In der Zentrale der Wiener Stadtwerke liefen zuletzt die Telefone heiß. Nun ist der Deal zum Einstieg bei EVN fixiert.

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Am Ende lief alles ganz schnell. Der Aufsichtsrat der Energie Baden-Württemberg (EnBW) hatte dem Verkauf der EVN-Beteiligung bereits zugestimmt. Donnerstagmittag war man dann auch in Wien so weit, die Gerüchte zu bestätigen.

Die Wiener Stadtwerke übernehmen vorbehaltlich der Zustimmung der österreichischen und deutschen Wettbewerbsbehörden die 28,35 Prozent an der EVN, die bisher von EnBW gehalten wurden. Zum Kaufpreis wollte man keine Angaben machen, es sei Stillschweigen vereinbart worden.

Dennoch dürfte die kolportierte Summe von 780 Millionen Euro nicht ganz aus der Luft gegriffen sein, wenn man den Aktienkurs und einen Paketzuschlag mit einrechnet. Bereits am Mittwoch hat das EVN-Papier einen kräftigen Kursgewinn verzeichnet und notierte teilweise bei mehr als 16 Euro je Aktie. Etwas über 17 Euro je Aktie dürften sich die Stadtwerke den Einstieg bei EVN kosten lassen. Genau wissen wird man das freilich erst kommendes Jahr bei Vorlage des Geschäftsberichts für 2020. Am Donnerstag verlor das EVN-Papier in einem insgesamt schwachen Markt Teile der Vortagsgewinne.

Suche nach Rendite

Die Stadtwerke, unter deren Dach sich neben der Wien Energie auch die Wiener Linien, die Bestattung und andere Betriebe befinden, spricht von einer Finanzinvestition, keiner strategischen Beteiligung an EVN. Man sei auf der Suche nach einer interessanten Rendite gewesen, nicht zuletzt zur Absicherung der milliardenschweren Pensionsrückstellungen im Unternehmen, hieß es. Die EVN verspreche eine solche zu sein. Die Aufbringung der Kaufsumme sei kein Problem. Man habe ausreichend Liquidität und verfüge über eine ausgezeichnete Bonität.

Bis der Deal über die Bühne gegangen ist, dürften jedenfalls noch einige Monate vergehen. Der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, Theodor Thanner, wird sich die geplante Konstruktion jedenfalls genau anschauen, wie er am Donnerstag dem STANDARD sagte. Auch das deutsche Bundeskartellamt wird sich der Sache annehmen.

Viel Erfahrung mit EVN

Für die Stadtwerke wäre der Einstieg bei EVN ein Novum und eine Gewohnheit zugleich. Erstmals seit dem Einstieg beim Verbund, an dem die Stadtwerke gemeinsam mehr als 25 Prozent und damit die Sperrminorität halten, wären die Wiener substanziell an einem fremden Unternehmen beteiligt. Obwohl – so fremd ist die EVN den Wiener Stadtwerken nicht, arbeiten sie doch seit rund 20 Jahren bereits im Vertrieb zusammen. An der Energie Allianz, wie die gemeinsame Vertriebsfirma für Strom und Gas heißt, sind auch die Burgenländer beteiligt.

Relativ sicher dürfte sein, dass die Wiener Stadtwerke einen Aufsichtsrat bei der EVN stellen werden, wie schon EnBW bisher. Die Energieversorger aus Baden-Württemberg haben 2001 in kleinem Stil EVN-Aktien gekauft und in der Folge ein größeres Paket von der steirischen Estag übernommen. Beide hatten zeitweilig einen gemeinsamen Großaktionär – die Eléctricité de France (EdF). EVN und EnBW wurden nie richtig warm miteinander, mit der Forderung nach mehr Mitspracherechten stießen die deutschen in Niederösterreich auf taube Ohren.

Kritik von Rathausopposition

Bei der EVN begrüßte man denn auch den Ausstieg von EnBW und dankte für die jahrelange gute Zusammenarbeit. Kritik am nun fixierten Deal kam von FPÖ und Neos. Letztere wiesen darauf hin, dass der Private Equity Fonds EQT, der Investitionsarm der Wallenberg-Familie aus Schweden, sehr an den EVN-Anteilen von EnBW interessiert gewesen sei. Niederösterreich wollte davon nichts wissen und habe die Wiener zum Handeln motiviert. (Günther Strobl, 6.3.2020)