Giorgetto Giugiaro zeichnete den ersten Golf, den Audi 80, verschiedene Bugattis, Ferraris, Maseratis und Lamborghinis. Er zeichnete aber auch für Zastava, SsangYong und Brilliance. Selbstverständlich für Alfa Romeo. Sogar der DeLorean DMC-12 ist von ihm. Oder der Lotus Esprit. Nicht zu vergessen der BMW M1. Sein Meisterwerk ist aber weder der Alfa Sud noch der 159er, weder der Nazca C2 noch der Iso Grifo. Schon gar nicht der Chevrolet Lacetti. Beim Fiat Ritmo sind wir aber schon ganz nah dran. Sein schönstes Fahrzeug ist aber der Fiat Panda. Das vielleicht am meisten unterschätzte Auto der Welt – obwohl er mit über vier Millionen verkauften Stück zu den Erfolgsmodellen der Marke zählt. Giugiaro selbst nannte den Panda das "Haushaltsgerät auf Rädern."

Der erste Panda war eckig, ohne Kurven, spartanisch und günstig.
Foto: Fiat

Das war 1980, als der Panda das Licht der Welt erblickte. 20 Jahre nachdem Renault mit dem R4, mehr als 30 Jahre nachdem Citroën mit 2CV bewiesen haben, dass es einen großen Markt für kleine und günstige Autos mit hohem Nutzwert gibt. Obwohl, Fiat beackerte dieses Feld zuvor bereits mit dem 126, der uns auch als Polski Fiat in Erinnerung ist. Da war der Panda als Nachfolger schon eine Offenbarung an Raum und Komfort. Auch wenn sich die Ausstattung weiterhin hinter dem Preis anstellen musste. Man sparte wo es ging.

Das Cockpit des ersten Panda war schlicht. Noch weniger Knöpfe findet man erst heute wieder im Tesla Model 3.
Foto: Fiat

Die Sitze erinnerten an Campingsessel, statt eines Handschuhfachs gab es eine Mulde und alle Fensterscheiben waren plan. Dafür gab es einen prominenten und verschiebbaren Aschenbecher. Die spartanische Ausstattung hatte aber ihre Vorteile. So wog der Panda in der ersten Generation gerade einmal 700 Kilogramm. Folglich reichte ihm ein 30 PS starker Paralleltwin mit 650 Kubikzentimeter schon als Antrieb – das luftgekühlte Aggregat stammte aus dem schon erwähnten Fiat 126. Alternativ gab es aber auch wassergekühlte Vierzylinder mit 34 und 45 PS. Ab 1986 gab es für den Panda die eh bekannten FIRE-Motoren, deren größter Vorteil war, dass Roboter die Hände italienischer Arbeiter entlasteten. Und sogar die Jetronic von Bosch durfte ab 1987 im Panda ihr Unwesen treiben.

Mit den Jahren wurde auch die Innenausstattung des Panda besser.
Foto: Fiat

Fiat erkannte früh, dass der Panda zu mehr taugt, als sein Leben nur als Kleinwagen zu fristen. Also fragte man bei Steyr Puch in Graz einmal nach, ob die nicht eine Idee für einen Allradantrieb hätten. Immerhin hatten die Steirer mit dem Haflinger einen kleinen und ebenfalls äußerst spartanischen Wagen mit Allradantrieb zu einem hemmungslosen Kraxler gemacht. Und Steyr Puch lieferte. Im Sommer 1983 gab es den ersten Panda auch mit zuschaltbaren Allradantrieb und 48 PS.

Als Panda 4x4 eroberte er nicht nur Bergmenschen, auch die Luxusklientel wurde auf den Panda aufmerksam. Er dient bis heute gerne als Zweit- und Winterauto neben dem Sportwagen.
Foto: Fiat

Während der Allrad-Panda langsam die Garagen der Wohlhabenden besiedelte, die eine Winteralternative zum Porsche brauchten, trudelte bei Steyr Puch der nächste Auftrag aus Turin ein. Die Grazer sollen einen Elektro-Panda bauen.

Vom Fiat Panda Elettra wurden nur wenige Stück gebaut, die vor allem von Kommunen genutzt wurden. Doch auch in Österreich gibt es eine Handvoll der E-Pandas.
Foto: Fiat

Unkonventionelle Lösungen standen damals anscheinend auf der Tagesordnung. Darum darf es einen nicht wundern, dass man bei Puch einfach einen Hubstapler-Motor genommen hat, und das Heck des Wagens mit Akkus aus dem gleichen Fuhrwerk volllud. Wir reden da von 800 bis 900 Kilogramm, die allein die Bleiakkus wogen. Insgesamt wurden in Graz davon drei Stück gebaut. Einer von ihnen steht heute im Puch-Museum in Graz.

Der Prototyp eines E-Panda versteckt sich im Johann Puch Museum zwischen anderen Versuchsträgern.
Foto: Guido Gluschitsch

Fiat baute den Elettra ab 1990. Nicht in großer Stückzahl. Denn sein Manko waren die zwölf 6-Volt-Blei-Batterien, die zum einen nur für rund 70 Kilometer Reichweite gut waren, andererseits aber das Gewicht des kleinen Panda auf über 1200 Kilogramm drückten. Diese Autos sind heute begehrte Sammlerstücke, auch wenn die Verkabelung mehr als nur abenteuerlich ist.

Moderne E-Pandas

Dieser Tage baut die Garage Italia einen Elektro-Panda, einen 4x4 Icon-e und verwendet dafür die Kasteln der ersten Generation. Der E-Antrieb ist aber ein moderner und wie der Name schon sagt, ein Allrad. Der 4x4 Icon-e ist bis zu 115 km/h schnell und hat eine Reichweite von rund 100 km. Das aber nur so nebenbei. Zurück ins Puch-Museum.

Dieser Panda ist der beste Geländewagen nach dem Haflinger, wenn es nach Museumsleiter Karlheinz Rathkolb geht. Er ist ein Prototyp eines offenen 4x4.
Foto: Guido Gluschitsch

Dort stehen noch zwei weitere Pandas. Prototypen. Der eine gilt bei Museumsleiter Karlheinz Rathkolb als der beste Geländewagen nach dem Haflinger. Von ihm wurden sechs Stück gebaut, wovon die Hälfte nach Turin ging. Es handelt sich dabei um einen Gelände-Panda mit Stoffverdeck und umklappbarer Windschutzscheibe, der von der italienischen Regierung unter anderem für militärische Zwecke angedacht wurde. Der andere ist das Lifestyle-Pendant, wenn man so möchte, ein halboffener 4x4-Panda aus 1991, in einem damals sehr modernen Türkis. Von den beiden Erprobungsfahrzeugen ging keines in Serie. Stattdessen ließ Fiat dem Panda ein paar kleine Verbesserungen angedeihen. Facelift quasi.

Der Lifestyle-4x4-Panda aus Graz. Die ramponierte Stoßstange hat er, weil er jahrelange im Lager lieblos herumgeschoben wurde, wenn er im Weg war. Jetzt denkt Karlheinz Rathkolb eine sanfte Restaurierung an.
Foto: Guido Gluschitsch

Noch mehr als 10 Jahre sollte es dauern, bis 2003 mit dem (der) Nuova Panda, ein völlig neuer Panda auf den Markt kommen sollte. Er schaute knuffiger aus, hatte fünf Türen, war besser ausgestattet und hatte stärkere Motoren. Panda-Fans nennen ihn auch Gingo, weil er ursprünglich auch so heißen hätte sollen. Aber der Erfolg des Panda ließ die Italiener wohl am tierischen Namen festhalten.

Nuova Panda, Modelljahr 2009. Die Plattform dient dem Panda bis heute.
Foto: Fiat

Ein Jahre später folgte die 4x4-Version, zwei Jahre darauf der erste Panda Cross, der nur als Diesel erhältlich war. Die Eigenheiten des neuen 4x4 machten es möglich, nun auch einen Erdgas-Tank zu verbauen und den Panda bivalent zu betreiben. Mit ähnlichen Unterflurtanks wurde 2003 auch der Panda Hydrogen ausgestattet. Er hatte mit seiner Brennstoffzelle, die ohne Pufferbatterie auskam – je nach Quelle –, eine Leistung von 50 bis 60 kW und fand aus dem Erprobungsstadium nie hinaus.

Fiat forschte schon früh am Wasserstoff-Antrieb, brachte ihn aber nie in Serie.
Foto: Fiat

Wieder fast 20 Jahre später – beim Panda zählen die gewohnten Zyklen im Automobilbau von Neuwagen und Facelift innerhalb weniger Jahre nicht –, 2011, wurde die dritte Generation des Panda vorgestellt. Und das ist der, den wir heute noch kennen. Dieser Tage treffen die ersten Hybrid-Modelle des Panda bei den Händlern ein. Einen Diesel gibt es nicht mehr, den Allrad nur mit dem 85 PS starken und extrem lustigen TwinAir, also Turbo-Zwei-Zylinder.

Vom Panda gibt es ein lange Reihe von Sondermodellen. Das neueste ist der Trussardi-Panda.
Foto: Guido Gluschitsch

Der kleine Zappelphilipp werkt folglich auch im Trussardi 4x4, dem jüngsten Sondermodell des Panda, mit Windhund-Logos auf den Heckscheiben, den Radnaben und am Lenkrad. Wo man in dem Auto hinschaut, hupft einem Trussardi entgegen – sogar auf den Sicherheitsgurten.

Dieser Windhund bellt nicht, wenn man ihn drückt, der hupt.
Foto: Guido Gluschitsch

Damit ist klar, mit spartanisch ist es in diesem Panda nicht mehr allzu weit her. Weil aber selbst der Designer-Panda als Allrad um unter 22.000 Euro (17.590 Euro kostet der 4x2) zu haben ist, muss man auf ein paar digitale Feinheiten verzichten. So gibt es keinen Abstandstempomaten, kein fettes Farbdisplay in der Mittelkonsole – die Funktion übernimmt gekonnt das eigene Smartphone – und keine unterschiedlichen Fahrmodi. Selbstverständlich gibt es die nicht. Ein Panda ist ein Panda. Punktum.

Sogar und Sitzen und Gurten geht es stylisch zu.
Foto: Guido Gluschitsch

Und da kann der gute Herr Giugiaro noch so fein gesagt haben: "Das Auto ist das bedeutendste Wohlstandssymbol der Welt". Am Panda bricht er sich dabei sein Kurvenlineal. Denn der Panda ist nicht Wohlstand – nicht einmal als Trussardi 4x4. Der Panda ist einfach nur Kult. Und vermutlich das am meisten unterschätzte Auto der Welt. (Guido Gluschitsch, 12.3.2020)

Am Heck darf der Trussardi-Panda noch stolz sein Fiat-Logo tragen.
Foto: Guido Gluschitsch