Sars-Mitentdecker Christian Drosten beforscht den Coronavirenstamm seit Jahrzehnten. Er ordnet die aktuellen Erkenntnisse zu Sars-CoV-2 täglich im Podcast ein.

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Seit Anfang Jänner vergeht kein Tag, an dem Christian Drostens Expertise zu Sars-CoV-2 nicht gefragt wäre. Der Leiter der Virologie an der Berliner Charité ist wie kaum ein anderer als Auskunftsperson geeignet. Der 47-jährige Arzt ist renommierter Experte, hat 2003 das Sars-Virus mitentdeckt, da er sich in seiner Habilitation an der Universität Frankfurt mit Nachweistests befasst hatte. Er beforscht aber auch das Coronavirus Mers, kennt also die molekularbiologische Genetik dieser Virenfamilie, und hat zudem großes epidemiologisches Know-how. Deshalb kann er gut Thesen ableiten, das hat er den meisten Experten voraus.

Obwohl es für Drosten als Forscher derzeit eine Flut neuer Informationen auszuwerten gilt, nimmt er sich Zeit für Aufklärungsarbeit, vor allem in seinem populären Podcast im NDR. Aktuell warnt er davor, dass Opa und Oma in der schulfreien Zeit auf ihre Enkel aufpassen. "Wir müssen die Bevölkerung jenseits des Rentenalters schützen", sagt er. Aus der Sars-Epidemie habe man gelernt, wie wichtig die offene Kommunikation mit der Bevölkerung bei der Eindämmung ist. Er nehme diese Rolle deshalb sehr ernst.

Ein Forscherleben lang mit Viren

Drosten wuchs auf einem Bauernhof im niedersächsischen Emsland auf. Nach seinem Studium arbeitete er am Institut für Tropenmedizin am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg, 2007 wechselte er als Leiter der Virologie nach Bonn, 2015 schließlich an die Charité. 25 Mitarbeiter kamen mit ihm nach Berlin.

Wichtig ist ihm seine Einrichtung Charité Global Health, eine zentrale Anlaufstelle für Konzepte und Interventionen zur Verbesserung der Gesundheit und zur Bekämpfung von Krankheiten in einer globalisierten Welt.

Er und sein Team haben seit Anfang Jänner stets die neuesten Daten zum Virus aus China bekommen und sich damit als Referenzzentrum für Europa etabliert. Von hier beziehen Virologen ihr Wissen in Echtzeit. Denn Drosten setzt sich auch für Datentransparenz unter Forschern ein, kritisiert Wissenschaftsjournale, die aus Konkurrenzdenken Fakten für die Erstpublikation zurückhalten.

Virologen wissen, dass sich die Datenlage zu Sars-CoV-2 stündlich ändern kann und Strategiewechsel nötig macht. Deshalb wird Drosten medial wohl präsent bleiben. Dass er ein Medienstar werden würde, war niemals sein Plan. Der Vater eines zweieinhalbjährigen Sohnes macht in Krisenzeiten wie diesen auch in diesem für ihn artfremden Gebiet einen guten Job. Sein Wissen geht deshalb auch regelmäßig viral. (Karin Pollack, 12.3.2020)