ÖRK-Präsident Gerald Schöpfer, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm.

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Wien – Wie das mit der Teiltauglichkeit genau gehen soll, wissen die zuständigen Ministerinnen selbst nicht. Elisabeth Köstinger (ÖVP) sagte am Dienstag nach einem Zivildienstgipfel im Bundeskanzleramt, dass im Ministerrat am Mittwoch erst einmal beschlossen werden soll, dass ein Kriterienkatalog erarbeitet werden soll, nach dem entschieden wird, welche körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen für eine zweitrangige Tauglichkeit akzeptabel sind. Die für den Zivildienst zuständige Ministerin sprach dabei von jungen Männern, die bisher als für den Wehrdienst als untauglich gegolten haben, obwohl sie "ganz normal einen Führerschein" haben.

Zivildienst nur ein Wehrersatzdienst

Wobei das Leisten des Dienstes an der Republik als Wehrdienst vorgesehen ist – nur als Ersatzdienst kann man zum Zivildienst optieren, man muss Gewissensgründe geltend machen. In der Praxis heißt das, dass man es sich aussuchen kann.

Für die betroffenen Ministerien heißt es, dass sie um junge wehrdienstpflichtige Männer werben müssen – was gerade bei den jetzt stellungspflichtigen geburtenschwachen Jahrgängen zu einem Konkurrenzverhältnis führt.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ebenfalls ÖVP) sagte dem STANDARD, sie wolle schon in den Schulen für mehr Wehrgesinnung sorgen – sie hofft auf bis zu 3.000 zusätzliche Rekruten pro Jahr, wenn sich die Tauglichkeitskriterien ändern.

Werben um mehr Attraktivität

Köstinger hält dagegen: "Das zentrale Ziel ist, den Zivildienst zu verbessern und zu attraktivieren." Gemeinsam wollen die Ministerinnen dafür sorgen, dass nur mehr in der Stellungsstraße des Bundesheers über Gesundheit und über mögliche gesundheitliche Einschränkungen junger Stellungspflichtiger entschieden wird, andere ärztliche Gutachten sollen keine Rolle mehr spielen, auch soll es nicht mehr als cool gelten, untauglich zu sein.

Die Einführung der Teiltauglichkeit gilt auch rechtlich als umstritten: Denn gemäß einem Spruch des Bundesverwaltungsgerichtshofes Ende der Achtzigerjahre müssen für den Wehrdienst als fähig befundene Männer eine Waffe bedienen können und auch einem Mindestmaß an körperlicher Kraftanstrengung unterzogen werden können – selbst wenn sie sich für das Ableisten von Zivildienst entscheiden sollten, weil dieser eben als Wehrersatzdienst gilt.

Bedeutet laut dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer: "Damit kann man schwer jemanden als wehrtauglich befinden, der von vornherein nur als bürotauglich gilt." (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 10.3.2020)