Die Klubobleute der Regierungsparteien – Sigrid Maurer (Grüne) und August Wöginger (ÖVP) – dürften angesichts der VfGH-Entscheidung nicht besonders glücklich sein.

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Der Verfassungsgerichtshof hat wieder einmal dazu beigetragen, dass Österreich ein Stück demokratischer wurde. Das Höchstgericht stellte sich in der Frage der möglichen U-Ausschuss-Themen zu hundert Prozent auf die Seite von SPÖ und Neos. Dass ÖVP und Grüne gewisse Untersuchungsgegenstände per Geschäftsordnungsausschuss blockieren wollten, sei klar "rechtswidrig", heißt es in der Entscheidung. Die Grünen tun nun so, als würden sie über "Rechtssicherheit" in dieser "bislang ungeklärten Frage" jubeln, einige Abgeordnete dürften insgeheim sogar darüber froh sein, dass auch Postenschacher abseits der Casinos und die Ibiza-Ermittlungen an sich untersucht werden dürfen.

Aber man darf sich nicht auf diesen Dreh einlassen. Es war völlig unnötig, das Höchstgericht in diese Frage zu involvieren. Die ÖVP hätte akzeptieren können, dass SPÖ und Neos breit das Regierungshandeln von Türkis-Blau unter die Lupe nehmen; immerhin war Kanzler Sebastian Kurz ja laut seinen eigenen Aussagen selbst vom Ibiza-Video geschockt worden.

Das Ibiza-Video als Klammer für eine Reihe von Untersuchungsthemen zu nehmen war eine wohlbegründete Entscheidung. Es war ja nicht so, als hätten SPÖ und Neos willkürlich entschieden, sämtliche Entscheidungen von Ministerium X und Ministerium Y zu durchleuchten und dazu noch irgendeinen Kriminalfall, sondern es gab eine klare Begründung für die gewählten Untersuchungsthemen. Die übrigens in den vergangenen Tagen bestärkt wurde, laufen nun ja auch Ermittlungen gegen Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ), es gilt die Unschuldsvermutung. Wäre die türkis-grüne Blockade durchgegangen, hätte man diesen Fall nicht parlamentarisch aufklären können.

Grüne als willfährige Assistenten

Man darf zwar nicht vergessen, dass hauptsächlich die ÖVP für das Verhindern von parlamentarischer Aufklärung stand (man denke etwa an den Hypo-U-Ausschuss) – dass die Grünen den willfährigen Assistenten dafür gegeben haben, ist aber besonders peinlich. Immerhin tut die ÖVP nur in Ansätzen so, als stünde sie für umfassende Transparenz und Aufklärung, während sich die Grünen das groß auf die Fahnen geheftet haben.

Hochrangige Grüne verweisen darauf, dass ihre Argumente inhaltlich gar nicht vom VfGH untersucht wurden – und sie verweisen auf die Mehrheitsverhältnisse dort. Sie beharren also weiter darauf, dass ihre "Rechtsansicht" die richtige wäre, selbst wenn der VfGH darauf gar nicht eingehen wollte. In dieser Frage erlauben sie sich also nicht einmal eine "Privatmeinung", die sie der "Koalitionsräson" unterordnen – wie zum Beispiel Werner Kogler bei der Flüchtlingsrettung. Vielleicht glauben sie ja selbst, dass es ihnen um den Kampf für Rechtssicherheit geht und dass sie nicht dabei mitgemacht haben, Minderheitenrechte im Parlament zu beschneiden. Bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des VfGH hier eine Phase der grünen Selbstreflexion auslöst. (Fabian Schmid, 4.3.2020)