Am Freitag starteten die Kontrollen der Polizei am Ausgang des Paznaun. Auch St. Anton am Arlberg wurde für 14 Tage abgeriegelt.


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Das Wichtigste in Kürze:

  • Österreichweit gibt es mit Stand Freitagnachmittag 504 bestätigte Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Ein 69-jähriger Italien-Rückkehrer mit Vorerkrankungen ist der erste Tote österreichweit infolge der Corona-Epidemie. Neun Personen gelten aktuell als genesen.
  • Regierung schränkt Gastronomie und Handel ab Montag ein. Nicht versorgungsnotwendige Geschäfte schließen. Lebensmittelhandel, Apotheken, Banken, Trafiken, Tankstellen und einige weitere Geschäfte bleiben offen.
  • Restaurants, Bars und Cafés werden nur bis 15 Uhr geöffnet haben dürfen.
  • Das Tiroler Paznauntal und St. Anton/Arlberg stehen ab sofort unter Quarantäne. Die Maßnahme dürfte 14 Tage dauern.
  • In Länder, in denen sich das Virus besonders schnell ausbreitet (Spanien, Schweiz, Frankreich), wird es ab Montag keine Flugverbindungen mehr geben.

Es hatte sich abgezeichnet, doch Freitag um Punkt 14 Uhr wurde es Realität: Das Paznaun im Tiroler Oberland sowie die Gemeinde St. Anton am Arlberg wurden in ihrer Gesamtheit unter Quarantäne gestellt. Grund für die Maßnahme ist, so die Bundesregierung, dass die Region als sogenannter lokaler Cluster gilt, was Infektionen mit Sars-CoV-2 angeht. Ausgehend vom Skiort Ischgl, wo der Barkeeper eines Après-Ski-Lokals zahlreiche Menschen angesteckt hatte, waren die Neuinfektionen sprunghaft angestiegen. Um die Verbreitungsgeschwindigkeit zu mindern, gelten nun 14 Tage lang Quarantänebestimmungen.

Für die knapp 9000 Bewohner in den betroffenen Gemeinden – neben St. Anton sind das in der Talschaft Galtür, Ischgl, Kappl und See – bedeutet das, sie dürfen die Region vorerst nicht mehr verlassen. Dasselbe gilt für jene, die dort im Tourismus beschäftigt sind, sowie die aus Österreich stammenden Urlaubsgäste. Lediglich ausländische Touristen dürfen noch ausreisen. Allerdings werden sie an einem der drei eingerichteten Checkpoints registriert und müssen das Land umgehend und ohne Zwischenstopp verlassen. Sie werden aufgefordert, sich in ihren Heimatländern umgehend in häusliche Quarantäne zu begeben und die Behörden zu informieren. Zudem leiten die österreichischen Behörden die Daten dieser Urlauber an deren jeweilige Heimatstaaten weiter.

Versorgung garantiert

Für die bestmögliche Versorgung der Betroffenen werde Sorge getragen, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag, als er die Maßnahme verkündete. Auch werde man bei Härtefällen sozial verträgliche, individuelle Lösungen finden. Die Entscheidung, das Paznaun und St. Anton zu isolieren, hätten Bund und Land Tirol "in enger Abstimmung" gefällt, um "die weitere Ausbreitung des Virus bestmöglich zu verlangsamen", hieß es am Freitag vonseiten der Tiroler Landesregierung. Dass weitere Orte mit Restriktionen dieser Art rechnen müssen, war vorerst nicht geplant, sei aber nicht auszuschließen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagte am Freitag, dass die Lebensmittelversorgung garantiert sei.

Die Quarantäne gesamter Ortschaften in Tirol war eine jener Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Sars-CoV-2, die Kurz am Freitag verkündete. Es seien alles "harte Einschränkungen", sagte Kurz, doch es sei auch eine "herausfordernde Zeit", denn "das Virus breitet sich aus, in Europa, in Italien und insbesondere auch in Österreich".

504 bestätigte Fälle

Die Gesundheit der Bevölkerung stehe im Zentrum der Regierungsarbeit, erklärte Anschober. In Österreich gab es am Freitag um 15 Uhr 6600 Testungen und 504 bestätigte Erkrankungen. Diese Zahlen seien zwar "noch überschaubar" allerdings haben sich in den vergangenen Tagen Infektionen im Durchschnitt täglich um rund 40 Prozent erhöht. Das sei auch die Situation, die man in Italien beobachten konnte. Dort habe man derzeit 15.000 Erkrankungsfälle und mehr als 1100 Tote. Die Infrastruktur im Gesundheitsbereich sei zum Teil zusammengebrochen. Österreich wolle eine Entwicklung wie diese vermeiden.

Während die Tiroler Ortschaften mit Beginn der Pressekonferenz von Kurz abgeriegelt wurden, treten weitere Vorkehrungen erst kommende Woche in Kraft. "Ab Montag müssen wir unser soziales Leben auf ein Minimum reduzieren", sagte Kurz.

Demnach sollen dann für eine Woche all jene Geschäfte, die nicht für den täglichen Bedarf benötigt werden geschlossen bleiben. Offen bleiben jedenfalls: Lebensmittelgeschäfte und Drogerien, Apotheken, Trafiken, Tankstellen, Geschäfte für Tierfutter, Banken und die Post. Weitere Bereiche, die es zur Versorgung braucht, bleiben offen.

Ebenfalls von den Schließungen betroffen sind alle Restaurants, Bars und Cafés. Diese dürfen ab Montag ebenfalls eine Woche lang nur mehr bis maximal 15 Uhr Kundschaft bedienen. Danach ist Schluss. Dass diese Einrichtungen eine bestimmte Zeit geöffnet bleiben, liegt daran, dass man jene Menschen, die am Arbeitsplatz benötigt werden, essen können. Kurz sprach hier explizit medizinisches Personal, Polizisten oder Pädagogen an. Alle anderen sollten, sofern das möglich ist, Teleworking antreten – also die Arbeit von zu Hause aus.

Groß-Lazarett in Wiener Messehalle

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach von einer steigenden Ansteckungszahl von derzeit rund 40 Prozent täglich. Im Hinblick darauf begann die Stadt Wien damit, Vorkehrungen zu treffen, um bei Bedarf genügend Krankenbetten zur Verfügung zu haben. Die Messehalle in Wien-Leopoldstadt wird deshalb für ein Groß-Lazarett vorbereitet, wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Freitag bekannt gab. In einem ersten Schritt werden in der Halle A ab nächster Woche 880 Betten verfügbar sein.

Die Wiener Messehalle wird zu einem Groß-Lazarett umfunktioniert.
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Geschlossen werden außerdem die Grenzen zur Schweiz. Dort wird es Grenzkontrollen geben, wie sie bereits zu Italien stattfinden. Alle Flüge in die stark von der Ausbreitung betroffenen Länder Spanien, Frankreich und in die Schweiz werden – wie zuvor alle Flüge und Züge nach Italien – ebenfalls gestrichen. Von Reisen in diese Länder wird dringend abgeraten, erklärte auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Alle Österreicher sind aufgefordert die Heimreise aus diesen Ländern anzutreten.

Für Anschober gehe es aber auch darum, "die Spitalsinfrastruktur zu schützen". Daher habe man beschlossen, dass fortan nur noch Besuche von Patienten auf den Kinder- und Palliativstationen zugelassen werden. Denn "es geht um den Schutz vulnerabler Gruppen", sagte Anschober; also um Personen über 70 Jahre, mit Herzrhythmuserkrankungen, Krebs, Diabetes oder Lungenerkrankungen. Auch sollen möglichst viele akutmedizinische Spitalbetten für den Ernstfall bereitgestellt werden.

Die wirtschaftlichen Sorgen der Betriebe und ihrer Mitarbeiter wolle man ernst nehmen. Für heute, Samstag wurde die Präsentation eines Hilfspakets angekündigt.

Nehammer warnte zudem vor Falschmeldungen, die derzeit in sozialen Medien kursierten. (Steffen Arora, Oona Kroisleitner, red, 13.3.2020)