Bei der Explosion starben die beiden Attentäter und ein Polizist, mehrere Menschen wurden verletzt.
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Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Polizeiposten in unmittelbarer Nähe zur US-Botschaft in der tunesischen Hauptstadt Tunis wurden am Freitag ein Polizeioffizier und die beiden Angreifer getötet. Vier weitere Beamte und eine Zivilistin wurden verletzt und befinden sich derzeit in stationärer Behandlung.

Nach Angaben des tunesischen Innenministeriums hätten die zwei auf einem Motorroller herangefahrenen Attentäter an dem Polizeiposten angehalten und daraufhin ihre Sprengstoffgürtel gezündet. Die Explosion in Les Berges du Lac II, einem Geschäfts- und Botschaftsviertel im Osten von Tunis, zerstörte ein neben dem Posten geparktes Polizeifahrzeug und war noch kilometerweit entfernt zu hören. Der getötete Offizier war noch schwer verletzt in ein nahe gelegenes Krankenhaus eingeliefert worden, erlag aber kurz darauf seinen Verletzungen.

Weiträumige Absperrungen

Die Behörden sperrten den Anschlagsort weiträumig ab, erhöhten umgehend die Polizeipräsenz auf den Straßen von Tunis und blockierten im Stadtzentrum den Zugang zu der mit zahlreichen Cafés gesäumten Prachtallee Avenue Bourguiba.

Nur wenige Stunden nach dem Anschlag bestätigte das Innenministerium überraschend schnell die Identitäten der beiden Attentäter: Beide seien 2014 wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden, hätten ihre Strafen aber bereits abgesessen, so der tunesische Radiosender Mosaique FM. Einer der beiden sei erst kürzlich aus der Haft entlassen worden, heißt es. Bei mehreren Razzien in dem nahe gelegenen Stadtviertel Le Kram, angeblich dem Wohnort eines der Attentäter, wurde nach offiziellen Angaben mindestens ein weiterer Verdächtiger verhaftet.

Zuletzt hatte es im Juli 2019 zwei offenbar koordinierte Anschläge auf tunesische Sicherheitskräfte in Tunis gegeben. Dabei wurde ein Polizist getötet, neun Menschen wurden verletzt. Die Terrormiliz des sogenannten "Islamischen Staats" (IS) hatte damals die Verantwortung für die Attacken übernommen und zählt auch dieses Mal zu den Hauptverdächtigen. Bekennerschreiben gibt es jedoch offenbar noch nicht.

Vermutlich eine Vergeltungsaktion

Über die Hintergründe des Anschlags und der Ortswahl wird weiterhin spekuliert. Zuletzt waren im kriegsgebeutelten Sahel-Staat Mali mehrere Anführer des IS und der Terrorgruppe Al-Kaida im Islamischen Magreb getötet worden. Die unmittelbare Nähe des heutigen Anschlagsorts zur US-Botschaft in Tunis nährt Vermutungen, es könnte sich um eine Vergeltungsaktion handeln. Derzeit ist eine Delegation des US-Außenministeriums zu Besuch in Tunesien, auf deren Agenda unter anderem ein Besuch auf einer am Mittwoch eröffneten Rüstungsmesse auf der südtunesischen Insel Djerba steht.

Die innen- und sicherheitspolitischen Folgen des Anschlags für Tunesien sind dabei nicht absehbar. Nach den Anschlägen von 2019 waren heftige Einbrüche in dem für Tunesiens Wirtschaft unverzichtbaren Tourismussektor zwar ausgeblieben, können aber heute keineswegs ausgeschlossen werden. Forderungen nach einem härteren Durchgreifen gegen verurteilte Extremisten dürften nach diesem jüngsten Anschlag abermals Auftrieb erhalten. (Sofian Philip Naceur aus Tunis, 6.3.2020)