Wie sieht es hinter den Kulissen wirklich aus? Am besten: Möglichst viel fragen, viel reden.

Foto: Klaus Ranger

Was ist der größte Fehler, den Unternehmen machen können, wenn es um die Attraktivität für engagierte, talentierte Leute geht? Definitiv viel versprechen und wenig halten. Beispiel Vereinbarkeit: Natürlich sagen alle, dass es ihnen ein Anliegen ist, dass Mitarbeiter Beruf und Privatleben gut unter einen Hut bringen können. Das ist nicht schwer: Eine gute Agentur oder intern fitte Leute zuständig für das sogenannte Employer-Branding rühren ohnehin die Werbetrommel dafür. Viele Unternehmen sind sogar mittlerweile als familienfreundlich zertifiziert.

Fein. Wenn dann allerdings Frauen und/oder Männer von der Führungskraft oder von Kollegen spitzmündig angeschaut werden, wenn sie um 16.00 Uhr die Firma verlassen, um ihre Kinder abzuholen, oder mit "echt, schon wieder nicht?" kommentiert werden, wenn sie das abendliche Meeting um 18.00 verlassen, dann hilft das alles nichts. Es geht nach hinten los. Weil versprochen wurde, was nicht eingehalten wird.

Oft landet der Frust auf den Bewertungsplattformen Kununu oder Glassdoor. Dort ist zwar auch mit kritischen Augen zu lesen, was gepostet wird, weil das Geschäftsmodell ist, dass Individuen bewerten, Sterne vergeben oder sich richtig aufregen können, Firmen allerdings zahlen müssen für Reaktionen oder Aktionen. Da steckt oft vieles dahinter. Trotzdem, auch die Wut und das Rauslassenmüssen haben ihre Gründe: Es stimmt etwas nicht.

Welcher Job ist gut?

Wie also entscheiden, welcher Job gut ist, wenn die Werbebotschaften gut formuliert sind und die Firma wirtschaftlich proper dasteht und ich niemanden intern kenne, den ich fragen könnte, wie es wirklich ist?

Jobsuchende haben aktuell wirklich Vorteile, weil Arbeitgeber eine Menge Anstrengungen unternehmen, sich zugänglich zu machen. Die beste Gelegenheit ist da nicht virtuell, sondern in der analogen Welt zu finden, auf Messen, auf Job-Days. Dort, wo Mitarbeitende der Firmen sich Gesprächen stellen.

"Radikal" macht das etwa die Universität Wien mit ihrer "Langen Nacht der Unternehmen" – geplant für kommenden Donnerstag, allerdings aus Sicherheitsgründen kurzfristig verschoben – im Wiener Rathaus. Dutzende Unternehmen öffnen die Türen, fast 1000 Studierende können mit Bussen direkt in die Firmen fahren und sich ansehen, wie und was dort ist, sich ein Bild machen.

Was will ich vom Job?

Voraussetzung ist natürlich immer, eine Prioritätenliste der eigenen Wünsche zu haben: Will ich Karriere machen, und brauche ich dazu ein stringentes Planungsmanagement von Auslandsstationen bis zur zeitweiligen Bereitschaft, wirklich reinzuhackeln und den Rest hintanzustellen? Geht es mir im künftigen Job weniger um Geld und Status, mehr um wirklich nette Kollegen und einen Beitrag, der für mich sinnvoll ist? Sind Gleichstellung, Barrierefreiheit und gelebte Diversität das, was mir wichtig ist? Will ich Menschen oder lieber weniger reden und mehr Excel-Listen? Will ich einen Job machen und dann freihaben ohne viel mehr?

Ganz ehrlich: Nichts ist besser oder schlechter, die individuellen Motive sollen nicht bewertet (schon gar nicht abgewertet), sondern nur herausgefunden werden. Dass sie sich im Verlauf des Arbeitslebens ändern, ist zudem sehr wahrscheinlich. Das ist gut und spannend, weil auf 40 Arbeitsjahre exakt zu planen – diese Gleichung wird sehr wahrscheinlich nicht aufgehen. Da kommt das Leben dazwischen und die eigene Entwicklung. (9.3.2020, kbau)

4Gamechangers verschoben

Wir im STANDARD kooperieren heuer mit der Puls-4-ATV-Gruppe beim Festival 4Gamechangers und veranstalten einen eigenen 4Jobs-Day.

Ursprünglich war 31. März bis 3. April dafür vorgesehen. Aufgrund des aktuellen Gesundheitsrisikos durch das Coronavirus wird das Festival auf 8. bis 11. September verschoben. Alle bisher gekauften Tickets behalten ihre Gültigkeit.

Lange Nacht der Unternehmen verschoben

Auch die für 12. März geplante Lange Nacht der Unternehmen wurde am Montag nachmittag kurzfristig verschoben. Ein Ersatztermin ist noch nicht fixiert.