Die 1822 gegründete Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, die älteste deutsche wissenschaftliche Vereinigung, hält seit fast 200 Jahren jährlich Versammlungen für den wissenschaftlichen Austausch ab. Naturgemäß finden sie meist in Deutschland, aber auch in den umliegenden Nachbarländern statt. Bislang elf Versammlungen wurden in Österreich ausgetragen: 1831, 1856, 1913 und 1966 in Wien, 1843 und 1843 in Graz, 1869, 1924 und 1978 in Innsbruck sowie 1881 und 1909 in Salzburg.

Austria und die Cholera – Allegorie auf die Bedrohung Wiens durch die Choleraepidemie 1831/32 von Leopold Bucher.
Foto: ÖNB / Bildarchiv Austria

Die 1831er-Tagung in Wien: Wegen Cholera abgesagt

Gleich die erste Tagung in Österreich, die Graf Kaspar Sternberg (1761–1838) nach Wien geholt hatte, konnte nicht termingerecht abgehalten werden. Zunächst fing alles gut an, Kaiser Franz I. (1768–1835) hatte mit Allerhöchster Entschließung vom 15. Dezember 1829 dem Wunsch entsprochen, die 10. Tagung der Gelehrtenvereinigung in Wien abhalten zu dürfen. Die Geschäftsführung hatten die beiden Naturforscher Josef Franz Freiherr von Jacquin (1766–1839) und der Astronom Johann Littrow (1781–1840) übernommen. Die Einladung, das Erste Zirkular, wie man heute sagen würde, wurde am 31. Mai 1831 verschickt. Die Veranstaltung war für den Zeitraum vom 19. bis zum 27. September 1831 anberaumt. Doch am 24. August 1831 musste man zurückrudern, die in Europa grassierende Cholera hatte Wien erreicht.

Die 1831er-Tagung wird zur 1832er-Tagung

Über den Winter 1831/32 war die Cholera so gut wie verschwunden, aber im Frühjahr 1832 kam sie wieder. Die Cholera hatte unter der Wiener Bevölkerung, die damals 330.000 Menschen zählte, bei 4.362 Erkrankungen 2.188 Todesopfer gefordert. Trotzdem wurde am 12. Juni 1832 eine erneute Einladung zur Naturforscherversammlung ausgesprochen. Als neuer Termin wurde der 18. bis 27. September 1832 festgelegt. Neben Versammlungen mit Vorträgen gab es auch Abendeinladungen und Exkursionen. Am 22. September waren die Gelehrten bei "Herr Fürsten von Metternich zu einer Soirée" in der Haus-, Hof- und Staatskanzlei geladen, wo sie auf das "Glänzendste und Huldvollste empfangen" wurden.

Fürst Metternich (um 1835/40), das Bild findet sich im Heeresgeschichtlichen Museum.
Foto: Gemeinfrei

Am nächsten Tag stand eine Exkursion mit 39 vierspännigen Postwagen nach Baden bei Wien auf dem Programm. Hier wurden unter anderem die Rolett'sche Kunst- und Naturaliensammlung sowie die Bäder besichtigt. Am 25., einem Dienstag, ging's nach Laxenburg. Der Kaiser hatte zu einer Mittagstafel geladen; die Forscher kamen in 75 Eilpostwagen, begaben sich um 4 Uhr (!) zur Tafel. 450 Gedecke in drei langen Tischreihen standen bereit, dazu spielte der "gefeyerte Strauss" (Johann Strauß Vater, 1804–1849), um das "Vergnügen der Gäste zu beleben".

Metternichs Anregung: Einheitliches Farbschema

Bei der dritten Sitzung der Versammlung ging es am 24. September um geologische Themen. Hier nahm übrigens Metternich (1773–1859) persönlich teil. Er war nicht nur Zuhörer, sondern brachte auch Ideen ein, so schlug er bei geognostischen [=geologische] Karten ein einheitliches Farbschema vor. Schon bei der nächsten Tagung in Breslau sollte ein Ergebnis präsentiert werden. Dem war nicht so. Denn 1850 resümiert der deutsche Geologe Bernhard Cotta (1808–1878): "Es wäre sehr gut, wenn man sich von der Zeit an, in welcher man anfing, geognostische Karten zu coloriren, über bestimmte Principien geeinigt hätte. Das ist aber leider nicht geschehen, und jetzt ist es wahrscheinlich zu spät dazu."

Der Ammonit Pinacoceras metternichi wurde von Franz v. Hauer (1822–1899) dem Fürsten zu Ehren benannt. Er kommt in Gesteinen der Trias (Erdmittelalter) vor.
Foto: Geologische Bundesanstalt

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"Farbenschema für die Herausgabe durch die k. k. geologische Reichsanstalt bestimmten Blättergruppen der Geologischen Specialkarte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie."
Geologische Bundesanstalt

Dem zum Trotz wurde 1898 von der k. k. geologischen Reichsanstalt, der Vorgängerinstitution der heutigen Geologischen Bundesanstalt, "ein Farbenschema für die Herausgabe durch die k. k. geologische Reichsanstalt bestimmten Blättergruppen der Geologischen Specialkarte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie" publiziert. (Thomas Hofmann, 16.3.2020)