Geeint in Sachen U-Ausschuss: Krainer, Rendi-Wagner (SPÖ), Meinl-Reisinger, Krisper (Neos).

Foto: APA / Hans Punz

Der Jubel der Opposition über den Entscheid des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) war heftig, währte aber nur kurz. Das Höchstgericht gab am Abend zuvor der Beschwerde von SPÖ und Neos gegen die von Türkis-Grün vorgebrachten Einschränkungen des Ibiza-U-Ausschusses recht. Den untersuchten Gegenstand nach Belieben zu verändern sei rechtswidrig. Nun dürfen die Postenbestellungen bei der Casinos AG und abseits davon eine Beeinflussung bei der Gesetzesfindung sowie die Ibiza-Ermittlungen geprüft werden.

Die Freude verging den beiden Fraktionen allerdings wieder, als sie im Laufe des Mittwochs einen Terminplan aus der Parlamentsdirektion, der Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Parlamentspräsident vorsteht, für den Ibiza-U-Ausschuss erhielten. Dieser liegt dem STANDARD vor. Vorgesehen sind nur 21 Termine von Ende April bis Mitte Dezember. Die Opposition ortet die nächste Blockadetaktik der türkis-grünen Regierung.

Zum Vergleich: Der letzte Durchgang des Eurofighter-U-Ausschusses kam auf 29 Termine, die Untersuchung der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) auf insgesamt 44.

"Noch alles offen"

Ein Sprecher des Parlaments versucht zu beschwichtigten. Karl-Heinz Grundböck betont, dass die Termine nur "ein Vorschlag" seien und mit den Parteien noch abgestimmt werden sollen. Wenn sich herausstellt, dass mehr Zeit benötigt wird, könne jederzeit terminlich nachjustiert werden. "Das ist noch alles offen und nichts beschlossen."

Am Vormittag war die Opposition in Jubelstimmung. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, der rote Fraktionsvorsitzende im U-Ausschuss Jan Krainer, Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und die pinke Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper verloren sich im Pathos. Für Rendi-Wagner war es "ein guter Tag für die Demokratie, Transparenz und Kontrolle". Meinl-Reisinger sprach von einem "guten Urteil" für Rechtsstaat und Parlamentarismus – im Bezug auf die Minderheitenrechte der Opposition. Der VfGH habe bestätigt, dass der U-Ausschuss inhaltlich rechtskonform konzipiert wurde.

So klar ist das aber nicht: Dass der U-Ausschuss in seiner Breite stimmig ist, lässt sich nicht sagen. Der Entscheid des VfGH bezog sich nur darauf, dass die Regierung den Untersuchungsgegenstand der Minderheit im Geschäftsordnungsausschuss nicht nach Belieben verändern kann. Die Frage, ob der Fokus eng genug definiert ist, wurde vom Höchstgericht in diesem Fall weder analysiert noch beantwortet. Dafür hätte die Regierung den gesamten Oppositionsantrag ablehnen und vor den VfGH bringen müssen.

Drittes Stoppschild für Kurz

Die Fraktionsvertreter kündigten am Mittwoch an, besonderes Augenmerk auf die "Machenschaften" der Volkspartei legen zu wollen. Krainer betonte, dass er sich all jene Teile ansehen möchte, die von der ÖVP hätten verhindert werden sollen. Er nennt das Thema Großspender: Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sei hier zwar "vollmundig" gewesen, doch die ÖVP hätte viel mehr an Spenden bekommen. Als Beispiel dafür nannte er Klaus Ortner, der mit seiner Tochter Iris in der Geschäftsführung der Familienholding IGÖ sitzt. Diese war Großspender für die ÖVP, Iris Ortner wurde von Türkis-Blau in den Aufsichtsrat der Österreichischen Beteiligungs AG (Öbag) geholt – ein Zusammenhang wird von Ortner bestritten.

SPÖ und Neos forderten insbesondere die Grünen dazu auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Es sei "nicht so realitätsfremd", dass die ÖVP gegen Aufklärung der Causen während ihrer Regierungszeit sei, sagte Meinl-Reisinger. Dass die Grünen "den Deckel draufhielten", sei weniger logisch.

Rendi-Wagner riet Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sich zu seinem Verfassungsverständnis Gedanken zu machen. Es sei das dritte Mal, dass der VfGH seiner Politik ein Stoppschild aufgestellt habe – nach Überwachungspaket und Mindestsicherung. Die versuchte Verzögerung zeige Wirkung, erklärte Krisper. Akten zum Ibiza-Verfahren könnten erst jetzt geliefert werden. Bisher war der U-Ausschuss auf die Casinos-Postenschacher-Affäre beschränkt. (Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, Laurin Lorenz, 5.3.2020)