Prozess gegen einen Iraker wegen Brandanschlägen am Straflandesgericht in Graz.

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Graz – Ein 46-jähriger, dreifacher Vater hat sich am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen vier Brandanschlägen – unter anderem auf das Grazer Rathaus – verantworten müssen. Der Mann war im Juni des Vorjahres ausgerastet, weil er einen negativen Asylbescheid bekommen hatte und ihm seine drei Kinder vom Jugendamt abgenommen worden waren.

Staatsanwalt Christian Kroschl sprach von mehreren Verbrechen und Vergehen, die angeklagt sind – darunter Nötigung, teils versuchte Körperverletzung, aber am schwersten würden die versuchten Brandstiftungen wiegen.

Gutachter bestätigt Zurechnungsfähigkeit

Der Verteidiger des 46-Jährigen betonte in seinem Eröffnungsplädoyer, dass sein Mandant als Flüchtling in Österreich das System mit Anträge Stellen und dergleichen damals nicht verstanden habe. Die Taten seien "Kurzschlusshandlungen" gewesen. Grundsätzlich sei der Iraker geständig, er wollte Aufmerksamkeit, aber niemanden verletzen. "Es tut ihm selbstverständlich leid."

Noch am Vormittag war der psychiatrische Gutachter Manfred Walzl am Wort. Er bescheinigte dem 46-jährigen Angeklagten eine "emotional instabile Störung von impulsivem Typ". Der Beschuldigte sei "nicht in der Lage, Belastungsstörungen adäquat zu managen". Es liege eine "geistige Abartigkeit" vor, doch die Zurechnungsfähigkeit sei gegeben gewesen, wenn auch vermindert.

Kindesabnahme und negativer Asylbescheid

Der Iraker war im September 2014 in die Türkei und im Juni 2015 weiter nach Österreich geflüchtet. Im Jänner 2016 kam seine Frau mit den Kindern nach, "aber es gab Probleme". Gefährdungsmeldungen lagen vor und die Jugendwohlfahrt wurde eingeschaltet. Es standen Vernachlässigung, körperliche sowie psychische Gewalt und Misshandlungen der Kinder im Raum, von Verbrennungen, auch im Genitalbereich, war die Rede. Daher wurden den Eltern die Kinder im September 2017 abgenommen. Sie kamen in SOS Kinderdörfer.

Im April 2019 wollte der 46-Jährige die Obsorge zurück, doch die zuständige Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung lehnte den Antrag ab. Das Schreiben wurde am 17. Juni 2019 zugestellt. Wenige Tage vorher soll er auch einen negativen Asylbescheid erhalten haben, schilderte der Staatsanwalt.

"Noch am 17. Juni rief er mehrmals beim Kinderdorf an, das er da bereits nicht mehr betreten durfte", sagte Kroschl. Er hinterließ Beschimpfungen und Drohungen auf der Mobilbox der Einrichtung: Er werde alle fertig machen, den "Motherfuckern" zeigen, was ein "Haus des Respekts" sei. Er forderte die Kinder innerhalb von 24 Stunden zurück, ansonsten brenne er alles nieder, lautete die Drohung.

Von der Drohung zur Tat

"Am 19. Juni fasste er den Entschluss, seine Drohungen in die Tat umzusetzen", sagte der Ankläger. "Angetrieben von seinem Zorn, aber auch von Verzweiflung", habe der Beschuldigte Plastikflaschen mit Benzin gefüllt und sei zuerst zum Bezirksgericht Graz-West. Dort schüttete er den Brandbeschleuniger aus, verteilte Zeitungen und sprühte auch in Richtung eines Sicherheitsbediensteten. Dann zündete der 46-Jährige den Treibstoff an, das Hosenbein des Bediensteten begann dabei auch zu brennen. "Der Beschuldigte wollte einen weiteren Bediensteten absichtlich schwer verletzen", so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Kurz nach dem Brandanschlag im Gericht ging der Iraker weiter zum Rathaus ins Bürgermeisteramt, wo er ebenfalls Benzin anzündete. Mitarbeiter bemerkten die Flammen aber und löschten diese rasch. Dann marschierte der 46-Jährige weiter zur Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung in den vierten Stock, wo er im Warteraum Prospekte in Brand setzte.

Letzte Station war dann der Hauptbahnhof, wo er abermals gezielt mit Benzin auf einen Bahnbediensteten losging. Dieser flüchtete aber, ehe der Angeklagte den Treibstoff entzünden konnte. Danach schlug der Iraker mit einem Staubsaugerrohr auf Gegenstände ein und bedrohte Passanten, ehe er verhaftet wurde. Die Feuersbrunstgefahr sei laut den Gutachten zwar eher gering gewesen, aber aus Sicht der Staatsanwaltschaft wollte der Mann die Ausbreitung der Flammen herbeiführen.

Am Tag nach den Brandanschlägen drohte der Beschuldigte bei der Vernehmung mit weiteren Taten seiner "Mitstreiter", ganz Graz werde brennen, wenn er nicht freikomme, die Krankenhäuser würden für die Verletzten nicht ausreichen und auch dort würden alle getötet. "Auch wenn die Drohungen nur heiße Luft waren, müssen sie ernst genommen werden", sagte Kroschl. (APA, 10.3.2020)