Die Leistungsschau des deutschen Handwerks fällt heuer aus.

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Wien – Von heute auf morgen ist alles anders. So geht es derzeit ganzen Wirtschaftszweigen. Im Bemühen um eine Eindämmung der Epidemie fallen mehr und mehr Großveranstaltungen aus – quasi in letzter Minute.

Die Zahl der kurzfristig cecancelten Großevents erfasst die unterschiedlichsten Branchen. In München wird die wichtigste Leistungsschau des deutschen Handwerks, die Internationale Handwerksmesse (IHM) abgesagt. Ursprünglich wollten die Veranstalter die Traditionsveranstaltung, die vom 11. bis 15. März hätte stattfinden sollte, nicht platzen lassen, auch wenn sie mit weniger Besuchern rechneten und bereits erste Aussteller abgewinkt hatten. Anstelle des kompletten Ausfalls waren verstärkte Hygienemaßnahmen geplant. Staatsregierung und Behörden hatten jedoch Bedenken. Aus den selben Gründen entfällt in Bonn der Cyber Security Tech Summit am 11. März. Davor wurden bereits die weltgrößte Reisemesse, die ITB in Berlin, die Sterneverleihung des Guide Michelin in Hamburg oder das Cybersicherheitstreffen Command Control in München gestrichen.

In Deutschland wurde am Dienstag die Leipziger Buchmesse für 2020 gestrichen.
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In Frankreich entschieden die Behörden, die 45. Ausgabe des Salon mondial du tourisme – geplant vom 12. bis 15. März in Paris nicht stattfinden zu lassen. Die französische Regierung hatte angesichts der zunehmenden Ausbreitung des Virus Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen verboten. In den vergangenen Wochen wurde bereits der Genfer Automobilsalon und der World Mobile Congress in Barcelona gestrichen. Es fänden sich noch andere Events, die Corona-bedingt ausfallen.

Einnahmenausfälle

Was das wirtschaftlich bedeutet, will sich noch gar niemand vorstellen. Man hofft darauf, dass der Spuk bald vorüber ist, dass spätere Termine gefunden werden. Derzeit kursieren allenfalls Schätzungen, was jetzt schon an Schaden angerichtet ist.

Allein die Absage der Münchner Handwerksmesse, mit 1000 Ausstellern aus 60 Ländern und 100.000 Besuchern die wichtigste Leistungsschau des deutschen Handwerks, dürfte den Münchner Hoteliers und Gastronomen Einnahmenausfälle in Millionenhöhe bescheren. Doch wer kommt für bereits entstandene Kosten auf? Die Österreich Werbung (ÖW) beschäftigt sich gerade mit dieser Frage aufgrund der Absage der ITB in Berlin. Die ÖW hat 450.000 Euro für den Messestand, den man mit 69 Partnern bespielen wollte, investiert. Nicht eingerechnet sind Hotelkosten und -flüge.

Eine Folge davon: Die Reiseveranstalter zittern um ihr Geschäft. Buchungszahlen vom Februar lägen noch nicht vor, erklärte eine Sprecherin des Deutschen Reiseverbands (DRV). Mit Rückgängen sei aber zu rechnen. Viele Reiseveranstalter hätten deswegen Stornierungsregeln gelockert. "Das soll den Kunden Sicherheit geben, dass sie bei einem Veranstalter deutlich besser abgesichert sind."

Entschädigungsfrage

An anderer Stelle herrscht indes wenig Sicherheit. Denn ob Aussteller eine Entschädigung erhalten, ist noch offen. "Die privatrechtlichen Verträge der jeweiligen Betreiber oder Aussteller können unterschiedliche Regelungen beinhalten. Deshalb ist es wichtig, sich das jetzt genau anzusehen", sagte eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministers der dpa.

Genau das macht derzeit die Österreich Werbung. Mit Klarheit rechnet man nicht vor Ende der Woche. Mit den Veranstaltern, die für solche Fälle versichert sind, wird man sich wohl einigen. Selbst wenn sich ein Veranstalter auf den Passus "höhere Gewalt" berufen könnte, um Entschädigungen zu vermeiden, wird man Lösungen suchen, will man doch, dass Aussteller wiederkommen.

Automesse in Genf

Dass solche abgesagten Großevents zu einem teuren Abenteuer werden können, zeigt die Automesse in Genf. Messestände waren bestellt, Hotels und Flüge gebucht, Agenturen engagiert, die Auftritte und Events für Kunden geplant und organisiert haben. BMW, Ferrari, Daimler, VW, Toyota und andere bleiben wohl auf den Genfer Rechnungen sitzen.

Addiert man die Kosten, kommt man nach Einschätzung des deutschen Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer auf einen Gesamtverlust von mehr als 100 Millionen Euro. Die Messegesellschaft könnte den Betroffenen allenfalls bei Standgebühren entgegenkommen. Aus den meisten Hotelverträgen kommt man indes schwer heraus, außer Juristen fechten eine Stornierung wegen höherer Gewalt erfolgreich durch. (rebu, 4.3.2020)