Eigentlich ist mir das eher so passiert", gesteht sie: "Vor fünf, sechs Jahren war das ein Hobby, heute gehört es zum Modeljob dazu. Ich fand Instagram anfangs eher nervig, bis ich begonnen habe, persönlichere Sachen zu teilen. Ich kann Leuten zeigen, wer ich wirklich bin, was meine Meinung ist."

Ihr Opernball-Debüt war nur ein Kurztrip in ihre Heimat. Am nächsten Morgen hat sie um vier Uhr in der Früh ein Taxi zum Flughafen gebracht: "Ich bin einen Tag in London, dann für zwei Tage für einen Job in der Karibik, dann kurz zurück, um danach nach Barcelona zu fliegen."

Man muss sich als Model daran gewöhnen, ständig allein zu reisen. "Jetlag habe ich schon lange keinen mehr", sagt sie: "Ich schlafe in jeder Pose und überall." Und dann erzählt sie, dass ihr Heimweh im Moment extrem schlimm ist.

Sie hat einen zweiten kleinen Hund angeschafft, auf den ihr Freund aufpasst, wenn sie reisen muss. "Eigentlich eine Fulltime-Aufgabe!", sagt sie. Zum Glück hat sie Energie für mindestens zwei Jobs. Obwohl sie schon 26 ist. (Karin Cerny, RONDO, 6.3.2020)