Viele sorgen sich um die Älteren – der Bund verhängt deshalb Besuchssperren für Spitäler und Altersheime.

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Großeltern bekommen in Zeiten der Pandemie besondere Aufmerksamkeit: Um die Enkerln sollen sie sich bitte nicht kümmern, appelliert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), auch dann nicht, wenn die Schulen zu sind. Sie selbst sollten sich einschränken, empfiehlt der Kanzler weiter, "üben Sie sich in den nächsten Wochen in Zurückhaltung", lautet sein Appell.

Die ältere Generation ist es nun, die besonderen Schutz braucht, immerhin verläuft Covid-19 vor allem bei dieser heftiger – auch jene, die daran versterben, sind meist älter. "Ältere Menschen, die wegen ihres schwächeren Immunsystems und Vorerkrankungen häufig anfälliger für das Virus sind, sollten möglichst zu Hause bleiben", heißt es dazu vom Robert-Koch-Institut. Daten aus China, wo die Zahl der Ansteckungen mittlerweile zurückgeht, zeigen: Das mittlere Alter unter den chinesischen Erkrankten liegt bei 51 Jahren, rund 78 Prozent der Fälle sind zwischen 30 und 69 Jahren alt.

Anschober ordnet Besuchsverbot an

Einzelne Träger von Pensionistenwohnheimen, Spitälern und Pflegehäusern reagierten schon am Donnerstag und verkündeten nach und nach Besuchersperren, ganze Länder zogen nach. Am frühen Abend folgte der generelle Auftrag des Gesundheitsministers Rudolf Anschober (Grüne): In Spitälern und Seniorenwohnheimen "wird es eine weitestgehende Besuchsreduktion geben", hieß es. Ausnahmen bei Spitälern gebe es nur im Bereich der Kleinkinder und im Bereich der palliativen Betreuung. Es handle sich bei der Maßnahme um eine Empfehlung, kein Verbot, konkretisierte Anschober später. Die zuständigen Stellen der Länder sollen entsprechende Empfehlungen an die Träger der Einrichtungen weiter.geben

Anschober folgte damit einer Forderung von Expertinnen und Experten. Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV), sagt dazu gegenüber dem STANDARD, es sei nun wichtig, eine Risikoabschätzung vorzunehmen und Prioritäten zu setzen: "Ja, sicherlich sind soziale Kontakte für Menschen in Langzeitbetreuung ein wichtiges Element, aber wir haben von den besten sozialen Kontakten nichts, wenn wir uns ein erhebliches Potenzial an infizierten Patienten einhandeln."

Von Josef Berghofer vom Bundesverband "Lebenswelt Heim", bei dem rund 650 Einrichtungen Mitglied sind, heißt es im Einklang mit Frohner: Natürlich müsse man mit Augenmaß vorgehen, weil Besuche generell sehr wichtig seien, "aber in dieser Ausnahmesituation braucht es auch Ausnahmeregelungen".

Drei Phasen der Eindämmung

Niki Popper vom Institut für Information Systems Engineering an der Technischen Universität Wien – er entwickelt dort gemeinsam mit Kollegen Computermodelle, die die Ausbreitung von Krankheiten simulieren – spricht von drei Phasen der Einbremsung. Die erste sei, Quellen zu suchen und zu eliminieren, in dieser setze man die Zahl der Ansteckungen auf null. Diese Phase sei in Österreich abgeschlossen. "Dann geht es darum, Superspreader zu verhindern", also Leute mit einem hohen Multiplikationsfaktor von einer Verbreitung abzuhalten – etwa Kindergartenpersonal. "Die dritte Phase ist die Reduktion von Kontakthäufungen zu gefährdeten Patientinnen und Patienten", so Popper, also im Falle des Coronavirus weniger Besuche von Orten, an denen alte Menschen seien. "Das senkt den Anteil der Multimorbiden und chronisch Kranken und damit die generelle Sterblichkeit", sagt Popper.

Was kommt nach Schritt drei? Die Vorstellung, man würde diese und jene Schraube drehen und dann die Ausbreitung im Griff haben, sei falsch, sagt Popper. "Man kann sich das eher wie eine große Wolke vorstellen, an jedem Punkt, wo ich Kontakte rausnehme, ergibt das Sinn", sagt Popper. Allerdings: Keine Kontakte seien keine Lösung. Es gehe darum, die Punkte zu finden, an denen man die größten Benefits hat.

Quarantäne im Seniorenheim

Was passiert, wenn es direkt im Seniorenheim zu einer Infektion kommt, zeigte sich im Haus Hohe Warte des Kuratoriums der Wiener Pensionistenwohnhäuser (KWP). Dort wurde eine Mitarbeiterin positiv auf das Virus getestet, 21 Personalkräfte sowie sieben Bewohnerinnen und Bewohner mussten in Quarantäne. Im Fall Hohe Warte, wo ein Großteil der Seniorinnen und Senioren in eigenen Wohneinheiten lebt, wurden diese schlicht dort abgesondert, heißt es von einem KWP-Sprecher gegenüber dem STANDARD, "einige Fälle, die in einem demenziellen Erkrankungszustand sind, wurde in ein eigens hergerichtetes Quarantänezimmer zusammengefasst und werden nun dort betreut".

Sollte in einem Haus, in dem es keine eigenen Wohnungen gebe, ein Fall auftreten, werde dort gemäß einem Notfallplan eine spezielle Station unter Quarantäne gestellt. Generell würden nun Mahlzeiten gestaffelt stattfinden, damit nicht zu viele Menschen in einem Raum sein müssten. "Was wir aber nicht wollen", so der Sprecher, "ist, dass wir jetzt jedes soziales Leben lahmlegen." (Gabriele Scherndl, 13.3.2020)