Das Betreuungszentrum der Stadt: Wien hat zur Betreuung von positiv getesteten Coronavirus-Patienten einen Pavillon des ehemaligen Geriatriezentrum 'Am Wienerwald' in Betrieb genommen.

Foto: APA/HANS PUNZ
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Das Wichtigste in Kürze

  • 105 bestätigte Coronavirus-Infizierte in Österreich (Stand 21 Uhr)
  • Tirol beginnt am Dienstag mit Fieberkontrollen an der italienischen Grenze, wann solche Kontrollen in Kärnten beginnen, ist noch nicht klar.
  • Kanzler Kurz deutet weitere mögliche Maßnahmen wie Schließungen von Schulen oder Kindergärten und Einschränkung von Großveranstaltungen an.
  • Mehr als 3500 Todesfälle weltweit.


Wien – Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen in Österreich steigt an. Laut Gesundheitsministerium sind derzeit 106 Covid-19-Fälle bestätigt. (Stand 21 Uhr)

Im Laufe des Nachmittags wurden zwei weitere Fälle in der Steiermark und einer in Salzburg bekannt. Auf Bundesländer aufgeteilt: Niederösterreich (31), Wien (32), Tirol (8), Steiermark (11), Salzburg (8), Oberösterreich (9), Burgenland (4), Vorarlberg (2) und Kärnten (1). Ein bestätigter Fall aus Vorarlberg ist noch nicht in die Zählung des Gesundheitsministerium aufgenommen.

Kärnten wartet auf bundeseinheitliche Lösung für Fieberkontrollen

Ab morgen, Montag, soltlen an der Grenze zu Italien punktuelle Fieberkontrollen durchgeführt werden. Wie das genau umgesetzt werden soll, ist unklar. Die Vorgaben des Bundes seien "bedauerlicherweise sehr vage", berichtete der Kärntner Landespressedienst. Es werde aber alles getan, um die Maßnahme umzusetzen.

Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) sagte nach einem Telefonat mit Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne), dass seitens des Ministeriums die entsprechenden Verordnungen nochmals begutachtet würden, da sich die Lage in Italien geändert habe und es ohnehin zu erheblichen Reiseeinschränkungen komme. Daher seien die Verordnungen auch nicht mit Montag umsetzbar. Prettner forderte von Anschober "bundeseinheitliche Lösungen" für die Kontrollen und zusätzliche Ressourcen zu deren Finanzierung.

Die Verordnung sei wie geplant in Kraft, sagte demgegenüber der Sprecher des Bundes-Einsatzstabes, Detlef Polay. Die Tests werden von Vertretern der Gesundheitsbehörden durchgeführt, die Polizei soll diese unterstützen. Möglich sei aber, dass die punktuellen Grenzkontrollen nicht sofort am Montag aufgenommen werden.

Tirol führt ab Dienstag Fieberkontrollen ein

Ab Dienstagvormittag sollen zwei mobile Gesundheitscheck-Teams am Brenner – an Autobahn, Landesstraße und im Zugverkehr – sowie an den Grenzen Sillian und Reschenpass punktuelle Gesundheitskontrollen vornehmen, teilte das Land am Sonntag mit.

"Die Reisetätigkeiten aus den betroffenen norditalienischen Krisengebieten sollen insgesamt überdacht und bestmöglich vermieden werden. Die Gesundheitschecks in den Grenzbereichen vom Brenner, Reschenpass und Sillian betreffen sowohl den Straßenverkehr auf Autobahn und Landesstraße, als auch den Zugverkehr", erklärte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Es sollen punktuelle und stichprobenartige Temperaturmessungen durchgeführt werden. Zudem werden auch ausgearbeitete Standardfragen gestellt, etwa dazu, ob die Reise aus einem Risikogebiet angetreten wurde und ob die kontrollierten Personen grippeähnliche Symptome aufweisen. Eine Arbeitsgruppe im Land sei gerade dabei, die konkrete Umsetzung der Gesundheitschecks vorzubereiten, hieß es.

Infektion im Krankenhaus Hartberg

Eine Mitarbeiterin des Landeskrankenhauses Hartberg ist positiv auf das Coronavirus getestet worden. Wie die steirische Landesregierung am Sonntagabend mitteilte, hatte sie Kontakt zu 23 Patienten, darunter zwölf Personen, die weiterhin stationär im LKH Hartberg versorgt würden. Elf Personen seien in häuslicher Absonderung.

Der Gesundheitsdienst der Stadt Wien hat unterdessen beschlossen, Kräfte zu bündeln, Gesundenuntersuchungen zu reduzieren und Urlaube auf ein "unumgängliches Maß zu beschränken".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Sonntag mögliche weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus angedeutet. Als Ziel nannte er in der ORF-"Pressestunde", die Ausbreitung der neuen Krankheit bis nach Ende der aktuellen Grippewelle zu verzögern. Konkrete Maßnahmen nannte er nicht, deutete aber unter anderem die vorübergehende Schließung von Schulen und Kindergärten an sowie die Einschränkung von Großveranstaltungen.

Man müsse diese Schritte aber "zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Dosierung" setzen, denn lange könne eine Volkswirtschaft das nicht durchhalten. Wirtschaftliche Auswirkungen erwartet Kurz aber jedenfalls. "Ganz hart wird es Italien treffen", so der Bundeskanzler, "aber auch an Österreich wird das nicht spurlos vorübergehen"..

Grippekranke als Herausforderung

"Was wir verhindern müssen ist, dass es eine rasche Ausbreitung des Coronavirus gleichzeitig mit der Grippewelle gibt", sagte Kurz. Andernfalls würde das Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. Derzeit gebe es zusätzlich zu den Corona-Infektionen nämlich noch über 100.000 Grippepatienten.

ORF

Kindergarten in Ottakring geschlossen

Unter den Wiener Patienten ist auch eine Mitarbeiterin eines kleinen Privatkindergartens in Wien-Ottakring. Diese Betreuungseinrichtung bleibt nun für zwei Wochen geschlossen, wie Corina Had von der Wiener Berufsrettung berichtete. Alle Pädagoginnen und eine Kindergruppe wurden abgesondert und bleiben vorerst in häuslicher Pflege. Die erkrankte Frau hatte Kontakt zu einem weiteren, schon zuvor bekannt gewesenen Fall in Wien.

Bei den neun in der Bundeshauptstadt neu bekannt gewordenen Fällen handelt es sich um vier Frauen und fünf Männer, teilte Had mit. Bei einem Betroffenen muss das Umfeld noch weiter abgeklärt werden – es ist also noch nicht bekannt, wo sich die Person angesteckt hat.

Eine positiv getestete Person hatte Kontakt zum Patienten in Vorarlberg und auch zu einer Lehrveranstaltung auf der Fachhochschule (FH). Die gefährdeten Personen wurden abgesondert und getestet. Die Ergebnisse standen am Sonntag noch aus. Vier der neu dazugekommen Corona-Erkrankten hatten Kontakt zu Wiener bzw. zu niederösterreichischen Fällen bzw. zum Vorarlberger Fall. Bei zwei Personen handelt es sich um Rückkehrer aus dem Iran bzw. aus Italien.

In Salzburg hat sich ein weiteres Mitglied einer britischen Reisegruppe, die sich in einem Hotel in Saalbach-Hinterglemm in Quarantäne befindet, mit dem Coronavirus infiziert. Das bestätigte die Landessanitätsdirektion am Sonntagnachmittag. Es handelt sich um einen 49-jährigen Briten, der zu einer zehnköpfigen Reisegruppe gehört. Der Patient ist im Hotel in Quarantäne.

Covid-19 erklärt.
DER STANDARD

Deutschland will Großveranstaltungen absagen

Angesichts steigender Infektionen in Deutschland empfiehlt der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn, Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern vorerst abzusagen. Zurzeit geschehe dies aus seiner Sicht immer noch zu zaghaft. "Angesichts der dynamischen Entwicklung der letzten Tage sollte das schnell geändert werden", sagte er am Sonntag in Berlin.

Unterdessen starb erstmals ein Deutscher an der Erkrankung: die Behörden in Ägypten erklärten, ein 60-Jähriger Tourist sei in einer Klinik den Virus-Folgen erlegen. In Deutschland selbst hat das Robert-Koch-Institut bislang nur von Infizierten berichtet, nicht aber von Toten. Gleichwohl

Einige tausend Österreicher in Norditalien

Einige tausend Österreicher halten sich derzeit in den unter Quarantäne gestellten Zonen Norditaliens auf. "Wir schätzen, dass in der Nacht bereits zahlreiche Personen aus den sogenannten Roten Zonen zurückgekehrt sind", sagte Peter Guschelbauer, Sprecher des Außenministeriums, am Sonntag .

Trotz der Reisebeschränkungen glaube man, dass Menschen, die in den unter Quarantäne gestellten Regionen ihren Wohnsitz haben, zurückkehren können, wenn sie außerhalb weilen. "Wir haben unsere Reiseinformationen aktualisiert und alle Auslandsösterreicher bzw. bei uns registrierten Reisenden via SMS und Mail informiert", sagte Guschelbauer. Man müsse bei Reisen in den fraglichen Regionen mit Behinderungen im Verkehr rechnen. Das Außenministerium hat für diese Regionen eine partielle Reisewarnung ausgesprochen.

Die iranische Fluggesellschaft IranAir, die auch Wien anfliegt, setzt alle Flüge nach Europa aus. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna zitierte am Sonntag aus einer Stellungnahme der zivilen Luftfahrtbehörde, wonach dies eine Reaktion auf europäische Restriktionen sei.

Mehr als 3500 Todesfälle weltweit

Das Coronavirus hat sich mittlerweile auf mehr als 90 Länder weltweit ausgebreitet. Weltweit wurden mehr als 100.000 Infektionen und mehr als 3500 Todesfälle registriert.

Mit rund 5900 nachgewiesenen Infektionen und mehr als 230 Toten ist Italien das am schwersten von der Epidemie betroffene Land Europas. Am Samstag begann die Regierung damit, Ärzte aus dem Ruhestand zu holen. Insgesamt sollen 20.000 neue Mitarbeiter für das Gesundheitssystem rekrutiert werden, vor allem Krankenschwestern und -pfleger. Am Sonntag wurden die Sperrzonen auf große Teile des Landes ausgeweitet. Aus der Schweiz wurde ein zweiter Todesfall gemeldet.

In China, wo das neuartige Coronavirus im Dezember erstmals aufgetreten war, wuchs unterdessen die Hoffnung auf ein Ende der drastischen Quarantäne-Maßnahmen. Mit 44 Neuinfektionen war diese Zahl am Sonntag erneut rückläufig. Mit 27 neuen Todesopfern – alle in Hubeis Hauptstadt Wuhan – verzeichnete das Land die geringste Opferzahl seit mehr als einem Monat. Insgesamt starben damit in Festlandchina 3097 Infizierte.

Die Neuinfektionen in Hubei gehen seit einigen Wochen zurück. Am Freitag hatte ein hochrangiger Regierungsvertreter daher gesagt, voraussichtlich könne bald die Abriegelung von Hubei beendet werden. Sie war Ende Januar wegen der Coronavirus-Epidemie verfügt worden und betrifft rund 56 Millionen Menschen.

Rettungskräfte konnten auch Überlebende bergen.
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Beim Einsturz eines Hotels im Osten Chinas, das wegen der Coronavirus-Epidemie als Quarantäne-Unterkunft genutzt wurde, sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Insgesamt 71 Menschen seien unter den Trümmern des Hotels verschüttet worden, führte das Ministerium aus. Das 80-Zimmer-Hotel in der östlichen Provinz Fujian war vor zwei Jahren errichtet worden. Es wurde laut staatlichen Medienberichten erst kürzlich in eine Quarantäne-Unterkunft für Menschen umgewandelt, die Kontakt zu Coronavirus-Patienten hatten.

Notstand in USA

In den USA verhängte nach Kalifornien auch der Bundesstaat New York den Notstand wegen der Coronavirus-Epidemie. Nach dem Anstieg von 55 auf 76 Infektionsfälle kündigte Gouverneur Andrew Cuomo verstärkte Tests an, um Infizierte zu isolieren. In den USA starben bereits 19 Infizierte.

Ein Teilnehmer einer konservativen Politik-Konferenz ist positiv getestet worden, an der auch Präsident Donald Trump und Vizepräsident Mike Pence teilgenommen haben. Die betroffene Person habe jedoch während der Conservative Political Action Conference (CPAC) im vergangenen Monat mit den beiden Männern "nicht interagiert", teilte der Veranstalter American Conservative Union mit. Zudem habe die Person nicht an den Veranstaltungen in der Haupthalle der Konferenz teilgenommen.

Bild nicht mehr verfügbar.

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Ein großer Infektionsherd wird auch an Bord des vor San Francisco liegenden Kreuzfahrtschiffs "Grand Princess" vermutet. Von den ersten 46 Tests waren nach Behördenangaben 21 positiv. Die 3533 Menschen an Bord stehen unter Quarantäne. Am Sonntag wurde bekannt: Das Kreuzfahrtschiff darf im Hafen von Oakland andocken.

Argentinien meldete das erste Coronavirus-Todesopfer Lateinamerikas. Paraguay, Costa Rica und Kolumbien registrierten am Wochenende ihre ersten Infektionsfälle. Im Iran stieg die Zahl der Infizierten am Samstag um mehr als 1000 auf insgesamt 5823, 145 Infizierte starben bereits. (APA, red, 8.3.2020)