Die Stahlträger sind bereits montiert. Hier entstehen für die neue Chipproduktion staubfreie Reinräume, erklärt Bau-Projektleiter Andreas Wittmann.

Foto: Plankenauer

Es ist der Stolz einer Bauherrin, der aus Sabine Herlitschkas Gesicht strahlt, wenn sie da an der Projektionstafel im Konferenzzimmer der Konzernzentrale steht, mit dem Laserpointer über die Abbildung des Firmengeländes fährt und wortreich erläutert, wo genau die 1,6 Milliarden Euro verbaut werden, wo die neue Industriehalle für die 300-Millimeter-Dünnwafer-Produktion hier im Infineon-Werk am Rande von Villach entstehen wird.

Auch diese neuen Energiesparchips werden unter anderem in E-Autos, Windkraft- und Solaranlagen oder Smartphones eingebaut. Die Fertigung soll Anfang 2021 starten, rund 400 hochqualifizierte Arbeitnehmer würden dazu in den nächsten Jahren zusätzlich benötigt, sagt Herlitschka.

Vor Jahrzehnten Brachland

Vor Jahrzehnten noch hätte die heutige Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG hierorts gerade einmal Expeditionen zur Aufspürung der gefürchteten Sandvipern in den Gail-Auen organisieren können. Da, wo jetzt der Unternehmenskomplex steht, war früher Brachland, Wiesen, Gestrüpp, ein Spielgelände für Kinder. Heute – aus dem Panoramafenster des Konferenzraumes gut überblickbar – breiten sich die Industriebauten bis an den Stadtrand von Villach aus.

Der Villacher Halbleiterhersteller zählt mit seinen Entwicklungs-, Forschungs- und Produktionseinheiten zum Nukleus des internationalen Infineon-Konzerns (Umsatz: acht Mrd. Euro, 77 Prozent Streubesitz).

Mit dieser anlaufenden Milliardeninvestition für eine neue Energiesparchip-Generation soll "weltweit aufzeigt werden", wie es Konzernsprecher Bernd Hops formuliert. Weltweit insofern, weil damit Europa demonstriere, "dass von hier aus international mitgespielt werden kann". Aber natürlich: Corona werde auch Infineon zwingen, vieles neu zu denken. Ein Beispiel: Umstieg vermehrt auf Videokonferenzen.

Europäisches Statement

In der Branche, in der Infineon zu Hause ist, haben sich in den vergangenen Jahren fast die gesamten Kapazitäten nach Asien verlagert. Außer bei einer Handvoll Firmen, die von Europa aus noch die Produktion lenken – wie Infineon. "Die Investition ist ein massives Statement für den Standort Villach", ergänzt Herlitschka. Immerhin war ja für das neue Werk auch der deutsche Standort Dresden im Gespräch.

Andreas Wittmann, Projektverantwortlicher für den Bau der Chipfabrik, führt durch den langsam Gestalt annehmenden neuen Industriebau. Kern des mehrgeschossigen Baus sind die Reinräume, in denen die Chips produziert werden. Reinraum heißt: In 28 Litern Luft ist maximal ein Staubteilchen mit über 0,5 Mikrometern Durchmesser zulässig. Zum Vergleich: Ein OP-Saal im Krankenhaus enthält 1000 bis 10.000 Teilchen. Das Projekt wird im Modulsystem hochgezogen. Während ein Teil des Reinraumes und der Um- und Abluftetagen schon mit den technischen Geräten eingerichtet wird, steht der andere Reinraumabschnitt – abgetrennt durch eine provisorische Holz-Plastik-Wand – noch im Rohbau. Hier werden erst die Stahlträger von Spezialkränen aufgesetzt. "Nur so ist es möglich, das Bauprojekt rasch umzusetzen", sagt Wittmann.

Warum Villach?

Die künftig hier gefertigten besonders dünnen Energiesparchips sorgen laut Infineon für noch effizientere Energiewandlung in elektronischen Systemen. Zudem: Im Vergleich zum 200-Millimeter-Wafer lassen sich aus einem 300-Millimeter-Wafer in einem Produktionsdurchlauf mehr als doppelt so viele Chips fertigen.

"Wir werden natürlich immer wieder gefragt, warum ausgerechnet Villach, warum investiert dieser große Konzern ausgerechnet in Kärnten? Ganz einfach, wir haben hier die Technologie entwickelt, es sind die Kompetenz und die hochqualifizierten Mitarbeiter und die mit 17, 4 Prozent sehr hohe Forschungsquote", sagt Herlitschka. Personalprobleme gebe es akut nicht. "Wir sind gefragt und werden als Arbeitgeber gesucht." Ein Teil des Staffs kommt aus 70 Nationen. Villach, das in einer wirtschaftlich strukturschwachen südlichen Randzone liegt, musste also zwangsläufig international werden und auch seine gesamte Infrastruktur, von einer Autobahnanbindung bis zum Ausbau der Kläranlage, anpassen.

Villach beherbergt jetzt zudem eine zweisprachige Volksschulklasse, die International School in Velden wird täglich per Bus angefahren, im Stadtteil Judendort ist ein weiterer mehrsprachiger Kindergarten in Betrieb gegangen. Heute arbeiten in Villach knapp 17 Prozent der Beschäftigten im Technologiesektor. Bundeslandweit liegt der Schnitt bei 7,3 Prozent.

Infineon füllt die Stadtkassa: Durch zusätzliche Einnahmen aus der Kommunalsteuer fließen rund 1,5 Mio. Euro ins Budget. Der Villacher Stadtchef Günther Albel (SPÖ) ist jedenfalls enthusiasmiert: "Villach hat vor 25 Jahren begonnen, konsequent auf Hightech zu setzen. Damals wurden wir belächelt. Jetzt geht die Saat auf." (Walter Müller,14.3.2020)