In der Schwebe: die erste Budgetrede von Minister Blümel.

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Das erste Budget ist für einen Finanzminister immer etwas Besonderes. Im Fall von Gernot Blümel ist einer der außergewöhnlichen Punkte bei seiner Premierenvorstellung, ob diese überhaupt wie geplant am 18. März stattfinden kann. Der Notfallplan der Regierung nimmt zwar Sitzungen im Parlament aus, geklärt ist es aber noch nicht, ob die 183 Abgeordneten zusammentreten werden. Der Beschluss des Budgets selbst erfolgt im April.

Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien, hält ein klassisches Konjunkturpaket, wie es etwa die SPÖ fordert, noch nicht für nötig. "Das wäre zu alarmistisch", sagt Kocher. Es wäre aber auch rausgeschmissenes Geld, weil der Konsum auch an der Ausbreitung des Coronavirus leidet. Über ein Konjunkturpaket könne man nachdenken, "sobald man die Krankheit im Griff hat".

Finanzministerium hält sich noch zurück

Wirkungsvoller seien für Kocher staatliche Einzelmaßnahmen, etwa Geld für Kurzarbeit lockerzumachen, wie es die Bundesregierung vergangene Woche getan hat. 20 Millionen Euro stehen Branchen bereit, die durch das Coronavirus einen Nachfrageausfall haben. Dieser Topf dürfte aber erhöht werden. Die Sozialpartner monieren bereits, dass diese Mittel für heuer bereits ausgeschöpft seien. Die Kosten für die Kurzarbeit dürften aber nicht ausarten. "Im schlimmsten Jahr der Wirtschaftskrise wurden in Österreich etwa 100 Millionen Euro ausgegeben", erklärt Kocher.

Der Ökonom plädiert dafür, in dieser Situation mit Finanzhilfen ruhig "großzügiger als nachsichtiger zu sein". Denn jetzt besteht die Gefahr, dass Unternehmen schließen müssen und die Arbeitsplätze verloren gehen. Alles in allem gehe es jetzt um "ein paar Hundert Millionen Euro" für Maßnahmen, mit denen Firmen gestützt werden müssen, schätzt Kocher.

Inwieweit der Staat die heimische Wirtschaft mit Finanzspritzen zusätzlich stützen muss, dazu will das Finanzministerium im Moment noch keine Angaben machen. Blümels Ressort bittet um Geduld bis zur Budgetrede.

Weniger Steuereinnahmen

Durch das Coronavirus wird es aus Kochers Sicht schwieriger für den Finanzminister, wie geplant ein ausgeglichenes Budget zu erreichen. Die negativen Auswirkungen des Virus auf die deutsche und auf die italienische Wirtschaft werden sich auch negativ auf das heimische Wachstum auswirken. Immerhin geht es um Österreichs wichtigsten und zweitwichtigsten Handelspartner. Die Industriellenvereinigung hat das Wachstum um einen halben Prozentpunkt nach unten korrigiert. Das bedeutet: weniger Steuereinnahmen.

Für Budgetüberschüsse heuer und 2021 wird es aus heutiger Sicht ebenfalls knapper. Jener für nächstes Jahr war schon davor eng bemessen, weil dieser allein schon von der ersten Phase der geplanten Steuersenkung so gut wie aufgefressen worden wäre. "Das wird jetzt schwieriger, hängt aber davon ab, wie stark der Nachfrageausfall wird", erklärt Kocher. Die Regierung werde sich im Laufe des Sommers entscheiden müssen, "ob sie ein Defizit in Kauf nimmt oder nicht".

Laut Margit Schratzenstaller, Ökonomin des Wirtschaftsforschungsinstituts, muss der Minister nun umso mehr auf die Ausgaben schauen. Die Regierung dürfe es "nicht verabsäumen, sich Spielräume zu verschaffen".

Im Fördersystem und im Föderalismus liege viel Geld, das man heben kann. Der Finanzausgleich, der die Aufteilung der Steuergelder auf Bund, Länder und Gemeinden regelt, läuft Ende 2021 aus. "Darüber sollte man schon jetzt debattieren", sagt Schratzenstaller. "Viele Ausgabenbereiche mit Reformbedarf sind Förderalismusthemen."

"Zufällig gut gelaufen"

Um fehlende budgetäre Spielräume sorgen sich auch die Neos. Aber auch darum, dass durch die Krise die von der Regierung für 2021 avisierte steuerliche Entlastung wieder "abmoderiert" sein könnte, wie es Parteichefin Beate Meinl-Reisinger ausdrückt.

Die erste Phase der geplanten Senkung des Lohn- und Einkommenssteuersatzes 2021 kostet 1,6 Milliarden Euro. Inwieweit das machbar ist, bleibt abzuwarten, sagt Kocher. Auch das hängt davon ab, wie stark der wirtschaftliche Abschwung ausfällt oder ob es gar zu einem Negativwachstum kommt. Eine Steuerentlastung könnte aber gelegen kommen, "sobald die Krise gesundheitlich überstanden ist, um die Nachfrage zu stimulieren", sagt Kocher. Der Zeitpunkt könnte also passen.

"Zufällig gut gelaufen" ist laut Kocher auch, dass die Regierung derzeit zwei Budgets verhandelt und sich nicht für ein langfristiges "Doppelbudget" entschieden hat. Neben der Nachbesserung heuer buhlen die Ressorts schon um mehr Geld für 2021. Dieser Haushalt wird im Herbst präsentiert. Diese Aufteilung ist gut, sagt Kocher. In ein paar Wochen lässt sich mehr über die Ausbreitung des Coronavirus in Europa und in Österreich sagen. Bis zum Sommer will die Regierung auch ihre Pläne zur ökosozialen Steuerreform präzisieren. "Dann lässt sich vielleicht schon Substanzielleres zu den Klimainvestitionen sagen", sagt Kocher.

Der Plan war ein anderer

Eigentlich hatte die Regierung vor der Coronakrise nur eine leichte Anpassung des heurigen Budgets geplant. Das hatte zwei Gründe. Einerseits wurde Türkis-Grün erst im Jänner angelobt. Daher musste der Haushalt von 2019 von der Übergangsregierung fortgeschrieben werden. Andererseits fallen größere Steuerbrocken, wie die Steuerentlastung oder die Erhöhung des Familienbonus, in ein anderes Zeitfenster, also nicht in das heurige Budget.

Mehr Geld soll es für die Bereiche Justiz, Sicherheit, Bildung, Frauen und Klima geben. Inwieweit das noch gilt, will das Finanzressort vor der Budgetrede nicht vorwegnehmen. Kocher plädiert dafür, in dieses Budget nicht allzu viel hineinzuinterpretieren. "Darin lässt sich durch Corona nicht alles abschätzen", sagt er. Das sei aber kein Problem. Notfalls könnte die Regierung später noch ein Nachtragsbudget beschließen. (Jan Michael Marchart, 12.3.2020)