Einsatz von Desinfektionsmitteln gegen das Coronavirus in Bethlehem.

Foto: EPA_ABED AL HASHLAMOUN

Bild nicht mehr verfügbar.

Wegen des Coronavirus könnten Gantz (links) und Netanjahu (rechts) am Ende vielleicht doch eine Koalition bilden.

Foto: Reuters

Die Corona-Krise könnte Israels führende Politiker zur Zusammenarbeit zwingen – und das Land aus der politischen Lähmung befreien: Am Donnerstagabend rief der amtierende Premierminister Benjamin Netanjahu seinen Rivalen Benny Gantz dazu auf, eine "Notfallregierung" zu bilden, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen. Gantz signalisierte Gesprächsbereitschaft, betonte aber, eine solche Regierung müsste "das ganze politische Spektrum repräsentieren" – ein Hinweis darauf, dass den ersten Willensbekundungen harte Verhandlungen folgen dürften.

Denn nach den vergangenen Wahlen im April und September 2019 hatte Netanjahu stets auf der Einigkeit des rechts-religiösen Parteienblocks bestanden. Würde Gantz dem rechten Block mit seinem zentristischen Blau-Weiß-Bündnis beitreten, bliebe ihm wenig Gestaltungsraum. "Sollte es tatsächlich zu einer Einheitsregierung kommen, müsste die Macht gleichmäßig aufgeteilt werden", meint die Analystin Tal Schneider. Als "Einheitsregierung" wird in Israel eine Koalition der beiden größten Parteien bezeichnet.

Ausnahmezustand in Israel

Wegen des Coronavirus herrscht in Israel Ausnahmezustand. Bis Freitag wurden 126 Menschen positiv getestet, ein drastischer Anstieg in kurzer Zeit: Eine Woche zuvor hatte es erst 15 Fälle gegeben. Schulen und Universitäten bleiben bis nach dem Pessach-Fest Mitte April geschlossen. Veranstaltungen mit über hundert Teilnehmern sind verboten.

Seit Ende 2018 regiert in Israel eine Interimsregierung mit beschränktem Handlungsspielraum – keine gute Ausgangslage in einer Krise. Nach der Wahl Anfang März muss Israels Präsident Reuven Rivlin nun bis Dienstag denjenigen mit der Regierungsbildung beauftragen, der die besten Aussichten auf eine mehrheitsfähige Koalition hat. Gantz hatte zuletzt um die Gunst der Gemeinsamen Liste geworben, einem Bündnis vier arabischer Parteien. Würden sie ihn unterstützen, hätte er mehr Fürsprecher als Netanjahu. Anschließend könnte er eine Minderheitsregierung bilden, die sich von den arabischen Parteien tolerieren ließe. Analystin Schneider glaubt, dass Gantz und seine Mitstreiter diese Option vorziehen: "Sie wollen nicht wirklich eine Einheitsregierung, weil sie Netanjahu nicht trauen."

Am Montag wird die 23. Knesset, das israelische Parlament, eingeschworen. Es dürfte eine bizarre Zeremonie werden: Denn die Knesset hat 120 Abgeordnete – die sich wegen der neuen Corona-Bestimmungen jedoch nicht gemeinsam im Saal aufhalten dürfen. Die Abgeordneten sollen daher in drei Gruppen eingeschworen werden. (Mareike Enghusen, 13.3.2020)