Liv Strömquist, schwedische Bestsellerautorin mit Biss.

Foto: Avant-Verlag / Maja Flink

Sie sitzt in schwarzer Kleidung mit gespreizten Beinen auf einer Holzbank, neben ihr ein Maschinengewehr. Das Cover von Liv Strömquists Comic-Bestseller "Der Ursprungder Welt" ist eine ganz bewusste Anspielung auf Valie Exports Performance "Aktionshose Genitalpanik" von 1968 – nur dass Exports Hose im Schritt komplett offen war.

Genitalpanik könnte man auch nennen, was Strömquist, Schwedens derzeit lauteste feministische Stimme, mit ihren anarchischen Aufklärungscomics bei so manchem Zeitgenossen ausgelöst hat. Ausgerechnet der Philosoph und Parade-Linke Slavoj Žižek nannte Der Ursprung der Welt als Beispiel für die "unsexy" Entmystifizierung der weiblichen Geschlechtsorgane, die in einem Untergang der Erotik zu münden drohe.

Derartige Werbung hat Strömquist aber gar nicht nötig. Mit ihren krakeligen Comics, in denen sie die Kulturgeschichte der Vulva aufrollt und Mythen um Menstruation, romantische Liebe und Sexualität seziert, hat sie längst ein internationales Publikum erreicht. Dieser Tage erscheint mit Ich fühl’s nicht ihre vierte Graphic Novel auf Deutsch. Zudem ist sie Headlinerin des Nextcomic-Festivals, das kommende Woche in Linz startet.

"Viva la Vulva"-Welle

Mit ihren treffsicheren, bissigen und zugleich sachlich fundierten Cartoon-Analysen hat sie nicht nur den Nerv der "Viva la Vulva"-Welle getroffen, in der Frauen das weibliche Geschlecht von der Scham befreien wollen. Strömquist, 1978 in Lund geboren und studierte Politikwissenschafterin, versteht es, mit charmanter Leichtigkeit die Absurditäten einer heteronormativen Gesellschaft hervorzukitzeln, ebenso wie die Auswirkungen des Spätkapitalismus auf unser Beziehungsleben zu entlarven.

So schafft sie es, eine Verbindung herzustellen zwischen feministischer Theorie und dem Alltag junger Frauen im Zeitalter von Selbstoptimierung – nicht von ungefähr wird sie oft in einer Reihe mit feministischen Autorinnen wie Laurie Penny oder Margarete Stokowski genannt. Aufgewachsen in der Do-it-yourself-Szene der 90er-Jahre, brachte Strömquist mit Anfang 20 ihr erstes, von Punk und der Riot-Grrrl-Bewegung inspiriertes Comic-Fanzine heraus. Seither zeichnet sie für schwedische Zeitungen und Zeitschriften und arbeitet als Radio- und TV-Moderatorin. An Themen für weitere Comic-Bücher mangelt es ihr nicht: Wissenslücken über Ungleichheit hat sie noch einige aufzudecken. (Karin Krichmayr, 7./8.2020)