60.000 24-Stunden-Betreuerinnen arbeiten in Österreich. Doch hierherzukommen ist nun schwierig für sie – oder von hier weg.

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Die Slowakei und Ungarn schotten sich ab – ausgerechnet jene Länder, von denen die Pflegebranche in Österreich, allen voran die 24-Stunden-Betreuung, abhängig ist. Das sperrt just jene Frauen aus, die sich um die nun besonders gefährdeten Personen kümmern. Und den anderen Teil von ihnen ein – ein Nullsummenspiel, das nicht lange halten wird.

Von den etwa 60.000 Pflegekräften, die derzeit zwischen Österreich und ihren Heimatländern hin- und herpendeln, um in mehrwöchigen Turnussen Österreichs Großelterngeneration zu betreuen, kommen die meisten – je etwa 40 Prozent – aus Rumänien und der Slowakei. Die Slowakei griff nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie zu scharfen Maßnahmen: Wer aus dem Ausland zurückkommt, muss für 14 Tage in Quarantäne. Alle Flughäfen sind dicht, auch Schiffe, Busse und Züge kommen nicht ins Land. Die Minitaxis, in denen Betreuerinnen reisen, dürfen die slowakische Grenze nicht mehr passieren. In Ungarn, und damit dem Land, über das rumänische Betreuungskräfte ihren Weg antreten, sind Grenzschließungen im Entstehen, seit der Nacht auf Freitag sind nur mehr drei Grenzübergänge aktiv.

Weiterer Stresstest für Spitäler

Vermittlungsagenturen versuchen nun, jene Betreuerinnen, die gerade in Österreich sind, hier zu halten, damit sie jene ersetzen, die nicht herkommen können. Doch viele wollen nach Hause, auch aus Angst, im Ausland festzusitzen – Berichte, wonach viele bereits das Land verlassen, machen die Runde. Und: Heim kommt man momentan einfacher als ins Ausland – auch Österreich holt seine Staatsbürger zurück.

Die 24-Stunden-Betreuung war bis zur sogenannten Coronavirus-Krise ein kleines, aber stabiles Standbein in der österreichischen Pflegelandschaft. Etwa fünf Prozent der Pflegegeldbezieher und in Summe 33.000 Menschen nehmen sie in Anspruch. Was passiert mit ihnen, wenn sie ausbleiben? "Das verschärft die Situation natürlich", sagt Silvia Rosoli von der Wiener Arbeiterkammer, Abteilung Gesundheitsberuferecht und Pflegepolitik. Schon vor der Corona-Krise und spätestens seit der Abschaffung des Pflegeregresses hätte man in stationären Pflegeeinrichtungen einen Personalengpass gehabt. Dass Spitalsplätze durch die exponentiell steigenden Virusinfektionen knapp werden, macht das Nadelöhr nur noch enger.

Aus dem Gesundheitsministerium hieß es bis zum Wochenende, man sei sich des Problems bewusst und mitten in Gesprächen mit dem Außenministerium und der Wirtschaftskammer. Am Samstag dann verkündete Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei einer Pressekonferenz, mit den jeweiligen Regierungen sei abgesichert worden, dass Pflegerinnen aus dem Ausland auch wieder nach Österreich einreisen dürfen und hier ihre Patientinnen und Patienten betreuen können. Dafür werde es Überprüfungen an den Grenzen geben.

Die Wirtschaftskammer und einzelne Agenturen behalfen sich bisher mit Notlösungen. Man habe etwa eine Kooperation mit der Taxi-Innung gestartet, um die Betreuerinnen bis zur Grenze zu bringen, wo sie abgeholt werden, Agenturen würden sich austauschen, um Angebot und Nachfrage gemeinsam zu decken, sagt Harald Janisch von der Sparte Personenbetreuung der Wirtschaftskammer Wien. Und: Die Familie müsse nun zusammenhalten, mit eigenen Ressourcen betreuen, sagt er. Doch Analysen aus China legen nahe, dass der innerfamiliären Übertragung eine wesentliche Rolle zukommt. (Gabriele Scherndl, 14.3.2020)