Im Rahmen des Atombombentests "Teapot-MET" wurde im April 1955 in Nevada eine Bombe gezündet, deren Spuren die Wissenschafter nun in einem Torfmoor in Deutschland fanden.

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Die Forscher um Karin Hain (im Bild links) konnten am Vienna Environmental Research Accelerator die Spurenkonzentrationen von Uran-233 und Uran-236 nachweisen.

Foto: M. Martschini/University of Vienna

Forscher haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich Quellen von Uran-Emissionen identifizieren lassen. Je nachdem, ob das Uran durch die zivile Nuklearindustrie oder bei Atomwaffentests freigesetzt wurde, variiert das Verhältnis von zwei Uranisotopen, berichten Wiener Physiker im Fachjournal "Nature Communications". Dieser "Fingerabdruck" eignet sich auch als Umweltindikator in Ozeanen.

Schon seit einigen Jahren wird das aus nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen oder Reaktorunfällen stammende Uran-236 als sogenannter Tracer verwendet, um etwa Wassertransportprozesse in Meeresströmungen nachzuvollziehen, die einen starken Einfluss auf das Klima haben. Durch die Beobachtung der Ausbreitung von Uran-236 vom Ursprung der Emission aus können die Wissenschafter auf den Wassertransport in den angrenzenden Meeren schließen. Stammt das Uran aber aus mehreren Kontaminationsquellen, wie das zum Beispiel im Arktischen Ozean der Fall ist, ist ein einzelnes Isotop für die Verfolgung der Meeresströmungen nicht ausreichend.

Winzige Mengen

Die Isotopenphysiker um Karin Hain und Peter Steier von der Universität Wien suchten daher nach einem zweiten anthropogenen Uranisotop, das aus Kernwaffen stammt, aber kaum in konventionellen Kernkraftwerken produziert wird. "Aus kernphysikalischer Sicht erschien uns Uran-233 ein vielversprechender Kandidat zu sein", sagte Steier.

Die Wissenschafter untersuchten am Vienna Environmental Research Accelerator (Vera) winzige Mengen der beiden Uranisotope in verschiedenen Proben. Dabei handelte es sich um Bohrkerne aus Korallen aus dem Pazifik und einem Torfmoor aus dem Schwarzwald sowie um Proben aus der Irischen See und der Ostsee. Der Nachweis der extrem niedrigen Konzentrationen von Uran-233 von bis zu einem Femtogramm (Billiardstel Gramm) pro Gramm Probe gelang erst nach einer umfangreichen Erweiterung der Vera-Anlage.

Spuren aus Nevada

Bei den Analysen fand sich in Proben aus der Irischen See ein zehnmal niedrigeres Uran-233/Uran-236-Verhältnis als in den Proben aus dem deutschen Torfmoor. Der Grund: Während das Meer zwischen Irland und Großbritannien stark von Einleitungen der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield betroffen ist und sich daher größere Mengen von Uran-236 fanden, hatten sich im Moor die globalen Auswirkungen von Waffentests in Form von Uran-233 akkumuliert. In den Daten des Korallen- und des Torfmoorbohrkerns zeigten sich sogar verschiedene Phasen der atmosphärischen Kernwaffentests, berichten die Forscher.

Das erklären die Wissenschafter damit, dass bedeutende Mengen von Uran-233 entweder durch thermonukleare Waffen freigesetzt wurden, in denen es durch schnellen Neutroneneinfang in hochangereichertem Uran erzeugt wird, oder durch die Explosion von Waffen mit geringer Effizienz, in denen Uran-233 direkt als Brennstoff verwendet wurde. Die in den Moorproben festgestellte Gesamtmenge von Uran-233 kann allerdings nicht die bisher bekannten Beiträge zum globalen Waffen-Fallout erklären. Dies deute auf einen Beitrag der einzig bekannten Uran-233-Bombe hin, die im April 1955 auf der "Nevada Test Site" im US-Bundesstaat Nevada gezündet wurde, erklärte Erstautorin Karin Hain von der Uni Wien. (red, APA, 9.3.2020)