Im Fall des Rekruten, der im Sommer 2017 bei einem Marsch starb, erheben Eltern und ihr Anwalt nun schwere Vorwürfe.

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Gut zweieinhalb Jahre nachdem ein Grundwehrdiener in Horn bei einem Hitzemarsch gestorben war, kündigte der Anwalt seiner Familie einen Fortführungsantrag bei Gericht an. Erst im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Krems die Einstellung der Ermittlungen gegen die Vorgesetzten des jungen Mannes, konkret vier Soldaten, bekanntgegeben.

Anfang August 2017 brach der 19-jährige Rekrut Toni P. bei dem Marsch bei 36 Grad zusammen, wenig später verstarb er. Todesursache war laut Obduktion Überhitzung des Körpers. Bei einer Blutuntersuchung wurde außerdem ein akuter Infekt festgestellt, der zu einer Sepsis geführt habe.

Via "Falter" erheben die Eltern, die nun doch noch Anklage erwirken wollen, schwere Vorwürfe. Ihr Anwalt Helmut Graupner moniert etwa, dass Toni P. nach seinem Zusammenbruch mit 43,5 Grad Fieber auf dem heißen Asphalt gelegen habe, als der Notarzt in der Kaserne eintraf. Toni P. könnte noch leben, wenn sich die Vorgesetzten an den Hitzeerlass des Bundesheeres, der ab 28 Grad gelte, gehalten und den jungen Mann sofort ins Spital gebracht hätten.

Im Detail machte der "Falter" auch Zeugenaussagen aus dem Akt publik, wonach etwa ein Gefreiter Toni P. angeherrscht haben soll: "Was machen Sie da, stehen Sie auf!" Obwohl der junge Mann, bereits in sehr schlechtem Zustand, angeblich mehrmals "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!" gesagt habe.

120 Prozent gegeben

Ein weiterer Zeuge soll angegeben haben, dass der zusammenbrechende Grundwehrdiener nach einem Arzt verlangt habe, angeblich habe er auch erklärt: "Ich brenne! Ich kann nicht mehr! Ich habe 120 Prozent gegeben! (...) Warum glauben Sie mir nicht, rufen Sie den Doktor!"

Anwalt Graupner hält zudem fest, dass Toni P. laut Zeugenangaben insgesamt dreimal zusammengebrochen sein soll, zweimal habe der Gruppenkommandant den Grundwehrdiener mit anderen Rekruten niedergeschrien, dass er weitergehen müsse. Summa summarum sei der junge Mann eine Stunde zu spät ins Krankenhaus gebracht worden, rechnete Graupner auf Ö1 vor.

In der Einstellungsbegründung der Justiz, die dem STANDARD vorliegt, wurde laut der Untersuchungskommission des Militärkommandos Niederösterreich zwar festgehalten, dass die Entscheidung, den Marsch überhaupt durchzuführen, nicht verboten gewesen wäre, zumal der Erlass unter dem Stichwort "vermeiden" einen gewissen Handlungs- und Interpretationsspielraum offenlasse. Dennoch werde das Vorgehen als "problematische Führungsentscheidung" bewertet.

Die Anklagebehörde selbst hält fest: "Eine objektive Sorgfaltswidrigkeit lässt sich daher angesichts der vorliegenden Umstände durch die Marschanordnung nicht hinreichend festmachen." Auf die nun bekannt gewordenen Zeugenschilderungen wird in dem knapp gehaltenen Schreiben der StA Krems nicht eingegangen. Nun ist dort ein Richtersenat am Zug, ob dem Fortführungsantrag der Familie stattgegeben wird. (Nina Weißensteiner, 11.3.2019)