Die Bundesmuseen schließen bis Ende März ihre Pforten, geplante Ausstellungseröffnungen werden verschoben.

Foto: Harald Eisenberger

Wien – Die österreichischen Bundesmuseen werden als Maßnahme zur Eindämmung des Coronavirus heute nicht aufsperren und bis zumindest Ende März geschlossen bleiben. Nach Vorliegen des ausformulierten Erlasses der Regierung habe sich die Bundesmuseen-Direktorenkonferenz in der vergangenen Nacht entschlossen, einer entsprechenden Empfehlung zu folgen, sagte ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger der APA.

Die Formulierungen des Erlasses hätten Interpretationsspielraum gelassen, so Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder. Man habe aber eine einheitliche Lösung für alle Häuser angestrebt, die der Empfehlung des Bundeskanzleramtes und des Kunst- und Kulturstaatssekretariats Folge leiste.

Der "dringenden Empfehlung" sei man gefolgt, betonte Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM). "Das gesundheitliche Wohlsein unserer Besucher und Mitarbeiter steht absolut im Vordergrund, wenngleich die finanziellen Auswirkungen gravierend sind."

"Alle Annahmen für das Ergebnis 2020 sind mit dem heutigen Tag hinfällig geworden", sagte Haag am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Die aktuelle Situation sei mit einem großen Unsicherheitsfaktor verbunden. "Wir gehen derzeit davon aus, dass wir bis 3. April geschlossen haben. Aber es ist nicht auszuschließen, dass es länger dauern wird." Betroffen sind jedenfalls alle acht Standorte des KHM-Verbandes. Der Erlösverlust sei enorm, wobei die Generaldirektorin diesen noch nicht genau beziffern konnte. "Wir fallen um Eintritte, Vermietungen, Shopeinkünfte und Führungsentgelte um. Es ist sehr dramatisch."

Albertina, Nationalbibliothek, Leopold

Die Albertina sagt den heutigen Pressetermin für die neue "Albertina modern" ab und verzichtet auch auf die für Freitag vorgesehen gewesene erstmalige Publikumsöffnung der neuen Räumlichkeiten im renovierten Künstlerhaus. Man hoffe, im April aufsperren zu können und werde dann auch die abgesagten Eröffnungsfeierlichkeiten nachholen.

Die Österreichische Nationalbibliothek schließt auch ihre Lesesäle, sagte Rachinger, die derzeit den Vorsitz der Bundesmuseen-Direktorenkonferenz innehat. In den vergangenen Tagen seien vor allem in den normalerweise stark von Touristen frequentierten Museen große Besuchereinbußen zu verzeichnen gewesen. Auch zahlreiche eingemietete Veranstaltungen seien bereits von Kunden abgesagt worden. Der Entfall von Eintrittsgeldern und Mieteinnahmen werde in den Museen zu einer schwierigen wirtschaftlichen Situation führen, die sicher thematisiert werden müsste. "Es wird schwierig werden, unsere Budgets zu halten."

Ab dem morgigen Donnerstag geschlossen wird auch das Heeresgeschichtliche Museum. Das soll vorerst bis "voraussichtlich Ende März" so bleiben, wurde der APA in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt. Abgesagt wurden auch die dort für das Wochenende angesetzte Modellbaumesse "GoModelling" sowie ein Vortrag ("Zwischen Armeedeutsch und Armeeslawisch") am 17. März.

Auch das Leopold Museum und das Bank Austria Kunstforum in Wien bleiben bis Ende März bzw. Anfang April geschlossen, teilten die Einrichtungen per Aussendung mit.

Landesmuseen in Steiermark, Niederösterreich und Wien

Die Standorte des steirischen Universalmuseums Joanneum sollten vorerst noch offen bleiben. "Alle Häuser sind somit weiterhin zugänglich", hieß es. Man wollte darauf achten, dass nicht mehr als 100 Menschen in den Ausstellungsräumen gleichzeitig sind. Später entschied man sich dann allerdings doch für eine gänzliche Schließung.

Auch die Niederösterreichische Kulturwirtschaft GmbH (NÖKU) stellt den gesamten Veranstaltungs- und Ausstellungsbetrieb bis Donnerstag bis 3. April ein. "In einer dramatischen Situation müssen wir dramatische Maßnahmen setzen", teilte Geschäftsführer Paul Gessl am Mittwoch in einer Aussendung mit.

Zur NÖKU gehören viele große niederösterreichische Kulturinstitutionen wie die Kunstmeile Krems, das Arnulf Rainer Museum, die Landesgalerie Niederösterreich, die Schallaburg und das Festspielhaus St. Pölten. Bei bereits erworbenen Karten sollen die Kunden von den jeweiligen Betrieben kontaktiert werden. Bei Fremdveranstaltungen in den Häusern der NÖKU-Gruppe liege die Verantwortung beim Veranstalter, eine Verschiebung wird jedoch empfohlen.

SPÖ und IG Kultur fordern Krisengipfel

Angesichts der Einschränkungen bei Kulturveranstaltungen hat sich die IG Autorinnen Autoren mit einem "dringenden Hilferuf an die Regierung" gewandt. Die vielen Absagen aufgrund des Coronavirus würden für Kunst- und Kulturschaffende eine "Einkommenskatastrophe" bedeuten, heißt es in einer Aussendung. Unterdessen gab es weitere Absagen, aber auch Häuser, die den Spielbetrieb aufrecht halten.

Die in den kommenden Wochen nicht stattfindenden Veranstaltungen bedeuten etwa für Autoren "erhebliche Einnahmenverluste", wie Gerhard Ruiss von den IG Autorinnen Autoren schreibt. "Wir steuern auch auf eine Existenzkrise bei den Literaturveranstaltern zu." Wie es in den nächsten Monaten weitergehe, sei aktuell nicht absehbar. "Wir gehen aber davon aus, dass es nicht möglich sein wird, größere Veranstaltungen im ersten Halbjahr dieses Jahres durchzuführen." Ruiss forderte die sofortige Einberufung "eines Krisengipfels mit Repräsentant/inn/en aus allen Bereichen der Kunst und Kultur" sowie die Einrichtung von Soforthilfefonds.

Ähnliches fordert der SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda: Die Regierung müsse "schon im aktuellen Budget, das nächste Woche vom Finanzminister im Parlament präsentiert werden soll, Vorsorge treffen." Es solle einen finanziellen "Rettungsschirm" für die betroffenen Arbeitnehmer, Selbstständige und Kleinunternehmer geben.

Außerdem solle "rasch ein Krisengipfel mit den Vertretern der KünstlerInnen, wie etwa der IG Kultur, und mit den Sozialpartnern einberufen werden, bei dem man ein Maßnahmenpaket schnürt, das verhindert, dass durch die aktuellen Einschränkungen Existenzen vernichtet werden."

Besonders von der Beschränkung auf 100 Personen bei Indoor-Veranstaltungen betroffen sind viele Konzerte und Musikveranstaltungen. So wird der diesjährige Austrian Amadeus Music Award, der heuer zum 20. Mal stattgefunden hätte und am 23. April in der Wiener Stadthalle geplant war, verschoben. An einem Ersatztermin wird laut Aussendung derzeit gearbeitet, voraussichtlich soll er in der ersten September-Hälfte sein. Bereits erworbene Tickets für die Veranstaltung bleiben gültig, können aber auch zurückgegeben werden. Das Voting für den Musikpreis läuft unterdessen wie geplant bis Freitag, 13. März, weiter.

Geteilte Lösung und Häuser, die offen halten

Auf eine geteilte Lösung setzt das Animationsfilmfestival Tricky Women/Tricky Realities: Die feierliche Eröffnung, die heute Abend im Gartenbaukino angesetzt war, musste "schweren Herzens" abgesagt werden, die weiteren Veranstaltungen sollen aber stattfinden. Man werde jedoch die verfügbare Ticketzahl auf 100 begrenzen. Den selben Weg schlägt das in sechs Bundesländern angesetzte Filmfestival Hunger.Macht.Profite ein, hier soll die Grenze bei 90 Besuchern pro Veranstaltung liegen.

Verzichten muss man auf die Eröffnung der Ausstellung "Multiple Singularities" am morgigen Donnerstag im xE Ausstellungsraum der Akademie der bildenden Künste Wien, auf der Website der Akademie soll es aber mittels Videobotschaften Einblicke in die Gruppenpräsentation geben. Die Ausstellungsrundgänge am 27. März werden stattfinden, allerdings mit maximal 50 Teilnehmern.

Mit einem lauten "Wir spielen!" meldet sich hingegen das Wiener Schubert Theater zu Wort: Da das Haus weniger als 100 Personen fasst, "werden alle Veranstaltungen wie geplant durchgeführt". Am Mittwoch und Donnerstag stehen beispielsweise die letzten Vorstellungen von "Der Krieg mit den Molchen" an. "Klein, aber fein" lautet auch das selbstausgegebene Motto des Marionettentheaters Schloss Schönbrunn, dessen Saal ebenfalls weniger als 100 Menschen fasst, weshalb die nächsten Vorstellungen wie geplant stattfinden sollen.

In den Museen in Oberösterreich, Vorarlberg, Kärnten, Tirol und Salzburg sind Besuche derzeit noch möglich, es gibt aber diverse Einschränkungen: So soll darauf geachtet werden, dass sich nicht mehr als 100 Personen gleichzeitig in den Ausstellungsräumen befinden. Veranstaltungen sowie Vernissagen finden nicht statt. (APA, red, 11.3.2020)