Einreisestopp für Italiener nach Österreich: Was bis vor wenigen Tagen fast denkunmöglich schien, ist mittlerweile Realität. Was zur Eindämmung des infektiösen Coronavirus beitragen soll, trifft die Tourismusbranche ins Mark. Vor allem Wien leidet, wo der März und insbesondere der April mit den Osterfeiertagen zu den reisestärksten Wochen der Italiener im ganzen Jahr zählen.

Das Schloss Schönbrunn ist ein zuverlässiger Garant für Touristen. Seit März sank der Andrang an Besuchern um bis zu einem Drittel.
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"Alle sind betroffen, die Stadthotellerie genauso wie die Ferienhotellerie", sagt die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer. "Das trifft die Branche hart." Wie hart, zeigt ein Blick in die Statistik. Von den 2,9 Millionen Nächtigungen, die im Vorjahr mit Gästen aus Italien verbucht wurden, entfielen 837.000 auf Wien. Für die Bundeshauptstadt ist Italien gemessen an Nächtigungen der viertgrößte Herkunftsmarkt nach Deutschland, Österreich und den USA. Stärker von Italienern besucht als der April sind erfahrungsgemäß nur die Monate August und Dezember.

Kehrtwende bei Nächtigungen

Die Einbrüche in der Hotellerie lagen Anfang März im Vergleich zu 2019 bei 30 Prozent. Erstmals seit langem dürften Wiens Nächtigungszahlen eine Kehrtwende nehmen. Denn es bleiben nicht nur italienische und chinesische Gäste aus. "Wenn die Airlines ihre Flüge nach Wien reduzieren oder streichen, kommen auch weniger Gäste aus anderen Destinationen nach Österreich", sagt Reitterer.

Sie fordert neben Überbrückungshilfen auch die Möglichkeit von Kurzarbeit im Tourismus, zumal internationale Hotelketten von Überbrückungshilfen ausgenommen sind. Die Absage von Opern- und Theaterveranstaltungen wie auch von Firmenmeetings treffe die Branche zusätzlich.

Vor kurzem noch war der niederländische König Willem-Alexander zu Gast in Lech, andere Gäste blieben lieber zu Hause.
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Auch beim Wiener Tourismusmagneten Schloss Schönbrunn sinkt der Andrang. "Im Jänner und Februar hatten wir einen Rückgang von zehn Prozent, seit März bewegen wir uns Richtung 20 bis 30 Prozent", sagt eine Sprecherin des Schlosses. Neben Italienern blieben vor allem Chinesen aus. Die Eröffnungsfeier der Märklinmoderne-Ausstellung, die nächsten Mittwoch im Hofmobiliendepot startet, wurde abgesagt.

"Alles steht still"

Francesco Postiglione ist Reiseführer in Salzburg und arbeitet ausschließlich mit italienischen Reisegruppen. Ihm bricht Corona-bedingt das ganze Geschäft weg: März und April sei die Zeit für Schulgruppen. Seit dem ersten Erlass in Italien komme keine einzige mehr, sagt er. In den vergangenen Jahren habe er im März bis zu 39 Reisegruppen durch Salzburg geführt – heuer nur eine.

"Wien und Salzburg sind beliebte Reiseziele der Italiener. Das steht jetzt alles still", sagt Oskar Hinteregger von der Österreich Werbung in Mailand. Bei Wintersport spiele Österreich für sie aufgrund eigener guter Skigebiete in Norditalien eine kleine Rolle. Im Gespräch mit dem STANDARD beschreibt er seinen Blick auf eine menschenleere Straße, auf der ansonsten reges Treiben herrsche.

"Ich bin seit 1996 Unternehmer. So angespannt wie jetzt war ich noch nie", sagt Sepp Schellhorn. Der Wirtschaftssprecher der Neos, Gastronom und Hotelier, verbucht in seinen Salzburger Betrieben im Zuge abgesagter Veranstaltungen erste schmerzhafte Umsatzeinbußen. "Wir sind im Krisenmodus."

Knappe Liquidität

Schellhorn sieht hohe Liquiditätsengpässe auf die Branche zukommen. "Der größte Brocken ist die Sozialversicherung. Hier wird sich der Finanzminister was überlegen müssen." Sinkende Umsätze befeuerten die Freisetzung von Mitarbeitern. "Viele werden ihre Leute Stempeln schicken, es gibt ja kaum Kurzarbeit." Die Investitionen würden zurückgeschraubt, worunter zeitversetzt viele Handwerksbetriebe leiden würden.

Auch Gerhard Wendl, Chef der Jufa-Hotels mit 47 Standorten in Österreich, richtete einen Krisenstab ein. "Wir versuchen, die Mitarbeiter zu halten." Investitionen in die Instandhaltung würden vereinzelt zurückgestellt, Ausbildungen verschoben und Modelle für Kurzarbeit entwickelt. Rückläufige Buchungen und Stornos erlebt Wendl derzeit vor allem in Städten. "Zum Glück war die Wintersaison bisher sehr gut. Wir zehren nun von diesem Polster."

Am Arlberg werden die Skilifte wie geplant bis 26. April laufen, versichert Hermann Fercher vom Tourismusverband Lech Zürs. Für März und April zeichneten sich in dem internationalen Tourismusort Einbußen bei den Nächtigungen von 20 bis 30 Prozent ab. Ende Februar lagen die Zuwächse im Vergleich zu 2019 noch bei sechs Prozent. Fercher rechnet diesen Winter mit 780.000 bis 800.000 Nächtigungen. Im vorigen Winter waren es 850.000 Nächtigungen. (Andreas Danzer, Renate Graber, Verena Kainrath, Günther Strobl, 11.3.2020)