"Wir werden dieses Virus auch besiegen!", ist sich Ulrike Lunacek sicher.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) hat für Freitagmittag Vertreter der Kulturszene zum runden Tisch eingeladen, um die Folgen der starken Einschränkungen durch das Coronavirus zu diskutieren. "Es ist klar, dass diese Gesundheitskrise auch den Kunst- und Kulturbereich massiv betrifft", sagte sie am Vormittag bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen Leitung des Naturhistorischen Museums.

Es sei "eine schwierige Zeit, eine herausfordernde", es werde aber auch "eine Zeit nach Corona" geben. "Wir werden dieses Virus auch besiegen!" Einzelne Künstler, die in existenzielle Notlagen kämen, könnten sich an den Unterstützungsfonds der Künstler-Sozialversicherung wenden, die derzeitigen Maßnahmen seien mit Sicherheit ein "unvorhergesehenes Ereignis" im Sinne der dortigen Regelungen. Was die zu erwartenden großen Einnahmeausfälle der Institutionen angehe, verwies sie auf bereits getroffene Unterstützungsmaßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe sowie laufende Gespräche in der Regierung. "Der Ernst der Lage ist uns bewusst. Es wird Schritt für Schritt weitere Maßnahmen geben."

Darauf angesprochen, dass im Ausland Kulturinstitutionen verstärkt bis nach Ostern schließen würden, in Österreich sich die Kulturbranche aber im Augenblick auf eine Wiedereröffnung am 3. April abends einstelle, sagte die Staatssekretärin: "Es kann durchaus sein, dass es länger dauert."

Verwertungsgesellschaften mit Hilfsfonds für Musiker

Angesichts der vielen Konzertabsagen aufgrund des Coronavirus haben die Verwertungsgesellschaften AKM und Austro Mechana einen Kultur-Katastrophenfonds für Musikschaffende eingerichtet. Durch die aktuelle Situation werde die "vielfach prekäre Lage der Musikschaffenden (...) weiter verschärft", hieß es am Freitag. Den Mitgliedern stellt man nun insgesamt eine Million Euro zur Verfügung.

Der Fonds soll Einkommensausfälle auffangen, diene aber auch "der Liquiditätssicherung, indem Überbrückungshilfen und Darlehen gewährt werden". Finanzielle Unterstützung hat auch die Interpretengesellschaft Oestig zugesichert, wobei die Mittel nicht näher beziffert wurden. "Herausfordernde Zeiten brauchen konstruktive Lösungen. Mit dem Kultur-Katastrophenfonds wollen wir rasch und möglichst unbürokratisch jenen Musikschaffenden helfen, deren Existenzgrundlage durch das Coronavirus gefährdet ist", so AKM-Präsident Peter Vieweger. Gleichzeitig wurde betont, dass auch die Gebietskörperschaften in der Verpflichtung stünden, "dringend notwendige Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um das Überleben des vielfältigen Musik- und Kulturbetriebs in Österreich zu gewährleisten".

Bereits am Donnerstag hat der Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreichs (VTMÖ) alle österreichischen Sender dazuaufgerufen, verstärkt heimische Künstler zu spielen. "Insbesondere der ORF trägt als öffentlich-rechtliches Medienunternehmen erhöhte Verantwortung", hieß es in der Mitteilung. Alle Radio- und TV-Sender sollten daher "doppelt so viel Musik aus Österreich" spielen. "Es geht um viele Millionen an Tantiemen für Musikschaffende." Mitglieder beim VTMÖ sind viele österreichische Indie-Labels und Kleinunternehmen aus der Musikwirtschaft.

Unterdessen meldeten sich auch die Kultursprecher von SPÖ und Neos in einer gemeinsamen Aussendung zu Wort: SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda und Neos-Kultursprecher Sepp Schellhorn bieten der Regierung "einen nationalen Schulterschluss und die Zusammenarbeit bei der Erarbeitung und Koordinierung von Hilfsmaßnahmen für betroffene ArbeitnehmerInnen, Selbständige und Institutionen an". Drozda plädierte für einen Krisengipfel, an dem Regierung, Sozialpartnerschaft und die Interessensvertretungen der Kunst- und Kulturschaffenden teilnehmen sollen. Schellhorn plädierte dafür, den Rettungsschirm für Klein- und Mittelbetriebe "unbedingt auch über die Kulturschaffenden und kleine Einrichtungen" aufzuspannen.

Icom Österreich fordert zusätzliche Mittel für Museen

"Solidarität mit den Museen" fordert Icom Österreich: Da etliche Häuser aufgrund des Coronavirus geschlossen haben und dementsprechend mit finanziellen Ausfällen rechnen müssen, befürchtet das österreichische Komitee des internationalen Museumsverbands eine "existenzbedrohende" Situation. Die Politik müsse daher die Liquidität der Museen sicherstellen und zusätzliche Finanzmittel budgetieren.

Es sei damit zu rechnen, dass die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Erkrankungen noch länger notwendig sein werden, hielt Icom Österreich am Freitag in einer Aussendung fest. Deshalb seien die politischen Entscheidungsträger gefordert, "rasch und in aller Klarheit" Maßnahmen für die österreichischen Museen und ihre Mitarbeiter zu treffen. Neben den beiden genannten Punkten soll auch ein Notfallfonds eingerichtet werden, "der schnell und unbürokratisch Finanzzuschüsse vergibt". Dies sei insbesondere für freie Dienstnehmer, Selbstständige und Kulturvermittler wichtig. Am kommenden Donnerstag gibt es eine Pressekonferenz des Icom Österreich "zur aktuellen Lage".

Nach zahlreichen Absagen in Österreich in allen Sparten gab nun auch das seit einigen Wochen laufende Akkordeonfestival, das noch bis zum 22. März stattgefunden hätte, die ersatzlose Absage aller Termine bekannt. "Es scheint uns mehr als angebracht dazu beizutragen, dass die aktuelle Bedrohungslage nachhaltig überwunden werden kann", heißt es dazu in einer Aussendung.

Internationale Absagen

Hollywood reagierte unterdessen auf die zunehmende weltweite Verbreitung des Coronavirus mit den Verschiebungen von großen Filmen. Nach dem neuen James-Bond-Abenteuer "Keine Zeit zu sterben" trifft es etwa auch die Realverfilmung des Disney-Zeichentrickfilms "Mulan", die Horrorfilm-Fortsetzung "A Quiet Place 2" oder die neunte Ausgabe der "Fast and Furious"-Reihe. Gleichzeitig hat der Unterhaltungsriese Disney angekündigt, seine Freizeitparks in den USA und Paris zu schließen. Jene in Tokio, Hongkong und Schanghai sind schon seit mehreren Wochen zu. Mit der Maßnahme sollten Beschäftigte wie Besucher geschützt werden, hieß es.

Auch die Theater am berühmten New Yorker Broadway machen vorübergehend dicht. Der Gouverneur des US-Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, untersagte am Donnerstag Versammlungen von mehr als 500 Menschen. Der Branchenverband Broadway League erklärte daraufhin, alle Theater blieben von Donnerstagabend an bis zum 13. April geschlossen. Zuvor hatte bereits das größte Museum New Yorks, das Metropolitan Museum of Art, seine vorübergehende Schließung verkündet. Ebenfalls alle Veranstaltungen abgesagt haben die Metropolitan Opera, die New Yorker Philharmonie und das berühmte Konzerthaus Carnegie Hall.

Verschoben wurde auch die Art Cologne, die für Ende April geplant war. Die größte deutsche Kunstmesse soll nun von 19. bis 22. November parallel zur Cologne Fine Art & Design stattfinden. Gleichzeitig haben immer mehr Bühnen in Deutschland, von der Elbphilharmonie in Hamburg bis zur Semperoper in Dresden, ihren Spielbetrieb eingestellt. Der Privatsender ProSieben will wiederum zum Schutz vor dem Coronavirus mehrere Fernsehshows ohne Publikum aufzeichnen. Betroffen sind Formate wie "The Masked Singer", "Late Night Berlin", "Wer schläft, verliert!" und "Joko & Klaas gegen ProSieben". (APA, 13.3.2020)