Lenzing-Chef Stefan Doboczky stellt sich auf eine längere Phase der Unsicherheit ein. An der Strategie, die preislich stark umkämpfte Standardviskose zunehmend durch Spezialfaserprodukte abzulösen, wird festgehalten.

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Wien – Die Lenzing AG aus Oberösterreich, einer der weltweit führenden Anbieter von Fasern aus Zellstoff, spricht vom schwierigsten Marktumfeld seit langem, mit dem man es zu tun habe. "Wir erwarten auch keine wesentlichen Änderungen in den nächsten Monaten", sagte der Lenzing-Vorstandsvorsitzende Stefan Doboczky bei der Bilanzpräsentation am Donnerstag. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist 2019 bei einem leicht verringerten Umsatz um 14,4 Prozent auf 327 Millionen Euro zurückgegangen. Noch kräftiger war der Einbruch beim Betriebsergebnis (Ebit) – minus 31,7 Prozent auf 162 Millionen Euro.

Das und die Tatsache, dass große Investitionen anstehen, bekommen auch die Aktionäre zu spüren. Die Dividende wird vorbehaltlich der Zustimmung der Hauptversammlung von fünf (drei Euro plus zwei Euro Bonuszahlung) auf einen Euro je Aktie gekürzt.

Fragezeichen über Hauptversammlung

Noch unklar ist, ob die Hauptversammlung wie geplant am 16. April durchgeführt werden kann oder aufgrund des wegen der Coronakrise auferlegten 100-Personen-Limits in geschlossenen Räumen verschoben werden muss. Laut Satzung könne die Hauptversammlung auch dezentral durch Einsatz digitaler Medien durchgeführt werden, nicht aber die Abstimmung. Bis 19. März habe man mit der Entscheidung noch Zeit, spätesten dann müssten die Einladungen ausgeschickt werden. "Wir werden bis zum letzen Moment warten und dann entscheiden, was wir tun", sagte Doboczky.

Im Moment fahre man "auf Sicht", Prognosen seien schwer, da alles im Fluss sei. Doboczky und Lenzing-Finanzvorstand Thomas Obendrauf gehen allerdings davon aus, dass das Ergebnis (Ebitda) im heurigen Jahr unter dem des Vorjahrs zu liegen kommen wird.

Rentabilitätssteigerung im Blickfeld

Trotz des Gewinnrückgangs im Vorjahr, der sich auch in einem von 148 auf 115 Millionen Euro verringerten Jahresergebnis niederschlug, sei man angesichts der Marktsituation mit dem Erreichten zufrieden. Den Umbau des Produktportfolios weg von Standardviskose hin zu Spezialfasern mit deutlich besseren Preisen werde man zügig vorantreiben. Das sollte auch die Rentabilität deutlich erhöhen. Bei Standardviskose beispielsweise verzeichnete die Branche im Vorjahr ein historisches Preistief, was auf vermehrte Kapazitäten zurückzuführen sei, die in den Markt kamen. Machte der Anteil von Standardprodukten im Lenzing-Portfolio 2018 noch 54,5 Prozent aus, war es im Berichtsjahr bereits weniger als die Hälfte, gut 50 Prozent waren bereits Spezialfasern wie Tencel oder Ecovero. 2024, so der Plan, sollen die Spezialitäten bereits mehr als 75 Prozent vom Gesamtoutput ausmachen.

Zurzeit merke man eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Spezialfasern, die für die Herstellung von Hygieneartikeln inklusive Wischtüchern benötigt werden. In anderen Bereichen laufe das Geschäft eher schleppend.

Produktion in China wieder normal

Vom Ausbruch des hochinfektiösen Coronavirus in China war auch Lenzing betroffen, das seit vielen Jahren auch im Reich der Mitte produziert. Der Betrieb lief zwei Wochen lang eingeschränkt, weil man zwei Produktionslinien wegen Rohstoffmangels temporär stilllegen musste. Inzwischen laufe die Produktion wieder regulär, sagte Doboczky. (Günther Strobl, 12.03.2029)