"Das große Camp Moria ist voller Kinder. Es ist nass, kalt und unfassbar dreckig", schreibt die Fotografin Alea Horst.

Alea Horst

Alea Horst ist der Meinung, nicht nur Kinder und Frauen sollten aus dem Lager herausgebracht werden, sondern auch die Männer: "Wer hier nicht durchknallt, bei dem stimmt was nicht."

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In Österreich wird immer noch diskutiert, ob man Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen soll. Die ÖVP ist strikt dagegen.

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Im Lager Moria leben tausende Kinder, viele sind schon seit mehreren Jahren hier. Eine Schule gibt es hier nicht.

Foto: Alea Horst

Ewa Ernst-Dziedzic ist empört. "Da verrecken in Europa Kinder", sagt sie, "wir müssen etwas tun." Die grüne Abgeordnete hat am Wochenende auf Lesbos das Flüchtlingslager Moria besucht, in dem auch tausende Kinder leben – unter unfassbaren Zuständen, wie Ernst-Dziedzic sagt. "Die Situation ist so akut, da kann man nicht zusehen." Sie ist im Gespräch mit dem Koalitionspartner, um zu schauen, welches Paket Österreich schnüren kann. "Wir müssen als Regierung beweisen, dass wir handlungsfähig sind." Es müssten mehrere Maßnahmen sein, natürlich auch Hilfe vor Ort, es müsse nicht sofort und ausschließlich die Aufnahme von Flüchtlingen sein, wenn die ÖVP da gar nicht mitkann.

Aus der Sicht von Ernst-Dziedzic wäre es notwendig, wenigstens die Schutzbedürftigsten aus dem Camp zu bringen. "Da gibt es so viele unbegleitete Kinder, die muss man versorgen. Es geht aber auch um Kleinkinder mit alleinstehenden Müttern, das ist jene Gruppe, die es am wenigsten aus eigener Kraft schafft, dort ihre Situation zu verbessern." Ernst-Dziedzic will helfen, indem sie die Situation sichtbar macht, in Österreich, auch ihrem Koalitionspartner.

Kogler will Kurz von Aufnahme überzeugen

Auch Ernst-Dziedzics Parteichef, Vizekanzler Werner Kogler, bekräftigte am Montagabend in der "ZIB2", dass deren (und damit auch seine) Meinung weiterhin grüne Parteilinie sei – auch wenn dies in der Regierung noch nicht "mehrheitsfähig" sei. Kogler betonte, er wolle Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) davon überzeugen, besonders hilfsbedürftige Flüchtlinge aus den griechischen Lagern in Österreich aufzunehmen.

Wie sehr belasten die Meinungsverschiedenheiten in der Flüchtlingsfrage die türkis-grüne Koalition? Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) dazu im Interview.
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Bei seinem Koalitionspartner wolle Kogler demnach dafür werben, dass "Österreich Teil der Koalition der Willligen wird", sollten sich an den Bedingungen in den Lagern "nicht sofort" verbessern. Dass es den von der ÖVP gefürchteten Pull-Effekt geben wird, wenn man besonders betroffenen Gruppen wie Kindern die Reise ans griechische Festland oder in andere EU-Länder ermöglicht, glaubt Kogler nicht.

Was die Grenzsicherung gegen einen allfälligen Flüchtlingsstrom angeht, weist er die FPÖ-Forderung, im Fall der Fälle auch Waffen einzusetzen, zurück: "Selbstverständlich wird nicht geschossen an der Grenze."

Caritas appelliert an Regierung

Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner war die vergangenen drei Tage ebenfalls auf Lesbos, einen derartigen humanitären Ausnahmezustand wie im Lager Moria hat er noch nicht erlebt. "Es ist wirklich beschämend, dass so etwas in der EU stattfindet", sagt er. Überrascht war Schwertner, wie viele Kinder hier leben – teilweise schon seit Jahren. Es mangle an allem. Schwertner richtet einen Appell an die österreichische Regierung, sich einer Allianz der Willigen anzuschließen und ein humanitäres Aufnahmeprogramm zu starten. "Ich würde mir wünschen, der Kanzler macht sich hier ein Bild, bevor er Entscheidungen trifft."

Die deutsche Fotografin Alea Horst (siehe Fotos) schreibt: "So darf niemand leben! Das ist eine Schande! Das große Camp Moria ist voller Kinder. Es ist nass, kalt und unfassbar dreckig." Horst empfiehlt, nicht nur die Kinder und Familien aus diesem Lager zu holen. "Wer keinen Bock auf hängengebliebene junge Männer hat, der sollte sie hier nicht einsperren. Wer hier nicht durchknallt, bei dem stimmt was nicht." (Michael Völker, red, 9.3.2020)