Wenn Regierung und Sozialpartner eigens zum Thema Coronavirus zusammenkommen und hernach die Öffentlichkeit informieren, lauschen Interessierte aufmerksam. So geschehen am Mittwoch, als Politgranden von Sebastian Kurz abwärts Maßnahmen zur Folgeneindämmung der Seuche vorstellten. Der Tenor vieler Beobachter nach der Präsentation: alter Wein in neuen Schläuchen – und davon viel zu wenig.

Der ÖVP-Chef hatte vor allem zwei Punkte im Fokus: Erstens stelle die Regierung Kurzarbeit zur Verfügung, und zweitens sollen betroffenen Unternehmen Kreditgarantien von zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Doch bei der Kurzarbeit schmückt sich der Regierungschef mit fremden Lorbeeren, ist das Instrument doch schon lange in Kraft.

Kurzarbeit längst in Kraft

Bei Kurzarbeit fängt das Arbeitsmarktservice einen Teil der Lohneinbußen ab, die auf die geringere Stundenzahl zurückgeht. So kann die Wochenarbeitszeit beispielsweise um 60 Prozent reduziert werden, das Gehalt schrumpft nur um zehn Prozent.

Derzeit praktizieren 21 Betriebe Kurzarbeit, wobei ein Teil davon im Zusammenhang mit der Flaute in der Autoindustrie steht. Betroffen waren Ende Februar laut AMS 1.746 Beschäftigte. Das Arbeitsmarktservice bestätigt, dass es keiner Änderungen bedarf, um Kurzarbeit als Folge des Coronavirus zu bewilligen.

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Hohe Tourismuseinbußen

Für heuer sind 20 Millionen Euro budgetiert. Erfahrungsgemäß können die Mittel rasch aufgestockt werden, sollte es notwendig sein. Das hat vor allem nach Ausbruch der Finanzkrise gut funktioniert, gilt doch die Kurzarbeit als geeignete Maßnahme, um Personalabbau zu verhindern.

Gut besuchte Kongresse wie im Wiener Austria Center werden zusehends selten.
Foto: HO

Auch mit den angekündigten Kredithilfen gewinnt die Regierung keinen Blumentopf. Die zehn Millionen an Kredithilfen gelten als ziemlich mickrig. Da liege der Einnahmenausfall durch den Radiologenkongress höher, und der treffe nur Wiener Hotels an fünf Tagen, meint dazu die Hoteliervereinigung. "In Wahrheit braucht es eine Tourismusmilliarde," sagt Michaela Reitterer, Präsidentin des Verbands.

Stornos und Buchungsflaute

Einzelne Mitglieder unterstreichen das: "Derzeit werden faktisch alle Firmenbuchungen und Essen storniert. Das ist eine Katastrophe für den Tourismus", sagt Christian Harisch (unter anderem Schwarzer Adler in Kitzbühel, Lanserhof-Gruppe). Er bezeichnet die Virusfolgen als drohende Flut, für die sich Österreich rechtzeitig mit der Errichtung von Dämmen wappnen müsse. Reitterer sieht das ähnlich: "Zehn Millionen Euro, noch dazu als Garantie, können keine Milliardenschäden vom Standort abwehren."

Michaela Reitterer von der Hoteliervereinigung befürchtet einen Milliardenschaden.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Ob da nicht etwas Zweckpessimismus einfließt, um Förderungen zu erhalten? Reitterer begegnet dem Vorwurf mit einer Umfrage unter den Mitgliedern des Verbands. Ein Drittel habe angegeben, dass der Mitarbeiterstand nicht zu halten sei. Das wiederum sei die Folge der verschlechterten Buchungslage und der erhöhten Storni. Auf 97.300 Euro summiere sich der Umsatzrückgang bereits pro Betrieb, was laut der Befragung einem sprunghaften Ansprung im Vergleich zur Vorwoche entspricht.

AWS nicht zuständig

Was die Touristiker noch gar nicht wissen können: Selbst an den dürftigen zehn Millionen an Kredithilfen werden sie nicht partizipieren. Laut Auskunft des Wirtschaftsministeriums werden die Garantien von der Förderungseinrichtung Austria Wirtschaftsservice (AWS) vergeben. Sie hat aber im Bereich Tourismus gar keine Befugnisse, hier müsste die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger aktiv werden. Und was sagt sie? Derzeit werde der Einnahmenrückgang erhoben. Maßnahmen zur Unterstützung würden gerade ausgearbeitet. (Andreas Schnauder, 6.3.2020)