Eine Studie der Medizinischen Uni Graz, zeigt, dass nur zwei Prozent der Medizinanfänger sich sicher sind, Hausarzt werden zu wollen.

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Bessere Karrierechancen, mehr Gehalt und die Möglichkeit, sein Wissen speziell zu vertiefen: Unter anderem darum finden es Medizinstudierende interessanter, später Facharzt zu werden als Allgemeinarzt. Auch Zeitstress oder fehlendes Wissen zur eigenen Praxis halten sie davon ab, Hausarzt zu werden.

Das zeigt eine Studie der Medizinischen Uni Graz, bei der rund 1700 Medizinstudierende befragt wurden. Nur zwei Prozent sind sich sicher, Hausarzt zu werden, für mehr als die Hälfte ist es denkbar, diesen oder einen anderen Weg einzuschlagen.

Dabei hat man als Hausarzt gute Jobchancen: Der Mangel ist in diesem Bereich am größten. Im Vorjahr stiegen die unbesetzten Stellen um 40 Prozent, zeigen die Zahlen der Ärztekammer. Und künftig dürften es laut Med-Uni Graz noch mehr werden: Um den Status quo zu halten, müssten zwischen 2020 und 2030 jährlich mindestens 150 bis 200 Stellen nachbesetzt werden. 2019 sind mit schätzungsweise rund 400 Studierenden halb so viele zur Allgemeinarzt-Prüfung angetreten wie noch 2015.

"Nicht ausreichend"

Die Regierung will nun den Beruf attraktivieren und die Allgemeinmedizin zur Facharztausbildung machen. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch ist Professorin für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung an der Med-Uni Graz und leitet dort das gleichnamige Institut. Sie ist Sprecherin der Ögam-Plattform Lehre Allgemeinmedizin der Med-Unis. Sie begrüße die Gleichstellung, die Meinungen seien aber gespalten: "Das war überfällig, das ist fast überall in Europa so."

Das allein reiche nicht aus: Das Studium sei sehr "kliniklastig". Wenn Studierende Inhalte der Allgemeinmedizin hörten, hätten sie "meist schon andere Präferenzen, da sie die meiste Zeit in Spitälern verbringen", sagt die Professorin. Analysen würden zeigen: Je früher man mit dem Fach und Praktikern konfrontiert werde, desto eher ergreife man den Job. Die Allgemeinmedizin sollte vom ersten Semester an vorkommen.

Verpflichtende Lehrpraxis

Die Med-Unis Graz, Wien, Linz, Krems, Innsbruck und Salzburg erhoffen sich, mit der Plattform die Allgemeinmedizin in der Lehre zu stärken. Seit Mitte 2018 ist die Lehrpraxis für angehende Hausärzte verpflichtend. In Graz ist ein Praktikum bei einem Hausarzt Pflicht, und dieses Sommersemester gibt es ein freies Wahlfach. Zudem werden die Studierenden auf die Niederlassung vorbereitet. Auch ab diesem Semester können Innsbrucker Studierende etwa ihre soziale Fähigkeit in der Allgemeinmedizin stärken.

In Wien kann man im Klinisch-Praktischen Jahr mit dem Programm "Exzellenz Allgemeinmedizin" in einer Lehrordination als Assistenz arbeiten. Ab dem Wintersemester gibt es dieses auch in Krems. Studierende bewerteten in der Ärztekammer-Evaluierung die Lehrordinationen besonders gut. Die allgemeinmedizinische Ausbildung erhielt 2019 die Note 2,5. (Selina Thaler, 10.3.2020)