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Liebe Community,

das STANDARD-Forum ist mit rund elf Millionen Postings im Jahr 2019 die größte Diskursplattform im deutschsprachigen Raum. Neben den unzähligen konstruktiven und niveauvollen Diskussionen gibt es immer wieder Foren, die verstärkter Moderation bedürfen.

Einzelne Postings, die uns erreichen, wie unlängst ein xenophobes Postings, das zu einem Verhetzungsprozess geführt hat, werden gar nicht veröffentlicht. Das Forum bleibt von solchen Äußerungen verschont, der Poster hingegen musste die Konsequenzen seines Hasspostings tragen.

Wir möchten diesen Vorfall zum Anlass nehmen, unser Handeln und unser Vorgehen in solchen Fällen zu erklären und noch transparenter zu machen.

Verhetzung – was ist das?

Der Verhetzungsparagraf (im Wortlaut in der Infobox am Artikelende zitiert) wurde zuletzt am 1. Jänner 2016 nachgeschärft und unterscheidet in seiner aktuellen Form nicht mehr zwischen verhetzenden Inhalten in gedruckter oder digitaler Form. Der Paragraf selbst ist umfassend ausformuliert, bleibt in einigen Belangen aber bewusst wenig konkret und lässt Richtern somit Raum für Interpretation.

Das trifft besonders auf die Personengruppen und Einzelpersonen zu, die vor Verhetzung geschützt werden sollen. Explizit erwähnt werden Personengruppen, die durch "Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" definiert werden können.

Konkret zielt der Paragraf auf Äußerungen, Videos, Bilder und Karikaturen ab, die eine von zwei zentralen Anforderungen erfüllen:

1. Es wird zu Gewalt oder Hass gegen genannte Personengruppen oder Personen aufgerufen oder angestachelt.

2. Es wird das Ziel verfolgt, die Menschenwürde genannter Personengruppen oder Personen zu verletzen, indem sie öffentlich verächtlich gemacht werden.

Strafbar ist dabei nicht nur das Erstellen solcher Inhalte, sondern auch die unkritische oder zustimmende Verbreitung verhetzender Inhalte, die von Dritten stammen. Dies zielt besonders auf das "Teilen" in sozialen Medien ab.

Neben klassischen Gewaltaufrufen kann in der Praxis auch das Verbreiten von Falschinformationen belangt werden, wenn diese zum Ziel haben, Hass gegen betroffene Personengruppe zu schüren. Doch nicht jedes rassistische Posting ist automatisch verhetzend. Der leichtfertige Vorwurf, Verhetzung zu verbreiten, kann hingegen als üble Nachrede oder Rufschädigung ausgelegt werden, da er unterstellt, eine Straftat begangen zu haben.

Ebenso in den Bereich des Verhetzungsparagrafen fällt die Leugnung von Kriegsverbrechen. So macht sich strafbar, wer ein in Österreich oder international gerichtlich festgestelltes Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschenrechte öffentlich "billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder rechtfertigt".

Die NS-Meldestelle

Das Innenministerium hat vor einigen Jahren eine Meldestelle für nationalsozialistische Wiederbetätigung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) eingerichtet. Neben dem namensgebenden Delikt der NS-Wiederbetätigung nimmt sich die Meldestelle auch anderer rassistischer und antisemitischer Inhalte im Internet an, überprüft deren etwaige Strafbarkeit und ist in konkreten Verdachtsfällen verpflichtet, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Die Meldestelle fungiert somit als Schlüsselstelle zwischen Exekutive und Justiz und steht jedem Staatsbürger als Anlaufstelle für potenziell verhetzende Inhalte offen.

Wie geht DER STANDARD vor?

DER STANDARD moderiert seine Foren gemäß der Community-Richtlinien, die weit über die rechtlichen Vorgaben hinausgehen und einen qualitativ hochwertigen Diskurs zum Ziel haben. Der Anspruch ist, dass es im besten Fall gar nicht erst zu hasserfüllten Postings im Forum kommt.

Neben dem präventiven Löschen von Postings mithilfe des Foromaten ist das Moderationsteam täglich in den Foren präsent und steht auch via Mail im Austausch mit UserInnen. In besonders schwerwiegenden Fällen, wenn beispielsweise Verwarnungen mehrfach ignoriert werden, erachten wir es als sinnvoll, jene Möglichkeiten auszuschöpfen, die das Innenministerium mit der NS-Meldestelle und der Meldestelle für extremistische und radikale Videos bietet.

Die Entscheidung, welche Inhalte an die Meldestelle weitergeleitet werden, wird nicht leichtfertig getroffen. Begegnet den ModeratorInnen in der täglichen Arbeit ein Posting, das entweder zu Hass und Gewalt aufruft oder Menschen in ihrer Menschenwürde zu verletzen sucht, handelt das Moderationsteam nach dem Vier-Augen-Prinzip und sucht den Austausch untereinander. Gemeinsam wird versucht, ein genaueres Bild über den jeweiligen Account zu bekommen und zu ergründen, ob es sich um einen einmaligen "Ausrutscher" handelt oder ob eine klare Intention der/des Postenden festgestellt werden kann.

Erhärtet sich der Verdacht, dass absichtlich und bewusst verhetzende Inhalte erstellt oder geteilt wurden, dann wird die Meldestelle auf das entsprechende Posting aufmerksam gemacht. Im Jahr 2019 war dies bei insgesamt 29 Postings der Fall, wobei die Inhalte von Gewaltandrohungen über Mordaufrufe bis zu offensichtlicher NS-Wiederbetätigung reichten.

Das Urteil

Das Urteil über das verhetzende Posting auf DER STANDARD ist bemerkenswert, da dieses Posting nie in unserem Forum erschienen ist. In diesem Fall haben die Moderationsmethoden funktioniert, das Posting wurde durch den Foromaten abgefangen, und die ModeratorInnen haben sich nach der Löschung für eine Weitergabe an die Meldestelle entschieden.

Bisher gingen wir davon aus, dass ein Posting, das aufgrund unserer Moderation nie an die Öffentlichkeit gelangt, keine Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Der Versuch eines Fazits

DER STANDARD schätzt seine einzigartige Community und setzt darum auf umfangreiche Community-Richtlinien und ein eigenes Team von ModeratorInnen, die in ständigem Austausch mit UserInnen und Redaktion stehen. Dies ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Hass im Netz.

In einzelnen Fällen – seien dies unbelehrbare und offene RassistInnen oder Accounts, die nur für NS-Wiederbetätigung oder Verhetzung angelegt wurden – sehen wir es darüber hinaus als unsere Pflicht, jene Möglichkeiten zu nutzen, die das Innenministerium uns mit seinen Meldestellen zur Verfügung stellt. Zu diesem Schritt entscheiden wir uns aber nur nach gründlicher Prüfung und Überlegung im Team. Damit wollen wir verhindern, dass allzu leichtfertig Daten von UserInnen an staatliche Stellen oder gar Dritte weitergegeben werden.

Wir hoffen, mit diesem Beitrag unser Vorgehen transparenter gemacht zu haben und appellieren gleichzeitig an Sie, werte Userinnen und User, uns im Kampf gegen Hass im Netz zu unterstützen. Schauen Sie bei unpassenden Inhalten nicht weg, sondern reagieren Sie mit angemessener Gegenrede oder machen Sie uns auf löschenswerte Inhalte, Profile oder Foren über die Melden-Funktion aufmerksam.