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Graz – Eine Radfahrerin angefahren, mit einem Stock geschlagen, die Wunden versorgt, in eiskaltem Wasser untergetaucht, ein Kipferl verabreicht – und dann samt Rad wieder abgeliefert: Für diese teils brutalen, teils wirren Taten ist ein 34-Jähriger am Donnerstag am Grazer Straflandesgericht zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Im Juli 2019 war eine Steirerin am Nachmittag mit ihrem Rennrad unterwegs, als sie in der Nähe von Kumberg (Bezirk Graz-Umgebung) von einem Auto angefahren wurde. Sie stürzte, der Fahrer stieg aus – und schlug mit einem Stock auf sie ein. Dann trug er die völlig überraschte Frau in sein Auto, fesselte sie und brachte sie zu sich nach Hause. Dort zog er die Verletzte nackt aus, erzwang dann aber keine sexuellen Handlungen – obwohl er dies laut eigenen Aussagen ursprünglich wollte.

In die Badewanne gezwungen

Stattdessen nötigte der Angeklagte die Frau, sich in die Badewanne zu setzten, "weil sie ganz dreckig war", wie er erklärte. Dort tauchte er die Frau zweimal unter. Dann legte er sie in sein Bett und sich gleich dazu: "Wir haben geredet. Sie hat meine Orchideen schön gefunden. Dann hat sie von ihrem Sohn erzählt", schilderte der Angeklagte. Schließlich habe man sich darauf geeinigt, den Vorfall als Unfall darzustellen, und der 34-Jährige brachte die Frau nach Hause. Mittlerweile lief bereits seit Stunden eine Suchaktion, weil der Lebensgefährte der Radlerin die Polizei verständigt hatte.

Verteidiger Bernhard Lehofer beleuchtete das Privatleben seines Mandanten: Vom Arbeitgeber hoch geschätzt, lebte der Steirer immer sehr zurückgezogen auf dem von den Großeltern geerbten Anwesen. Er hielt viele Tiere, hatte aber kaum Kontakt zu Frauen. "Er hat eine starke Sehnsucht aufgebaut zu reden", meinte der Anwalt, "aber natürlich wollte er auch sexuelle Dinge". Staatsanwältin Gertraud Pichler war überzeugt vom "planvollen Vorgehen" des Mannes, der ihrer Meinung nach die Frau mit Absicht angefahren hatte.

Emotionsloser Angeklagter

Der Angeklagte machte keine Versuche, etwas zu leugnen, sondern schilderte eher emotionslos, wie alles abgelaufen war. Er habe die Frau zuhause "in einen Kasten getan", während er ihr Rad in den Keller brachte. In diesem dunklen Wandschrank verlor sie dann das Bewusstsein. Zwischendurch habe er versucht, ihr Wein einzuflößen, doch sie habe nur ganz wenig getrunken. Ein Kipferl habe sie genommen. Zuletzt habe er ihr sogar seine Telefonnummer gegeben, weil sie versprochen hätte, ihm bei der Suche nach Freunden behilflich zu sein.

Der psychiatrische Sachverständige bescheinigte dem 34-Jährigen eine "leichte Intelligenzminderung" sowie eine "schizoide Persönlichkeitsstörung". Er mache "einen mechanischen Gesamteindruck" und sei "nahezu sozial isoliert". Die Zukunftsprognose war alles andere als rosig: Es sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen, dass der Beschuldigte weitere Gewalttaten verüben würde. Das Opfer, das nicht anwesend war, soll immer noch unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden.

Eingewiesen

In seinem Schlussplädoyer meint der Verteidiger, sein Mandant habe "aus Einsamkeit heraus" gehandelt. Der Schöffensenat verurteilte den 34-Jährigen wegen Freiheitsentziehung, absichtlicher schwerer Körperverletzung, schwerer Nötigung und Anstiftung zu einer falschen Beweisaussage. Er wurde außerdem in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil laut Sachverständigem zu befürchten ist, dass er ohne die damit gewährleisteten therapeutischen Begleitmaßnahmen weiterhin eine Gefahr für seine Umwelt wäre. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (APA, 5.3.2020)