Flybe kränkelte seit langem, die Luft wird auch für andere dünn.

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Wien – Das erste Firmenopfer des Coronavirus stellt die Industrie- und Regionalpolitik der britischen Regierung auf die Probe: Europas größte Regionalfluglinie Flybe musste am Donnerstag Insolvenz anmelden. Das im westenglischen Exeter ansässige Unternehmen beschäftigte zuletzt 2400 Mitarbeiter; mehr als die Hälfte erhielten vom Konkursverwalter EY umgehend die Kündigung. Man habe alles zur Rettung versucht, teilte Verkehrsminister Grant Shapps mit, die Auswirkungen der Corona-Pandemie hätten Flybe aber den Rest gegeben: "Leider konnte eine ohnehin schwache Firma nicht überleben."

Tatsächlich kränkelte Flybe seit langem. Auch die Übernahme durch ein Konsortium aus Virgin Atlantic, der Transportfirma Stobart und dem Finanzinvestor Cyrus Capital brachte im vergangenen Jahr keine Belebung; es gab sogar Anzeichen dafür, dass die neuen Eigentümer das Unternehmen durch zusätzliche Schuldenaufnahme belasteten.

Widerstand von der Konkurrenz

Als die Regierung im Januar eine Kapitalspritze erwog, erhob sich umgehend Widerstand von der Konkurrenz; British Airways strengte sogar ein Verfahren wegen unzulässiger Subventionen an. Zuletzt hoffte das Flybe-Management auf eine Kürzung der Flugsteuer im Haushalt, den der neue Finanzminister Rishi Sunak kommende Woche vorlegt, sowie auf einen staatlichen Überbrückungskredit von umgerechnet 115 Mio Euro/123 Mio Franken. Dieser blieb ebenso aus wie ausreichend Buchungen für die kommenden Wochen – Folge der weitreichenden Verunsicherung durch das Coronavirus.

Flybe beförderte zuletzt rund 9 Millionen Passagiere jährlich und bediente 81 Destinationen im Vereinigten Königreich und im Rest Europas. Regionale Flughäfen wie Exeter oder Southampton an der englischen Südküste mit Verbindungen auf die Kanalinseln Jersey und Guernsey) stehen vor dem Ruin, falls sie ihren mit Abstand wichtigsten Kunden nicht ersetzen können. Flybe war bisher beispielsweise für 90 Prozent aller Flüge von Southampton und 80 Prozent der Flüge vom Belfast City Airport in Nordirland verantwortlich.

Dessen Leiter Brian Ambrose sprach in fabelhaftem Understatement von "einem schwierigen Tag"; immerhin hätten aber andere Airlines Interesse an einer Übernahme der Flybe-Routen von Belfast in die irische Republik und nach Grossbritannien gezeigt. Voraussetzung dafür dürfte eine Subventionierung durch die Regierung in London sein. Darauf drängen Regionalpolitiker wie Gavin Robinson von der unionistischen DUP, der den Osten Belfasts im Unterhaus vertritt. Premierminister Boris Johnson hatte die Wahl im Dezember mit dem Versprechen gewonnen, wirtschaftlich schwache Regionen des Landes gezielt zu fördern.

Täglich neue Herausforderungen

Die Corona-Krise stellt die gesamte Airline-Branche täglich vor neue Herausforderungen. Im Bemühen um eine Eindämmung der Epidemie fallen immer mehr Großveranstaltungen aus, Touristen nehmen von ihren Reiseplänen Abstand. Viele Flughäfen und Fluggesellschaften trifft das mit voller Wucht. Letztere dünnen ihr Flugangebot notgedrungen immer mehr aus. Der Flughafen Wien verzeichnete alleine am vergangenen Montag einen Passagierrückgang von knapp 16 Prozent und spricht von "deutlichen Einbrüchen" beim Flugverkehr. In den Tagen davor lagen die Rückgänge jeweils bei rund zehn Prozent.

Die ungarische Billigairline Wizzair etwa streicht aus aktuellem Anlass ebenso Israel-Flüge ab Wien wie die AUA. Auch die Mutter Lufthansa und die AUA-Schwester Swiss nehmen ihre Israel-Verbindungen mit Sonntag bis 28. März aufgrund der Einreisebeschränkungen Israels vorübergehend aus dem Programm. Der letzte AUA-Flug geht am Samstag.

AUA prüft weitere Maßnahmen

Bei der AUA wird derzeit in Arbeitsgruppen darüber getüftelt, ob man mit dem bereits vor gut einer Woche angekündigten Corona-bedingten Sparprogramm durchkommen wird. Erst am Mittwoch wurde das Flugprogramm erneut reduziert, das zweite Mal innerhalb weniger Tage. Insgesamt soll der Flugplan im März um rund ein Fünftel reduziert werden. Spitzt sich die Lage auch in den USA zu, könnte sich das rasch ändern.

Das Angebot, das die AUA den Mitarbeitern gemacht hat, werde angenommen, heißt es auf Anfrage. Rund 150 bis 200 Mitarbeiter in der Technik, beim Bord- und Bodenpersonal haben keine Arbeit, weswegen die AUA hofft, dass möglichst viele freiwillig unbezahlten Urlaub nehmen oder das Angebot auf Blockteilzeit und Bildungskarenz nutzen. Der Betriebsrat unterstützt die Schritte.

Dass es dabei bleibt, ist unwahrscheinlich. Weitere temporäre Maßnahmen dürften in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden. Auch Kurzarbeit soll bei den Überlegungen eine Rolle spielen. (sbo, rebu, 5.3.2020)