Am Montag gehörte Österreich noch zu jenen europäischen Ländern, die eher gelassen mit der Corona-Krise umgehen. Seit Dienstag ist das Leben so stark eingeschränkt wie sonst nur in Italien. In den kommenden Wochen wird es keine größeren Theateraufführungen, Opernabende oder Konzerte geben, Sportveranstaltungen finden ohne Zuschauer statt, die Universitäten sind geschlossen, und die Einstellung des Schulunterrichts steht wohl bevor. Dabei steigt die hiesige Fallzahl zwar von Tag zu Tag, ist aber im internationalen Vergleich nicht besonders hoch.

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Sebastian Kurz, Rudolf Anschober und Karl Nehammer präsentieren das österreichische Krisenmamagement.
Foto: REUTERS/Lisi Niesner

War die Bundesregierung bisher zu lasch, oder übertreibt sie jetzt? Die unbefriedigende Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Die Corona-Krise ist von massiver Unsicherheit geprägt. Man weiß nicht, wie schnell sich das Virus ausbreitet, wie viele Menschen daran sterben werden und wie hoch der menschliche und wirtschaftliche Preis am Ende ausfallen wird. Politiker tappen bei ihren Entscheidungen im Dunkeln, genauso wie alle Experten, die sie zurate ziehen.

Zwei Faktoren dürften zum Meinungsumschwung in der türkis-grünen Regierung beigetragen haben: die rasante Verschlechterung der Lage im Nachbarland Italien sowie die guten Nachrichten aus China, wo die Zahl der Neuinfektionen deutlich gesunken ist. Was man daraus schließen kann: Massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens können die Epidemie stoppen, und je früher dies geschieht, desto besser.

Ausschnitte aus der Pressekonferenz im Video.
DER STANDARD/APA

Rückkehr zur Normalität

Ob die noch härteren Schritte in Italien Wirkung zeigen werden, ist offen. Aber hätte die Regierung Conte all dies eine Woche früher umgesetzt, dann wären wohl weniger Menschen gestorben, dann wären die Aussichten für das krisengeschüttelte Land weniger schlimm. Den chinesischen Weg der verordneten Quarantäne für Millionen gesunder Menschen kann eine Demokratie nicht gehen. Aber Österreich tut gut daran, frühzeitig zu handeln und nicht den Entwicklungen hinterherzuhecheln. Wahrscheinlich werden andere europäische Länder dem österreichischen Beispiel bald folgen.

Das gilt auch für das Einreiseverbot aus Italien. Es verstößt zwar gegen den europäischen Geist, kann aber helfen, Menschenleben zu retten und eine schnellere Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen.

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Entscheidend ist, dass all diese Maßnahmen temporär bleiben und so rasch wie möglich wieder enden. Dann werden sich auch die Schmerzen für Kulturschaffende und -freunde, Sportler und Sportfans sowie für alle Unternehmer und Arbeitnehmer, die nun von Einbußen betroffen sind, in vertretbaren Grenzen halten.

Bis dahin ist viel Solidarität gefragt. Man muss verhindern, dass Restaurants, Kinos, Hotels und andere Unternehmen in die Insolvenz rutschen, weil sie die Durststrecke nicht überleben. Eltern muss geholfen werden, wenn Kindergärten und Schulen schließen. In der Industrie gibt es zum Glück das Instrument der Kurzarbeit. Aber auch darüber hinaus muss dafür gesorgt werden, dass möglichst wenige ihren Job verlieren. Benötigt werden vorerst keine großen Konjunkturspritzen, sondern gezielte Staatshilfe. Und jeder Einzelne muss Disziplin beweisen und auch bei den leichtesten Symptomen zu Hause bleiben.

Ob Österreichs Krisenmanagement richtig war, wird man erst später wissen. Derzeit schaut es so aus, als ob das türkis-grüne Team auf dem schmalen Grat zwischen Leichtsinn und Panik Trittfestigkeit beweist. (Eric Frey, 10.3.2020)