Aufklärung statt Panik: ORF-Wetterchef Marcus Wadsak.

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Marcus Wadsak: "Klimawandel. Fakten gegen Fake & Fiction." 18 Euro / 144 Seiten, Braumüller-Verlag, Wien, 2020

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STANDARD: Die letzten sechs Jahre waren bis jetzt die wärmsten weltweit, erklären Sie in Ihrem neuen Buch zum Klimawandel. Und dennoch: Haben Sie es noch mit Menschen zu tun, die den Klimawandel leugnen?

Wadsak: Natürlich, aber wir merken, dass die Klimawandelleugner weniger werden. Es wird immer sinnloser, die Fakten anzuzweifeln, aber: Je weniger es werden, desto lauter werden sie. Solange ein Präsident der Vereinigten Staaten behauptet, der Klimawandel sei von den Chinesen erfunden worden, gibt es noch genug zu tun. Das Wissen liegt seit 30 Jahren auf dem Tisch. Ich verstehe nicht, warum wir nicht bereits viel mehr im Handeln sind.

STANDARD: Eine Maßnahme von Türkis-Blau ist seit kurzem Geschichte, nämlich Tempo 140 auf Abschnitten der Westautobahn. Finden Sie das gut?

Wadsak: Absolut, das ging schlicht und einfach in die falsche Richtung. Ich habe diesen Schritt sowieso nie verstanden, weil die Zeitersparnis lächerlich ist. Die ersten Studien hatten gezeigt, dass die Abgase eh nur unwesentlich mehr werden. Jetzt freuen wir uns schon, dass Abgase nur unwesentlich mehr werden? Unsere Aufgabe ist es, sie zu reduzieren.

STANDARD: Wie fällt Ihr Resümee des türkis-grünen Regierungsprogramms in puncto Klimaschutz aus? Wird genug getan?

Wadsak: Ich war sehr erstaunt, als ich vom Ziel gelesen habe, dass Österreich bereits 2040 klimaneutral werden soll. Das ist ein wahnsinnig ambitioniertes Ziel, das mich sehr freut, weil es dringend und wichtig ist, allerdings warte ich auf die konkreten Ausformulierungen. Da liegt noch nicht alles auf dem Tisch, aber die Ankündigungen sind schon einmal gut.

STANDARD: Wie die ökosoziale Steuerreform aussehen soll, weiß man ja auch noch nicht genau.

Wadsak: Da gibt es zum Beispiel einen Punkt, der mich schon stutzig macht. Wir brauchen nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa eine CO2-Bepreisung. Wie ich weiß, gibt es jetzt eine Taskforce, die zwei Jahre überlegt, was wir zu tun haben. Ich wünsche mir, dass es schneller geht.

STANDARD: Welche Maßnahmen braucht es? Sollen Dieselautos aus dem Verkehr gezogen werden?

Wadsak: Ich bin für kein einziges Verbot, sondern für das Schmackhaftmachen der Alternativen. Nehmen wir die Mobilität: In Österreich steigen die Treibhausgase im Sektor Verkehr noch immer an. Wir sind noch nicht einmal an dem Punkt, dass wir es gleichhalten. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, dass die Bahn billiger wird als ein Kurzstreckenflug, und es müssen Maßnahmen gesetzt werden, dass das Fahren mit einem Elektroauto attraktiver ist als mit einem Diesel. Für mich ist es alleine schon deswegen attraktiver, weil es keinen Lärm macht und nicht stinkt.

STANDARD: Müssten E-Autos steuerlich stärker begünstigt werden?

Wadsak: Der durchschnittliche Österreicher muss auf das Geld schauen, und Elektroautos sind im Vergleich zu Verbrennungsmotoren immer noch sehr teuer. Hier müsste die Politik steuern, dass Klimaschutz belohnt wird und klimafeindliches Verhalten seinen Preis bekommt. Ich verstehe nicht, warum wir für alles Steuern zahlen, aber ein Flugzeug für Kerosin keine Steuern zahlen muss. Nur dadurch kann das Fliegen so billig sein, das ist nicht gerecht.

STANDARD: Die Regierung möchte Kurzflüge durch eine einheitliche Flugticketabgabe von zwölf Euro etwas teurer machen. Bei Kurz- und Mittelstrecken war es bis jetzt 3,5 bzw. 7 Euro. Ist das aus Ihrer Sicht zu wenig?

Wadsak: Natürlich. Wenn ich mit dem Zug nach Kärnten fahre, kostet die Fahrt zum Halbpreis 30 Euro, und bei der Flugticketabgabe reden wir von ein paar Euro. Das wird niemanden vom Fliegen abhalten. Fährt man mit dem Zug nach Amsterdam oder Berlin, sind das weite Strecken. Die Bahnfahrt ist aber nicht nur um das Zehnfache länger, sondern auch erheblich teurer. Das kann nicht sein. Dass der Flug bald ein paar Euro mehr kostet, wird nichts ändern.

STANDARD: Sie wohnen im Burgenland. Wie fahren Sie von dort zu Ihrer Arbeit auf den Küniglberg nach Wien?

Wadsak: Mit dem Zug. Ich möchte das niemandem vorschreiben und habe das Glück, dass ich in der Nähe eines Bahnhofs wohne und in Wien sehr leicht vom Bahnhof in die Arbeit komme. Mich kostet die Fahrt mit der Bahn 40 Minuten. Über die A4 vom Burgenland nach Wien ist das mit dem Auto gar nicht mehr zu schaffen. Wenn auch noch das angekündigte 1-2-3-Ticket kommt und ich um drei Euro am Tag vom Burgenland nach Wien fahre, werden das auch mehr Leute in Anspruch nehmen, weil das dazu noch viel billiger ist als mit dem Auto. Die Zeit im Zug kann ich auch noch dazu gut nutzen. Und nachdem man in Wien die Öffis um einen Euro pro Tag nutzen kann, würde ich nicht auf die Idee kommen, mit dem Auto zu fahren. Es macht nur Ärger. Es gibt Staus und keine Parkplätze. Fahrradwege werden ausgebaut, sie werden verschönert. Langsam steigt das Bewusstsein, dass die Alternativen zum Auto ihren Platz bekommen. Die Straßen sind nicht nur für die Autos da.

STANDARD: Wie lange brauchen Sie von Ihrer Haustüre auf den Küniglberg?

Wadsak: Eine gute Stunde. Mit dem Auto wäre es zu Stoßzeiten definitiv länger, sonst geht es vielleicht auch unter einer Stunde. Aber die Zeit spielt aufgrund der guten Bahnverbindung eine untergeordnete Rolle.

STANDARD: Ein Punkt in Ihrem Buch ist die Reduktion des Fleischkonsums: Wie halten Sie es damit?

Wadsak: Wie bei der Mobilität geht es um das Bewusstsein. Ich esse gerne Fleisch, aber vielleicht einmal in der Woche, und dann leiste ich mir eines mit guter Qualität und aus der Region. Ich möchte es niemandem miesmachen, aber ich verstehe nicht, wo der Trend herkommt, argentinische Steaks zu essen. Die werden dort in Massentierhaltungen produziert, haben nicht annähernd etwas mit Bio zu tun und stoßen Methan ohne Ende aus. Zweitens kommt auch noch der Transport dazu. Das Fleisch ist nie und nimmer so gut wie ein gutes österreichisches Fleisch. Also, weniger Fleisch essen, dann kann ich mir auch eine bessere Qualität leisten und es bewusst genießen.

STANDARD: Kritiker kommen dann gleich mit dem Schnitzel, das die bösen Klimaschützer verbieten möchten.

Wadsak: Das kommt meistens von jenen, die nichts tun wollen. Es geht nicht um Verbote und Verzicht. Ich esse wenig Fleisch, habe aber auf nichts verzichtet, da es genügend gutes Gemüse gibt. Tiere sind ja auch für unsere Landschaftspflege wichtig. Es geht darum, die Massentierhaltung wieder in den Griff zu bekommen und nachzudenken, ob es wirklich immer Fleisch sein muss. Ein anderer wichtiger Punkt bei der Ernährung ist, was wir wegschmeißen. Das ist irre. Wesentlich wäre, nur zu kaufen, was man konsumiert. Was wir an Lebensmitteln wegwerfen, die unglaublich viele Treibhausgase emittiert haben, ist enorm.

STANDARD: Sollte man Supermärkte mehr in die Pflicht nehmen?

Wadsak: Ich bin hier kein Experte, aber da ist schon einiges passiert. Lebensmittel, die im Begriff sind abzulaufen, werden etwa für die Tafel Österreich gespendet. Da braucht es Aufklärung. Es gibt noch immer viele Haushalte, die glauben, das Ablaufdatum ist nicht "mindestens haltbar bis", sondern "tödlich ab". Was morgen abläuft, wird weggeschmissen. Wir wissen aber, dass du die Ablaufdaten locker überziehen kannst. In den Supermärkten frage ich mich, wenn man samstags spät einkaufen geht: Warum müssen immer alle Regale voll sein? Ich freue mich über Supermärkte, in denen es nicht mehr alles gibt, weil es über das Wochenende kaputt wird – Obst oder Gemüse etwa.

STANDARD: Und im Winter bekommt man jede Obstsorte und jedes Gemüse und verspeist dann halt Erdbeeren aus Südamerika.

Wadsak: Auch da ist mein Zugang pragmatisch: Ja, soll so sein, das soll aber einen ehrlichen Preis haben. Wenn Sie zu Weihnachten Erdbeeren haben möchten, bitte, aber sie sollen so teuer sein, dass man merkt, sie wurden weit weg produziert. Da kommen wir wieder zum Punkt Mobilität. Wenn der Flugtransport mehr kostet, würde sich das ändern. Oder Blumen: Sehen Sie sich an, wo die Rosen herkommen, die noch dazu nichts kosten. Das macht das heimische Produzieren unmöglich und verursacht durch den Transport wahnsinnig viele Abgase. Bei Obst und Gemüse ist ganz klar vorrangig: regional, saisonal und am besten bio. Ich wohne seit zehn Jahren im Burgenland, und das regionale Konsumieren führt auch dazu, dass man ein Bewusstsein für die Natur entwickelt. Ich freue mich, wenn die Spargelsaison anläuft, und weiß, es gibt zwei, drei Wochen Spargel, dann ist es wieder vorbei. Das Gleiche geschieht mit Kürbissen. Es hat einen Reiz, wenn etwas nicht immer verfügbar ist.

STANDARD: Sie halten viele Vorträge – etwa in Schulen. Auf welche Ängste treffen Sie?

Wadsak: Gerade bei den jungen Menschen ist der Wissensstand sehr hoch. Die größte Angst bei den Schülern ist, dass wir es versäumen. Die wissen genau, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, die Kurve zu kratzen und die Treibhausgase zu reduzieren.

STANDARD: Treffen Sie auf eine Generation, die diese Verantwortung einmahnt, wie das auch bei den vielen Klimaschutzdemos zum Ausdruck kommt?

Wadsak: Absolut, die wachsen mit einem ganz anderen Bewusstsein auf. Die weltweiten Klimastreiks sprechen eine klare Sprache. Da gehen junge Menschen auf die Straße, die Verantwortung und Maßnahmen einfordern, die ihnen ein gutes Leben garantieren. Ich finde, das ist eine sehr bemerkenswerte Bewegung, die meinen vollen Respekt hat.

STANDARD: Das Gesicht der Bewegung ist Greta Thunberg. Haben Sie eine Erklärung, warum ihr neben der vielen Sympathie auch so viel Hass entgegenschlägt?

Wadsak: Da müsste man die Psychologen fragen. Wenn man mit Argumenten nicht mehr ankommt, begibt man sich auf die persönliche Ebene und wird beleidigend. Ich merke vorrangig, dass sie wahnsinnig viele Fans hat, viel Zuspruch bekommt und etwas bewegt. Der Hass, den ich ihr gegenüber in sozialen Medien mitbekomme, kommt ganz oft von jenen, die selbst nichts zusammengebracht haben, wofür man sie bewundern könnte. Es ist einfach oft Neid, anders kann ich es mir nicht erklären. Greta Thunberg mag polarisieren, aber: Sie informiert sich bei Experten, und alles, was sie sagt, ist inhaltlich richtig. Ich finde wirklich bemerkenswert, was diese junge Frau in zwei Jahren erreicht hat.

STANDARD: Oft wird der Vorwurf formuliert, dass sie eine riesengroße, von ihren Eltern gesteuerte PR-Maschine ist, die sich für Geld instrumentalisieren lässt.

Wadsak: Sie hat alleine begonnen, sich vor die Schule gesetzt und gestreikt. Sie konnte keine Ahnung haben, dass es so groß wird. Nehmen wir die Politik her: Gibt es einen Bundeskanzler oder Minister, die sich nicht beraten lassen, die sich nicht inszenieren und nicht die Gunst der Stunde nutzen, um starke Bilder zu erzeugen? Das ist professionell, würde ich sagen, und Thunberg hat ein ernstes Anliegen, und sie vermarktet es gut.

STANDARD: Zur medialen Vermittlung des Themas: Es gibt Medien wie den britischen "Guardian", die den Begriff Klimawandel durch Klimakrise ersetzt haben: Finden Sie das gut?

Wadsak: Ich finde das gut, dass wir unsere Sprache dahingehend ändern. Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist zum Beispiel jemand, der ausschließlich nur mehr von der Klimakrise spricht, und er hat recht: Wenn wir uns Menschen betrachten, sind wir bereits in einer Klimakrise, und es gilt, die Klimakatastrophe zu verhindern.

STANDARD: Ihr Buch heißt aber noch "Klimawandel".

Wadsak: Ich habe noch den Titel "Klimawandel" gewählt, weil es ja auch um die Vergangenheit geht und nicht nur die aktuelle Situation beschreibt. Ich möchte vermitteln, dass wir noch die Chance haben, es in den Griff zu bekommen. Und ich wollte ein Buch schreiben, das nicht abschreckt, weil es etwa zu dick ist. (lacht) Klimakrise beginnt gerade, sich als neuer Begriff zu etablieren. Die meisten googlen aber wohl noch nach Klimawandel. Ich zeige in dem Buch, dass die Prognosen der Wissenschafter von vor 40 Jahren richtig waren, wir aber derzeit bereits am oberen Bereich der Prognosen liegen. Sie haben nie Panik gemacht, ganz im Gegenteil: Sie haben sehr konservative Szenarien geschätzt. Den Klimaaufklärern wird ja oft vorgeworfen, dass sie nur hysterisch sind. Das wollte ich vermeiden. Panik ist falsch, das versetzt viele in Schockstarre. Falsch wäre, zu denken: Es ist zu spät, wir können eh nichts mehr tun. Was wir brauchen, sind Aufklärung und Handlungen.

STANDARD: Sehr viele Medien bebildern Hitzewellen immer noch mit Bikinifotos oder mit Eis schleckenden Personen, die die Sonne genießen, obwohl viele Leute unter der Hitze stöhnen und nicht wenige daran sterben. Welche Fotos sollten Medien verwenden?

Wadsak: In der Klimakommunikation ist früher sehr viel falsch gelaufen. Der Eisbär auf den Eisschollen war das falsche Bild, weil er uns suggeriert hat, dass alles sehr weit weg ist. Das hat die Menschen nicht gepackt. Jetzt ist es mit den Bildern schwierig. Viele merken, dass sich etwas ändert und nicht nur zum Guten. Zu den Eisschleckenden und Badenden: Es gibt auch viele Leute, die sich darüber freuen, dass der Sommer jetzt ein halbes Jahr dauert und es 40 heiße Tage gibt statt wie früher zehn. Und es gibt auch Menschen, die davon profitieren. In Österreich ist es der Sommertourismus, während der Wintertourismus zunehmend leiden wird. Ich tue mir leicht, weil wir bei der Wetterberichterstattung im ORF versuchen, objektiv zu sein. Ich werte in meiner Wetterprognose gar nicht, das überlasse ich dem Zuseher. Wenn der Sommer heiß ist, die Bäder voll sind und die jungen Leute froh sind, dass sie jeden Abend draußen sitzen können, dann kann man schwer sagen: Ihr dürft euch nicht freuen, denn das ist der Klimawandel.

STANDARD: Wenn Sie zum Beispiel an Ihre Kolleginnen und Kollegen bei orf.at denken: Welche Fotos empfehlen Sie für Artikel zum Klimawandel?

Wadsak: Jene, die von der zunehmenden Hitze in Österreich am härtesten betroffen sind, das sind die Landwirte. Durch die früheren Blüten zu Zeiten, wenn immer noch Nachtfröste auftreten, geht im Frühjahr schon viel kaputt. Im Sommer trocknet es aus. Im ganzen Weinviertel in Niederösterreich war es 2018 eine Katastrophe. Die Dürre ist in Österreich das Problem, und die betrifft vor allem die Landwirtschaft, aber auch den Tourismus. Der Städtetourismus im Sommer bei 37 Grad wird wohl auch nicht der Renner der Zukunft werden. Das sind Bilder, die man zeigen soll. Die Sorten ändern sich. Voriges Jahr waren die Zeitungen voll damit, dass sich der Grüne Veltliner nach Norden verabschieden wird, gleichzeitig kommen im Süden Österreichs Rotweinsorten aus Italien zu uns, die es früher nicht gegeben hat.

STANDARD: Auf Twitter machen Sie sich gerne über das Wetter von oe24.at lustig. Was stimmt da nicht?

Wadsak: Ich halte nicht viel davon, andere für ihre Arbeit zu kritisieren. Was mich ärgert, ist, dass "Österreich" zweimal Grafiken und Fotos von mir verwendet hat, ohne mich zu fragen. Das geht nicht. Würden Sie fragen, bekämen sie es. Da beginnt es im Journalismus komisch zu werden, wenn selbstverständliche Dinge nicht mehr beachtet werden, und ja, gerade beim Wetter übertreiben sie manchmal bedenklich. Mein Buch heißt "Fakten gegen Fake & Fiction", und wenn ich in Zeitungen Dinge lesen, die nicht den Fakten entsprechen, tue ich mir schwer, das ernst zu nehmen. Und das kommt dort vielleicht gelegentlich vor. (lacht) Wenn man auf die Schlagzeilen klickt, ist es meist eh nicht so verkehrt, und in der Geschichte kommt es gar nicht vor.

STANDARD: Was halten Sie von Livetickern zu etwa "Todesstürmen", wie es bei oe24.at gerne heißt?

Wadsak: Wir haben uns vor mehr als zehn Jahren im ORF überlegt, wie wir mit Wetterwarnungen umgehen. Das Thema ist sehr sensibel. Wir haben jetzt einen klaren Katalog, wann wovor gewarnt wird. Du kannst nicht fünf Tage vorher Alarm schlagen, und was wir wissen: Wenn du zu oft warnst, nimmt es irgendwann keiner mehr ernst. Andererseits ist die Devise: Lieber einmal zu viel warnen als einmal zu wenig. Die permanente Übertreibung von Stürmen und Temperaturen als Katastrophen führt aber dazu, dass es an Glaubwürdigkeit verliert.

STANDARD: Betrifft das auch Ihre Arbeit?

Wadsak: Ich arbeite seit 25 Jahren für das Wetter, und wir haben in den letzten 20 Jahren wahnsinnig an Glaubwürdigkeit gewonnen, natürlich auch weil die Prognosen besser geworden sind. Und dann sind zwei Dinge gekommen: Apps, die nicht das liefern, was sie versprechen, und solche Zeitungen, die zu viel herumschreien. Leute unterscheiden oft nicht, wo das herkommt, und sagen: die schon wieder vom Wetter. Unsere Produkte sind besser geworden, es gibt aber viel, die nicht diese Qualität liefern. Es gibt viel Wetter, aber nur wenig Gutes.

STANDARD: Bekommen Sie häufig zu hören, dass Sie mit Ihrer Prognose danebengelegen sind?

Wadsak: Meine erste Frage ist immer: Wo denn konkret was? Sehr oft stellt sich heraus, dass die Falschinformationen der Wetterapp entsprungen sind. Wenn es wirklich im ORF war, gehen wir der Sache nach, und sollte es stimmen, versuchen wir es zu erklären – auch auf Sendung. Wenn man ein Abend ein Wetter verhaut, muss man das am nächsten Tag erklären. Zum Glück kommt es nicht so oft vor.

STANDARD: Welche Reaktionen von Zusehern kommen am häufigsten?

Wadsak: Es hat sich verlagert. Früher waren es Postkarten und Briefe, mittlerweile schreiben viele über Facebook, Twitter oder den Kundendienst. Es sind nicht viele Reaktionen, aber sie kommen immer wieder, und zwar in alle Richtungen. Das geht von "Das Wetter ist super" über "Es hat nicht gepasst" bis zur Frage, wo mein Gewand her ist? (lacht) Das ist ein wesentliches Feedback: Warum hat die Christa Kummer so tolle Schuhe an und wo sind meine T-Shirts her? Wahrscheinlich machen Autogrammwünsche und Fragen zur Kleidung sogar die meiste Post aus. (Oliver Mark, 11.3.2020)