Crocidura caudipilosa ist der jüngste Neuzugang in der artenreichen Familie der Spitzmäuse – und höchstwahrscheinlich nicht der letzte.
Foto: Kevin Rowe, Museums Victoria

Säugetierarten, die noch nicht wissenschaftlich beschrieben wurden, werden im 21. Jahrhundert nicht mehr allzu häufig entdeckt. Einem Team der Louisiana State University ist dies nun in bergigen Regionen der indonesischen Insel Sulawesi geglückt: Es handelt sich um eine Spitzmaus.

Anders als Mäuse sind Spitzmäuse keine Nagetiere, sondern Insektenfresser wie Igel oder Maulwürfe. Weltweit gibt es hunderte verschiedene Arten von ihnen. Alleine die Gattung der Weißzahnspitzmäuse (Crocidura), zu denen die Neuentdeckung gerechnet wird, umfasst 200 Arten. Dazu zählen auch die in unseren Breiten vorkommenden Feld- und Gartenspitzmäuse.

Der Neuzugang

Im "Journal of Mammalogy" beschreiben die Forscher um Jacob Esselstyn das nun auf Sulawesi entdeckte Tier, das am Rücken graubraunes und am Bauch silbergraues Fell, eine lange spitze Schnauze und einen Schwanz hat, der länger ist als Kopf und Rumpf zusammengenommen. Abgesehen von seinem für Spitzmäuse ungewöhnlichen Verhalten, auf Bäume zu klettern, ist das etwa zehn Zentimeter lange Tier den Forschern vor allem wegen dieses Schwanzes ins Auge gestochen: Er trägt Haare und dickere Borsten gleichermaßen – keine andere Spitzmaus in Indonesien, Malaysia oder auf den Philippinen sehe so aus, so die Forscher.

Diese Besonderheit hat die Bestimmung, dass es sich um eine eigene Spezies handeln muss, erleichtert. Denn auch wenn die Artenvielfalt in dieser Gruppe hoch ist, sehen die kleinen Säuger einander verflixt ähnlich. Oft sind DNA-Analysen notwendig, um Angehörige verschiedener Spezies unterscheiden zu können.

The Naming of the Shrew

Und der Schwanz hat dem Tier auch zu dem Namen verholfen, den es nun trägt: Crocidura caudipilosa. Was genau genommen eine Tautologie ist – sowohl der fast 200 Jahre alte Gattungsname "Crocidura" als auch der neue Artzusatz "caudipilosa" bedeuten letztlich nichts anders als "haariger Schwanz". Den Prozess der Namensfindung hat die Louisiana State University in ihrer Aussendung in Anspielung auf ein Drama von William Shakespeare unter dem schönen Titel "The Naming of the Shrew" zusammengefasst.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird diese Neuentdeckung nicht die letzte bleiben. Während Taxonomen in den meisten Säugetiergruppen nur noch in Ausnahmefällen fündig werden dürften, gibt es an neuen Spitzmäusen voraussichtlich noch eine ganze Reihe zu entdecken. Erst vor kurzem wurde aus China die Existenz mehrerer potenzieller Kandidaten gemeldet.

Die größte Herausforderung dürfte dabei der Erhalt der Lebensräume der Tiere sein. Die Forscher aus Louisiana verweisen auf einige Beispiele von Exemplaren, die im frühen 20. Jahrhundert eingesammelt worden waren. Als Biologen später zu den damaligen Fundorten reisten, um eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen, waren die Wälder Landwirtschaftsflächen gewichen und die Tiere verschwunden. (jdo, 12. 3. 2020)

Weißzahnspitzmäuse sind auch in unseren Breiten ein vertrauter Anblick.
Foto: APA/dpa/Frank Rumpenhorst