Was sagt das Arbeitsrecht, wenn Kindergarten und Schule geschlossen werden? Muss ich arbeiten gehen, darf ich zu Hause bleiben oder meine Kinder ins Büro mitnehmen?

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  • Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten für Kinder unter 14 Jahren können von ihren Arbeitgebern bis zu drei Wochen Sonderurlaub bekommen, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am späten Donnerstagnachmittag. Die Entscheidung darüber trifft der Arbeitgeber. "Die Unternehmer entscheiden, ob sie die Mitarbeiter freistellen können." Im Falle einer Freistellung übernimmt der Staat wie erwähnt ein Drittel der Lohnkosten in den nächsten Wochen bis Ostern. Wer arbeiten muss, könne seine Kinder weiter in den Kindergarten oder die Schule bringen. Auf keinen Fall dürfen die Kinder zu den Großeltern gebracht werden, sagte Kurz.

So großflächige Schließungen wie derzeit angesichts der Coronavirus-Pandemie seien in der Zweiten Republik noch nicht vorgekommen, sagt Arbeitsrechtler Helmut Engelbrecht. Daher gebe es auch keine klaren rechtlichen Vorgaben. Unternehmen müssen einzelfallbezogen und damit individuell entscheiden, wie sie dabei vorgehen. Ob Kinder mit in die Firma dürfen, liege im Ermessen des Arbeitgebers.

Eine Möglichkeit wäre laut Engelbrecht, dass sich Eltern auf die Pflegefreistellung berufen. Diese besagt, dass Eltern von Kindern unter zwölf Jahren das Anrecht haben, für bis zu zehn Arbeitstage im Jahr freigestellt zu werden, wenn auch das Kind erkrankt. Für ältere Kinder können höchstens fünf Arbeitstage in Anspruch genommen werden. Dies gilt aber jeweils für beide Elternteile, auch wenn die Kinder nicht im eigenen Haushalt leben – und gilt auch für Adoptiv- und Pflegekinder. Die Konsumation dieser Pflegetage ist allerdings in einem Stück nur unter bestimmten Bedingungen gestattet.

Weitere Rechte

Die rechtliche Grundlage biete aber Spielraum für weitere Verhandlung. Der Entgeltfortzahlungsanspruch entfällt jedoch, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise an der Erkrankung der Kinder Schuld hat und trotz Reisewarnung in ein anderes Land gefahren ist, sagt Engelbrecht. Es wird voraussichtlich ausgesprochen komplex.

Hat der Arbeitgeber bei einer Schließung von Kindergärten und Schulen Vater oder Mutter freizugeben und muss dieser das Entgelt weiterzahlen, sieht das Epidemiegesetz einen Entschädigungsanspruch vor, sagt Engelbrecht.

Am Mittwochabend wurde bei der Pressekonferenz der Bundesregierung mitgeteilt, dass es noch keine Lösung in der Frage von Entgeltfortzahlungen für jene Eltern, die aufgrund von Betreuungstätigkeit der Arbeit fernbleiben, gibt. Es bestehe die Notwendigkeit, in den Betrieben Regelungen zu finden, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Dort, wo es möglich ist, soll man auf Teleworking zurückgreifen."

Empfehlung der Arbeiterkammer

Die Arbeiterkammer teilt auf ihrer Informationsseite mit: Während die notwendige Betreuung eines sonst unbeaufsichtigten Kindes, also das Fernbleiben von der Arbeit, keinen Entlassungsgrund darstellt, ist die Dauer der hierfür gebührenden Entgeltfortzahlung nicht abschließend geklärt. Dieser Anspruch muss im Einzelfall geprüft werden. Eine besondere Rolle spielt dabei das Alter des Kindes und die Frage, ob es anderweitige Betreuungsmöglichkeiten gibt. Wenn es solche gibt, müssen Eltern diese wenn möglich nutzen.

Die Wirtschaftskammer Österreich veröffentlicht auf ihrer Webseite, dass der Arbeitnehmer zu Hause bleiben darf, wenn ein persönlicher Dienstverhinderungsgrund vorliegt. Dazu muss die Betreuung des Kindes aufgrund seines Alters notwendig sein. Der Arbeitnehmer darf von der Arbeit fernbleiben und hat Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Ausmaß einer kurzen Zeit. Die Dauer hängt vom Einzelfall ab, zum Beispiel vom Alter oder Reifegrad des Kindes, und ist mit höchstens einer Woche beschränkt. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Homeoffice-/Telearbeit-Vereinbarung besteht. (Stefanie Leschnik, 11.3.2020)