In Österreichs Kinosälen wird in diesen Wochen viel gestaunt. Sabine Derflingers Dokumentation "Die Dohnal" zeigt Jüngeren, wie Frauenpolitik geht, und ruft Älteren in Erinnerung, wie zäh die heutigen Errungenschaften erkämpft werden mussten. Wie groß der Widerstand gegen die Forderungen von Österreichs erster Frauenministerin Johanna Dohnal (SPÖ) war. Und wie widerwärtig der Umgang mit Feministinnen, die schon vor vielen Jahrzehnten erkannt haben, worauf sich heute weite Teile der Gesellschaft einigen. Von der Kriminalisierung der Vergewaltigung in der Ehe bis hin zur Abschaffung des männlichen Familienoberhauptes.

Das war harte Arbeit. Und das ist es noch, denn von der uralten globalen Kultur der Abwertung von allem, was nicht männlich ist, erholt man sich nicht in wenigen Jahrzehnten. Vor zwanzig Jahren hatten Frauen um 40 Prozent weniger Bruttojahreseinkommen als Männer, heute sind es nur um etwa drei Prozentpunkte weniger. "Die Frauen bleiben halt öfter daheim", wie es oft heißt, statt das Kind beim Namen zu nennen: Frauen leisten die unbezahlte Arbeit. Auf dieser und vielen anderen Ebenen kommen wir kaum weiter. Doch die Politik fühlt sich heute offenbar dafür nicht mehr zuständig.

Frauenministern Susanne Raab folgt brav dem ÖVP-Kurs.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Die weitreichendsten Verbesserungen für Frauen passierten noch während der SPÖ-Alleinregierung zwischen 1971 und 1981. Die ÖVP stemmte sich damals gegen das neue Scheidungsrecht, die Fristenregelung und praktisch gegen jeden feministischen Vorstoß. Diesen Widerstand bekamen die Dohnal nachfolgenden SPÖ-Frauenministerinnen später in den rot-schwarzen Koalitionen zu spüren, in denen schon stark die frauenpolitische Bremse gezogen wurde. Und heute? Heute ist wirksame Gleichstellungspolitik praktisch inexistent.

Retrokurs

Die Frage, ob Konservative Gleichstellungspolitik können, ist daher mehr als berechtigt. Das Frauenministerium ist ja auch in ÖVP-Hand. Die Antwort darauf lieferte Türkis-Blau und jetzt auch Türkis-Grün deutlich: Nein. Können sie nicht. Im Grunde ist es keine Überraschung, dass das nicht zusammengeht. Konservative Parteien fahren gesellschaftspolitisch den Retrokurs, sie orientieren sich an der traditionellen Kernfamilie. Und die steht progressiver Frauenpolitik diametral entgegen. Und: Je weiter man nach rechts schaut, desto düsterer wird es für Frauen. Bei der FPÖ ist es schon seit Jahren Usus, nicht nur Feminismus, sondern sogar Gewaltschutzeinrichtungen wie Frauenhäuser als Familienzerstörungsprojekte zu diskreditieren. Patriarchat? Das gibt es nur bei "den anderen".

Die ÖVP reiht sich schon lange in diese rechtspopulistische Rhetorik ein, und die jetzige Frauenministern Susanne Raab folgt brav diesem Kurs. Der Rest ist maximal Inszenierung von Frauenpolitik. Die erste Aufstockung des Gleichstellungsbudgets seit zehn Jahren um zwei Millionen ist in etwa die Inflationsabgeltung und sicher keine "substanzielle Aufstockung" wie im türkis-grünen Regierungsprogramm angekündigt. Zwei Millionen davon sollen für "kulturell bedingte" Gewalt reserviert werden – und sie meint damit Betroffene mit Migrations- und Fluchthintergrund. "Wir" haben sowas natürlich nicht, eine patriarchale Kultur.

Die Zahlen über die genderspezifische Arbeitsteilung, Gewalt, sexualisierte Übergriffe und Pay-Gap sprechen eine andere Sprache. Doch das ist für die ÖVP-Frauenministerin kein Thema. (Beate Hausbichler, 8.3.2020)