Je mehr Tierarten in die Analyse aufgenommen werden, desto komplexer wird das Netzwerk ihrer Migrationsrouten.
Illustration: MaxCine

Am Dienstag ist Icarus ("International Cooperation for Animal Research Using Space"), ein Beobachtungssystem für Tierwanderungen auf der Internationalen Raumstation ISS, in Betrieb gegangen. Mit dem Kooperationsprojekt der Max-Planck-Gesellschaft, der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sollen die Zugrouten verschiedener Tierarten bei ihren Wanderungen erforscht werden, von Säugetieren über Vögel bis zu Insekten.

Mit dem Einschalten des Systems hat eine mehrmonatige Testphase begonnen, in der die Sender sowie die Systemkomponenten am Boden und an Bord der ISS geprüft werden. Nach Abschluss aller Tests wird Icarus den Nutzern voraussichtlich im Herbst 2020 zur Verfügung stehen, wie die Max-Planck-Gesellschaft berichtet. Die Informationen sollen in erster Linie für die Verhaltensforschung und den Tierschutz genutzt werden, aber auch Aufschlüsse über die mögliche Verbreitung von Pflanzensamen oder Krankheitskeimen bringen.

Das System

Für Icarus rüsten Forscher unterschiedliche Tierarten mit Miniatursendern aus. "Diese sogenannten Tags zeichnen die Position des Tieres und seine Bewegungen zusammen mit Umgebungsdaten wie Temperatur und Luftdruck auf", sagt Johannes Weppler, Icarus-Projektleiter im DLR-Raumfahrtmanagement. "Die Daten werden dann zunächst lokal gespeichert, bevor sie ins All gesendet werden."

Ein integriertes Computerprogramm im Sender gleicht die Umlaufbahn der ISS mit den eigenen Positionsdaten ab. Sobald die Raumstation in Funkreichweite ist, wird das Sende- und Empfangsmodul des Tags aktiviert, welches dann Kontakt zur Icarus-Antenne an der Außenseite der ISS aufnimmt.

Der Onboard-Computer verarbeitet die Daten und leitet sie an das russische ISS-Kontrollzentrum in Moskau weiter. Von dort werden die Daten an die deutschen und russischen Wissenschaftler verteilt. Nach einer ersten Auswertung werden die Informationen in einer Online-Datenbank, der sogenannten Movebank, gespeichert. Auf diese Daten können dann auch Wissenschafter weltweit zugreifen und eigene Analysen erstellen. Koordiniert werden sie dabei vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Deutschland und dem Institut für Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Zweiter Anlauf

Ursprünglich war die Inbetriebnahme von Icarus bereits für den Sommer 2019 geplant gewesen. Ein technischer Defekt im Onboard-Computer des Icarus-Systems verhinderte dies jedoch. Dank der Kosmonauten an Bord der ISS konnte der defekte Computer ausgebaut werden. Mit einem unbemannten Sojus-Flug im September 2019 kehrte dieser dann zur Erde zurück.

Anschließend analysierten die deutschen und russischen Experten die Fehlerquelle und bereiteten gleichzeitig einen Ersatzcomputer für den Start zur ISS vor. Im Dezember 2019 schließlich hob der neue Computer mit dem russischen Frachter Progress MS-13 vom Kosmodrom in Baikonur ab und erreichte kurze Zeit später die ISS. Dort wurde er von den Kosmonauten installiert und kurz vor Weihnachten erstmals kurz eingeschaltet. Da hier alles planmäßig verlief, wird die Inbetriebnahme nun wieder aufgenommen. (red, 11. 3. 2020)